1135 - Cathys Friedhof
aufgeführt, das zu den teuersten im wirklich nicht preiswerten London gehört.
Silvia war an mich herangetreten und schaute auf den Kalender. »Haben Sie von diesem Termin gewußt?« fragte ich.
»Ja.«
»Und das sagen Sie erst jetzt?«
»Himmel, das war ein Lunch. Etwas völlig Normales.«
»Haben Sie Ihren Bruder danach schon gesprochen?«
»Nein, das habe ich nicht. Er ist eingeladen worden. Irgendein Verband gab ein Essen. Ich hätte mitgehen sollen, aber ich hatte keine Zeit und selbst einen Termin.«
»Wer ist denn statt dessen mitgegangen?« fragte Suko.
»Das weiß ich nicht.«
»Es wurde eine Begleitung gefordert.«
Sie nickte. »Das schon.«
»Auch eine weibliche?«
»Sicher. So ist das üblich.«
»Wollte Ihr Bruder denn allein hingehen?« fragte Suko weiter.
»Nein, Inspektor. Wir haben kurz über dieses Thema gesprochen. Melvin war der Meinung, daß er sich jemand besorgen mußte. Es gibt ja Agenturen, die da helfen können. Sie besorgen Ihnen Begleiter oder Begleiterinnen. Walker. Es sind keine Prostituierte, wie man uns ausdrücklich versicherte.«
»Und Ihr Bruder hat jemand gefunden?«
»Das denke ich schon.«
»Wen?« fragte ich.
Silvia drehte mir ihren Kopf zu. »Tut mir leid, Mr. Sinclair, das weiß ich nicht.«
»Durch welche Agentur ist er denn an die Frau herangekommen? Kennen Sie den Namen?«
Silvia Monkfort trat einen Schritt zur Seite. »Nein, leider nicht. Ich weiß nur, daß er jemand gefunden hat. Aber mit einem Namen kann ich Ihnen nicht dienen.«
Ich nahm den Kalender an mich und schlug ein Blatt zurück. Es gab nur wenige Eintragungen, aber ich hatte Glück, denn eine Telefonnummer und ein Namen waren eingerahmt worden.
Die Agentur nannte sich NIE ALLEIN. Ich notierte mir die Nummer. Suko und Silvia schauten mir dabei zu, und enthielten sich eines Kommentars. Erst als ich den Zettel weggesteckt hatte, schüttelte Silvia den Kopf. »Das ist mir auch neu gewesen, Mr. Sinclair. Rechnen Sie damit, daß der Mord an Melvin mit dieser Agentur in einem Zusammenhang steht?«
Ich nickte. »Es kann sein, wir müssen jedenfalls allen Spuren nachgehen.«
»Klar, das ist Ihr Job. Welchen Verdacht haben Sie denn noch? Oder welche Spur verfolgen Sie?«
»Wir stehen erst am Anfang«, sagte ich ausweichend. »Wir müssen natürlich in verschiedene Richtungen schauen und recherchieren.«
»Ja, das verstehe ich.« Ein Zittern durchlief die Frau, als wäre sie von einem Kälteschauer erwischt worden. Sie fing wieder an zu weinen. Abermals kam ihr zu Bewußtsein, was da passiert war. »Ich kann es einfach nicht fassen. Ich will es noch immer nicht glauben. Mein Bruder war ein toller Mensch. Er konnte keinem etwas antun, nein, nicht er. Dazu ist er einfach zu menschenfreundlich gewesen. Er hatte keine Feinde. In seinem Beruf war er akzeptiert, und auch sein Privatleben lief normal ab. Da war nichts mit irgendwelchen Freiern oder was weiß ich für Dingen.« Sie ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Es ist mir wirklich ein Rätsel, Mr. Sinclair.«
»Ich würde vorschlagen, Mrs. Monkfort, daß Sie jetzt nach Hause fahren. Sollten Sie sich nicht dazu in der Lage fühlen, können wir das auch übernehmen.«
»Nein, nein, bitte, das ist nicht nötig. Ich werde damit schon fertig, glauben Sie mir.«
»Wollen Sie noch bleiben?«
Sie tupfte ihre Augenwinkel. »Ja, schon. Ich… ich… muß hier irgendwie Abschied nehmen. Wenn die Schicht meines Mannes vorbei ist, werde ich ihn anrufen. Die beiden haben sich immer gut verstanden. Himmel, Tony wird auch völlig fertig sein. Es muß auch jemand die Dinge ordnen. Morgen sind schon Besprechungen angesetzt. Ich muß da absagen, und die Beerdigung fällt auch noch an.«
Sie schloß für eine Weile die Augen. »Sagen Sie mir noch eines, Mr. Sinclair. Wie ist mein Bruder umgebracht worden? Durch eine Kugel? Durch ein Messer oder…«
»Es war anders. Es war auch schlimm, Mrs. Monkfort. Ich möchte nicht darüber sprechen.«
Sie stellte keine Fragen mehr. Nur die Augen füllten sich wieder mit Tränen. Meine Hand gab ihr eine Stütze. Sie drückte sie, und ich hörte sie heftig atmen, bevor sie eine Bitte aussprach.
»Fangen Sie den Killer, Mr. Sinclair. Mein Bruder war ein so guter Mensch. Und er war noch jung. Dieses Ende hat er nicht verdient. Nein, das hat er nicht verdient.«
»Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht.« Es war zwar, ein Spruch wie viele andere auch, aber vielleicht half er ihr über die schwere Zeit
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