1135 - Cathys Friedhof
wiederholte den Namen und wartete auf eine Antwort. Die Horror-Oma hatte die Stirn gerunzelt. Sie schaute dabei zur Decke und wiederholte den Namen mehrmals. Dabei spielte sie mit ihren Ketten, die zu ihr gehörten wie das Eis zum Nordpol.
»Na?«
»Nun laß mich doch mal in Ruhe, John.«
»Ja, schon gut.«
»Da ist etwas«, sagte sie schließlich und schaute zuerst mich, dann Suko an. »Camdon House liegt nicht weit von London entfernt. Es gehört sogar noch dazu. Aber es ist einsam dort.«
»Ist es bewohnt?« fragte Suko.
»Oh, das kann ich euch nicht sagen, aber es ist kein Problem, es nachzuschauen.«
»Bitte.«
»Dazu müssen wir nach oben. Hättest du vorher gesagt, um was es geht, John, hätte ich schon die entsprechenden Vorbereitungen treffen können.«
»Sorry, aber ich kann nicht an alles denken.«
»Das weiß ich. Komm mit.«
Wir folgten ihr. Lady Sarah schaffte die beiden Treppen. Sie war nicht mehr die Jüngste, und wir hatten ihr geraten, sich einen Treppenlift einbauen zu lassen, doch davon wollte sie nichts wissen.
Unter dem Dach lag das große Archiv. An diesem Tag war es verlassen.
Mit dem Computer konnte die Horror-Oma neuerdings auch umgehen, wie wir wußten, den ließ sie in diesem Fall links liegen. Verschiedene Lichter strahlten die mit Büchern und Videokassetten gefüllten Regale an, und Sarah sprach davon, daß sie noch den neuen Bond sehen müsse, dann deutete sie schräg nach oben.
»Dort steht ein Buch, das du mir mal holen könntest. Das dritte von links in der letzten Reihe.«
Ich konnte es hervorziehen, wenn ich mich reckte. Es war eine alte Schwarte, aber der Titel klang interessant. Die Historie der Herrenhäuser rund um London.
An einem Schreibtisch fand ich Platz. Licht war auch vorhanden, und so schlug ich das Buch auf.
Camdon House fand ich im Inhaltsverzeichnis. Auf der Seite 92 war mehr darüber zu lesen.
»Super«, lobte ich die Horror-Oma. »Wenn wir nicht weiterwissen, bist du die letzte Hoffnung.«
»Ha, die man dumm sterben lassen will.«
»Wie meinst du das?«
»Bisher hast du mir noch nicht gesagt, John, worum es eigentlich geht. Ist das ein Topsekret-Fall?«
»Nein.«
»Es geht um vierfachen Mord«, sagte Suko.
So leicht verschlug es Sarah nicht die Sprache. In diesem Fall wurde sie plötzlich sehr ruhig. »Vierfacher normaler Mord?« erkundigte sie sich.
Suko schüttelte den Kopf, während ich über Camdon House nachschlug. »Nein, das wohl nicht. Oder vielleicht nicht. So genau könnten wir das nicht sagen. Ein dämonischer Einfluß ist durchaus möglich. Dahin gehen auch unsere Recherchen.«
»Was haben die denn mit Camdon House zu tun?«
»Dort wurde der letzte Tote gefunden. Tanner rief uns vor kurzem an und meldete es.«
»Habt ihr einen Verdacht?«
»Es könnte eine weibliche Person gewesen sein.«
Ich hatte mit einem Ohr zugehört. Gerade der letzte Satz paßte zu dem, was ich gelesen hatte. Camdon House, das schon seit einigen hundert Jahren existierte, war ein sogenanntes Geisterhaus. Darin lebte ein 300 Jahre altes Gespenst, einer Frau, die Lady Catherine hieß. Man erzählte sich, daß sie den männlichen Gästen erschien und diese durch Todesküsse einfach umbrachte. Es hatte in der Vergangenheit zahlreiche Tote gegeben, deren untere Gesichtsteile durch die Küsse zerstört worden war.
Davon berichtete ich Suko, der natürlich große Augen bekam. »Zerstörte Gesichter kennen wir doch.«
»Klar. Fällt dir sonst noch was auf?«
»Es ist mir etwas aufgefallen, John. Wie heißt diese Geisterfrau, die in Camdon House spuken soll?«
»Lady Catherine Camdon.«
»Und wie heißt die Begleiterin?«
Ich zwinkerte ihm zu. »Cathy.«
»Bingo. Müssen wir uns abklatschen?«
»Nein, wir sind auch so gut.« Ich klappte das Buch zusammen und ging los, um es wieder in die Lücke im Regal zu schieben. Dagegen hatte Lady Sarah etwas. Nicht gegen das Hineinstellen des Buchs, sie war sauer darüber, daß wir schwiegen.
»Was hast du denn jetzt herausgefunden, John, verflixt noch mal?«
»Möglicherweise den Anfang des roten Fadens.«
»Und das hat mit Camdon House zu tun?«
»Ja.«
»Wieso?«
Ich ging auf sie zu und legte ihr beide Hände auf die Schultern. »Sarah, du weißt, wie sehr wir dir zugetan sind. Du wirst auch alles erfahren, nur nicht jetzt und heute. Wenn die Sache vorbei ist und wir noch leben, können wir darüber reden.«
»Klar, so kenne ich euch. Erst mich aushorchen, mich benutzen und sich dann aus dem Staub
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