1153 - Hölle auf Erden
wußten sie nicht, wo sie damit anfangen sollten.
*
Reginald Bull war so in Gedanken versunken, daß er nicht bemerkte, wie Booker Tern das Büro der Klinik betrat, in dem er auf ihn gewartet hatte.
Erst, als der Seuchenexperte dicht vor ihm stand, hob er den Kopf. Er wurde blaß, als er den Ausdruck in Bookers Augen sah.
„Also negativ", stellte er fest. „Was tun wir jetzt?"
„Ich weiß es nicht", sagte Booker. „Ich habe Kontakt mit anderen Behandlungszentren bekommen und erfahren, daß man dort verschiedene prophylaktische Maßnahmen ausprobiert hat. Sie blieben wirkungslos. Anscheinend gibt es keinen Schutz vor dem Parasitenbefall. Uns bleibt nichts weiter übrig, als alle Befallenen zu isolieren und die Nichtbefallenen und die wichtigsten Einrichtungen Terras und Lunas vor den Dordon zu schützen."
„Das genügt nicht", erwiderte Bull. „Es gibt zwar noch Milliarden Menschen, die bisher von dem Befall verschont geblieben sind, aber stündlich werden weitere betroffen, schätzungsweise achtzigtausend. Das bedeutet, daß es wahrscheinlich keinen Menschen gibt, der dagegen immun ist."
Booker zuckte hilflos die Schultern, dann fragte er: „War dieser Digitalis Aura noch nicht hier?"
„Der Siganese hat sich abgesetzt", sagte eine fremdartige Stimme, von der Booker erst hinterher bemerkte, daß er sie nicht gehört hatte, sondern daß sie in seinem Bewußtsein „gesprochen" hatte.
Dennoch wußte er, aus welcher Richtung sie gekommen war.
Er fuhr herum und starrte in Assailes Gesicht. Jedenfalls glaubte er das im ersten Augenblick. Doch dann traten fremde, kantigharte Zuge ins Gesicht des Unbekannten.
Aber schon wurden sie unwesentlich, denn Booker hatte die Augen gesehen und wurde in ihren Bann gezogen. Sie waren dämonenhaft, mit so völlig schwarzen Augäpfeln, daß sie das Licht aufzusaugen schienen und mit strahlend weißen Pupillen.
„Chthon!" sagte Bull erregt. „Du kommst und gehst, wie es dir beliebt Warum bleibst du nicht einmal länger und versuchst, uns zu helfen, anstatt jedes Mal nur ominöse Warnungen auszustoßen wie wahrscheinlich auch diesmal?"
„Wer ist das?" fragte Booker.
„Ein vierdimensionaler Schatten", antwortete Bull ironisch.
„Von wem?"
Booker Tern trat auf den Unheimlichen zu. Angesichts des Grauens, das auf der Erde herrschte, konnte ihn sein dämonenhaftes Aussehen nicht erschrecken.
Er griff nach dem rauchigtrüben, overallähnlichen Kleidungsstück, das der Fremde trug - und griff ins Leere.
Chthon lächelte, aber nicht spöttisch, sondern mit einem Hauch vor. Trauer und Verlorenheit.
„Kannst du deinen Schatten fühlen, Booker?" fragte er mit „mentaler Stimme".
„Wir wollen uns nicht in Wortspielereien verzetteln!" sagte Bull energisch. „Du hast uns vor den Parasitär-Enklaven gewarnt, Chthon, bevor sie auf Terra und Luna auftauchten, Also weißt du mehr darüber als wir. Warum sagst du uns nicht, was du weißt? Unsere Lage ist verzweifelt."
„Sie ist hoffnungslos", erwiderte Chthon. „Wie meine Lage auch. Wenn er nicht rechtzeitig kommt, sind wir alle verloren."
„Er?" rief Bull. „Wer? Meinst du vielleicht ES, das Kollektivwesen von EDEN II?"
„Nein", erklärte Chthon. „Aber es hat keinen Sinn, Worte zu verlieren, denn sie helfen weder euch noch mir. Ihr müßt eure Anstrengungen verstärken, die Parasitär-Enklaven zu vernichten oder euch gegen sie zu schützen."
„Wir haben getan, was wir konnten", sagte Bull voller Bitterkeit und Verzweiflung. „Aber vielleicht hätten wir mehr tun können, wenn du uns alles über die Parasitär-Enklaven gesagt hättest."
„Ich weiß nicht mehr, als ihr inzwischen selbst wißt", erwiderte Chthon.
„Können wir in die Vergangenheit fliehen?" fragte Bull. „Du hast offenbar die Möglichkeit, die Zeit zu manipulieren. Oder streitest du ab, daß du Terrania in die Vergangenheit versetztest?"
„Ganz entschieden. Das war eine Folge eures Versuchs, auf der Zeitbahn über den Grauen Korridor zu springen. Ich selbst wurde durch den Aufriß beinahe in die Verlorenheit von Raum und Zeit gerissen. Glücklicherweise schloß sich der Schlund noch rechtzeitig. Es war eine hyperphysikalische Gesetzmäßigkeit, daß ich danach dort auftauchte, wo der Brennpunkt der Auswirkungen lag."
Booker Tern hatte dem Dialog nur mit halbem Ohr zugehört, weil er nicht wußte, worum es dabei überhaupt ging. Jetzt griff er noch einmal. nach Chthon und führte seine Hand durch dessen Oberkörper.
„Du bist
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