1142 - Piraten-Terror
Moment und drehte mich danach nach rechts, wobei der Lichtstrahl die Bewegung mitmachte.
Jetzt wurde auch die Umgebung erleuchtet, die zuvor im toten Winkel gelegen hatte.
Sekunden später erwischte mich der Schock. Der Lichtkegel war in Kopfhöhe und dicht unter der Decke über die Wand gewandert. Einen Kopf sah ich auch, allerdings mehr das dazugehörende Gesicht. Es war blass und seltsam verzerrt. So anders wie auch die Gestalt des Mannes, der in einer leicht schrägen Haltung vor mir hing und dabei wie angehoben wirkte.
Aus der Wand ragte ein Haken. An der kürzeren, rechtwinkligen Seite hatte man den Mann aufgehängt. Mit dem Gesicht zu mir, in dem sich kein Leben mehr befand.
Irgendein scharfer Gegenstand hatte ihm die Kehle zerhackt!
Ich hatte den Fall bisher zwar nicht unbedingt als Spaß angesehen, doch so richtig ernst hatte ich ihn nicht genommen, da sich keine Gefahr für Leib und Seele ergeben hatte.
Das war nun anders geworden. Wenn der Mörder des Mannes wirklich dieser Colyn Dolphyn war, dann war er auch ein verdammter und grausamer Killer. Es machte mir wirklich keine Freude, aber ich wollte mir aus bestimmten Gründen die Kehle näher anschauen. Sie war nicht mit einem Messer durchtrennt worden. Da musste eine andere Waffe benutzt worden sein. Ich konnte mir auch vorstellen, welche das gewesen war. Ein Enterhaken, die falsche Hand des Piraten.
In der klammen Kühle brach mir der Schweiß aus. Er klebte wie eine kalte Schicht auf dem Rücken. Ich wusste nicht, wie lange der Mann schon tot war, aber es konnte durchaus möglich sein, dass der Killer sich hier in der Dunkelheit versteckt hielt. Ich hörte über mir ein Geräusch.
Laura hatte es nicht mehr an ihrem Platz ausgehalten und war bis zum Rand der Luke vorgekommen. Sie beugte sich nach unten, leuchtete aber nicht hinein.
»Wo sind Sie, John? Was ist los?«
»Ich bin hier.«
Sie wollte kommen. Ich hörte, wie sie einen Fuß auf die Sprosse setzte, aber ich riet ihr, oben zu bleiben.
»Warum soll ich das?«
»Bitte, bleiben Sie ganz ruhig, aber…«
Laura ließ mich nicht ausreden. »Ist er tot?«
»Ja.«
Ich hörte das scharfe Atmen. Vielleicht auch ein Schluchzen. »Nein, das ist Wahnsinn, John. Das kann ich nicht glauben. Ich habe nur…«
»Es war nicht Ihre Schuld, Laura. Er ist auch nicht an dem Schlag auf den Kopf gestorben. Das hatte andere Gründe.«
»Und welche?«
»Jemand hat seine Kehle zerstört. Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
Sie war plötzlich sehr still. Dann ging sie weg. Es war auch gut, dass sie nicht zu mir hinabstieg.
Ich machte mich daran, den Keller zu durchsuchen. Es ging schnell, und meine Annahme bestätigte sich. Den Killer fand ich nicht. Sollte der Pirat tatsächlich aus seiner Welt zurückgekehrt sein, dann hatte er diese längst verlassen.
Ich kletterte wieder nach oben. Laura fand ich auf einer Kiste sitzend und das Gesicht in den Händen vergraben. Die Lampe lag auf ihren Oberschenkeln. Laura hatte meine Schritte gehört, ließ die Hände jetzt sinken und schaute mich aus geröteten Augen an.
»Es ist passiert«, flüsterte sie. »Es ist genau das eingetreten, vor dem sich die Menschen hier fürchten. Colyn hat es geschafft. Die Zeit seiner Rückkehr ist da.« Sie schüttelte sich. »Verflucht, warum haben wir es nicht verhindern können?«
»Es konnte keiner wissen, wann es geschieht, Laura. Sie brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen. Es passiert auch nicht zu oft, dass böse Legenden wahr werden.«
»Ein schwacher Trost.«
»Ja, ich weiß, aber wir müssen jetzt nach vorn sehen. Wichtig ist, dass ich ihn stellen kann.«
Sie blickte zu mir hoch. »Sie wollen ihn stellen, John?«
»Deshalb bin ich hier.«
»Denken Sie an den Toten. Denken Sie daran, wie brutal dieser verdammte Pirat ist.«
»Keine Sorge, das ist mir schon klar. Es bringt auch nichts, wenn wir hier sitzen bleiben und uns in Selbstmitleid ergehen.«
»Was sollen wir denn tun?«, rief sie erstickt. »Ich habe es ja versucht. Ich habe das Bild verbrennen wollen. Es gelang mir nicht. Wahrscheinlich habe ich ihm sogar dabei geholfen, den Weg vom Jenseits frei zu machen…«
»Das Bild ist verbrannt. Wenn auch anders, als Sie es sich vorstellten. Wenn jemand Schuld auf sich nehmen muss, dann bin ich es, obwohl ich das auch nicht so sehe. Ich denke mir, dass er sich schon längst in Kenn befindet.«
Laura erschauerte, als ich den Namen des Ortes erwähnte. »Und dort leben weitere Menschen«, flüsterte
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