1141 - Die Königin von Avalon
himmlischen Heerscharen« auf der Seite der Jungfrau geschwenkt und stand hier als Engel des Zorns oder als Racheengel.
Ich sah weder sein Flammenschwert, noch seinen Speer. Mit diesen Waffen war er oft auf alten Gemälden zu sehen. Damit hatte er den großen Drachen, die alte Schlange, den Teufel, den Satan oder Luzifer besiegt. Jetzt war ich da. In diesem Fall überließ er den Kampf mir und griff selbst zunächst nicht ein.
»Du bist der Sohn des Lichts. Du trägst mein Zeichen auf deinem Kreuz. Du bist derjenige, der den Kampf gegen das Böse in der Welt aufgenommen hat. Du wirst diesen Weg weitergehen, den das Schicksal für dich ausgesucht hat. Es darf nicht sein, dass unser Erzfeind gewinnt und die Mächte der Hölle in Refugien eindringen, die uns gehören. Das muss verhindert werden. Deshalb bin ich gekommen. Ich habe die Jungfrau nicht retten können und dürfen. Ich kann das Rad des Schicksals nicht bewegen, als allein dem Allerhöchsten zusteht, aber ich kann es lenken und Hinweise geben. Lass dich nicht beirren, John. Geh deinen Weg weiter. Jetzt und zu allen Zeiten. Vergiss meinen Freund nicht, den ich mir als Rächer ausgesucht habe. Du wirst ihn finden, und du wirst auch das Herz der Johanna sehen, hoffe ich…«
Es war der Hinweis in die Zukunft. Ich wollte ihn noch mehr fragen, da jedoch nahm der Druck in meiner Brust zu. Zugleich sirrte die Stimme durch meinen Kopf. Worte kristallisierten sich nicht mehr hervor, und ich merkte zugleich, wie die Energie abnahm, und ich wieder auf dem Weg war, zu einem normalen Menschen zu werden.
Vor den beiden X-Rays brauchte ich mich nicht in acht zu nehmen. Sie waren in dieser Zeit ausgeschaltet, aber der Erzengel hatte sie nicht vernichtet.
Wie Schattengestalten hielten sie sich im Hintergrund auf, um auf eine bestimmte Botschaft oder auf ein bestimmtes Zeichen zu warten. Meine Aufmerksamkeit galt nach wie vor dem Engel, der nicht mehr so war wie noch bei seinem Erscheinen. Er bildete das Lichtoval, das durch einen Zusammenziehen an Intensität gewann. Auf einmal verwandelte er sich in einen Streifen, und auch der Kontakt zwischen uns beiden brach urplötzlich ab.
Die Stelle hinter dem Altar war leer. Michael würde auch nicht mehr zurückkehren. Er hatte mich in die eigene Verantwortung entlassen. Ich musste den Weg jetzt ohne seine Hilfe gehen und würde mich auch damit abfinden müssen, wieder in der normalen Welt zu stehen, auch wenn die beiden X-Rays nicht normal waren.
Ich drehte mich zu ihnen um.
Sie starrten mich an. Ich schaute ebenfalls hin.
Nichts hatte sich bei ihnen verändert. Sie hielten auch jetzt die Messer mit den dunklen Klingen fest.
Eigentlich war alles wie zuvor. Der Besuch des Himmelsboten schien überhaupt keinen Sinn gemacht zu haben. Nach wie vor wollten die beiden meinen Tod.
Derjenige X-Ray, der von einer geweihten Kugel in die Brust getroffen war, handelte als erster. Michael hätte ihn vernichten können, davon war ich fest überzeugt. Er hatte es nicht getan, weil er nicht in den Kreislauf des Schicksals eingreifen wollte und ich nicht von ihm abhängig war, sondern auf mich selbst und meine Kraft vertrauen musste, wie es schon immer gewesen war.
Der X-Ray hob seinen rechten Arm mit dem Messer. Ich wusste genau, was er vorhatte, und ich erlebte seine Bewegung zeitverzögert.
Der X-Ray holte aus.
Er bog seinen Oberkörper dabei weit zurück. Auch dies geschah nicht mit der normalen Geschwindigkeit. Zumindest nicht für meinen Geschmack. Beide schienen wir dabei in verschiedenen Ebenen unsere Standorte zu haben oder uns in zwei anderen Welten aufzuhalten.
Sein Gesicht nahm einen teuflischen Ausdruck an. Die Gedanken mussten für die Veränderung gesorgt haben, denn er wollte meinen Tod, und die Vorfreude darauf war für mich nicht zu übersehen.
Er warf die Klinge! Die Distanz zwischen uns war perfekt. Er konnte eigentlich gar nicht vorbeiwerfen.
So sah ich, wie sich das Messer einmal in der Luft überschlug, und dann, obwohl alles so langsam ablief, direkt auf meine Brust zuraste…
Es war die Sekunde vor dem Tod. Der alles entscheidende Augenblick, in dem ein Mensch es nicht mehr schaffte, seinem Schicksal zu entgehen, obwohl er sich noch bemühte.
Ich handelte nicht anders. Trotz der geringen Distanz zwischen uns versuchte ich, das Unmögliche möglich zu machen und wuchtete meinen Körper zur Seite.
Sinnlos, es hätte nichts gebracht, weil ich einfach nicht schnell genug war.
Nicht schnell genug? Der Gedanke
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