1134 - Im Innern einer Sonne
bezeichnet werden konnte.
Über Funk hielten die drei unter einander und mit Tanwalzen ständige Verbindung.
Gordana blinzelte verwirrt, als sich das äußere Schleusentor öffnete. Die Helligkeit, die über sie hereinbrach, blieb dank ihrer Vorkehrungen durchaus erträglich, aber sie schuf ein ungewohntes, geradezu gespenstisches Bild. Die Welt unter ihr gleißte förmlich und wirkte in dem weißen Licht fast homogen. Nirgendwo gab es Schatten oder klar erkennbare Konturen. Alles verschwamm in gleichförmig zerfließender Grelle. Nur vereinzelt konnte die Wissenschaftlerin die Umrisse eines Gebäudes schwach ausmachen. Wenn sie sich hier zurechtfinden wollte, war sie gezwungen, die oberhalb der Helmscheibe eingeblendeten Tasterechos zu berücksichtigen.
Nach Tolot und Ürkan aktivierte sie den Antigrav und schwebte aus der Schleuse. Die PRÄSIDENT war auf dem größten der insgesamt zwölf über diese Welt verteilten Raumhäfen gelandet, weil sich nur hier ausreichender Platz für den 200-Meter-Raumer der STAR-Klasse gefunden hatte. Auf allen anderen Häfen blockierten die diskusförmigen Einheiten der Fremden sämtliche Landeflächen.
Die Einheiten der Fremden...! wiederholte sie in Gedanken, während sie in geringer Höhe über dem Betonfeld dahinflog. Welche „Fremden" meinte sie überhaupt? Wo waren sie?
„Hier lebt doch niemand", murmelte sie nachdenklich vor sich hin.
Icho Tolot, der nicht merkte, daß sie nur zu sich selbst sprach, ging darauf ein.
„Nicht mehr", ergänzte er düster. „Sieh dir die Raumschiffe an. Zähle sie. Irgendwann einmal wurden sie benutzt - von denen, die diese Station erbaut haben."
„Früher muß diese Welt eine Atmosphäre gehabt haben", bemerkte Ürkan. „Die Erbauer hätten sonst nicht existieren können. Die Existenz aber ist eine der wichtigsten Voraussetzungen zum Bedienen eines Raumschiffs."
Gordana lachte unwillkürlich auf. So logisch die Argumentation des Armadamonteurs auch war - er hatte eine unnachahmlich verschrobene Art, die Dinge auszudrücken.
„Wenn mir jetzt noch jemand erklärt, wozu diese Raumschiffe gut gewesen sein sollen, bin ich fast zufrieden", meldete sich Tanwalzen aus der Zentrale. „In dieser Vakuumblase gibt es kaum einen nennenswerten Aktionsradius, schon gar kein Ziel. Wohin hätten sie fliegen können?"
„Denk nach, Tanwalzenos", riet ihm der Haluter. „Die Fremden kamen von außerhalb der Sonne hierher!"
„Der menschliche Verstand ist mitunter ein kläglicher", jammerte Ürkan. „Es ist doch wohl klar, daß die, die sich hierher zurückzogen, diese Sonne auch wieder verlassen wollten - oder nicht?"
„Aber die Vakuumblase ist rundum geschlossen", entfuhr es Gordana. „Es gibt keinen Weg nach draußen."
„Heute", sagte Tolot, „heute gibt es ihn nicht."
Die Wissenschaftlerin schwieg betroffen. Warum war sie nicht selbst darauf gekommen?
Hatte sie die einzig vernünftige Erklärung nicht sehen wollen?
Sie versuchte sich vorzustellen, was auf dieser künstlichen Welt geschehen sein mochte. Sie schüttelte sich vor Grauen. Der zweifellos vorhandene Rückweg aus der Photosphäre der Sonne wurde versperrt, durch ein Unglück oder technisches Versagen entwich die Atmosphäre und setzte die Fremden der Kälte und dem Vakuum aus, ein möglicherweise existierender Schutzschirm brach zusammen und überließ die Oberfläche der Hohlkugel dem ungefilterten, mörderischen Licht...
Aber die Fremden starben nicht schnell und überraschend, nicht im Freien. Von der PRÄSIDENT aus war kein Toter, kein vom Vakuum konservierter Leib zu erkennen gewesen. Sie mußten Zeit gefunden haben, sich in die Behausungen zurückzuziehen, bevor sie aus dem Leben schieden...
Am Rand des Landefelds, unmittelbar vor einem flachen, kastenförmigen Bauwerk, setzten Tolot und Gordana auf. Ürkan verharrte schwebend knapp einen Meter über dem Boden. Als sie den Antigrav abschaltete, spürte die Wissenschaftlerin den Sog der künstlichen Schwerkraft, die nur unwesentlich höher war als auf der heimatlichen Erde.
Warum ausgerechnet die Gravitation noch funktionierte, obwohl alle anderen lebenserhaltenden Systeme offensichtlich ausgefallen waren - darüber dachte Gordana nicht nach. Sie bemerkte den Widerspruch nicht einmal. Zu sehr war sie damit beschäftigt, welcher niederschmetternde Anblick sich ihr bieten würde, sobald sie in das Gebäude eindrangen. Dort hinein hatten sich die Fremden geflüchtet, bevor der Tod sie ereilte ...
Icho Tolot schien
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