116 - Geheimexperiment Todessporen
Du brauchst doch keine Angst zu haben.“ Sie
betrat das Zimmer zuerst. Dann folgten Geoffrey und Dr. Merredith. Larry und Iwan
blieben auf dem Gang und beobachteten von dort aus das Geschehen. Das blonde
Mädchen stand mit dem Rücken zur hintersten Wand und blickte den Eintretenden
ernst und ruhig entgegen. Sie lachte weder sonderbar, noch schrie sie jemand
an. Sie machte einen gefassten Eindruck.
„Jenny“,
sagte Dr. Merredith fröhlich. „Was machst du denn für Sachen? Gibst du mir
heute keine Hand?“ Der Arzt lächelte freundlich und ging der Zehnjährigen mit
ausgestreckter Hand entgegen.
Jenny
schüttelte den Kopf. „Klar, Doc“, sagte sie dann fröhlich und kam auf ihn zu.
Sie reichte ihm die Hand und begrüßte ihn freundlich.
„Jenny?“, kam
es verwundert über Jane Drawders Lippen, und man merkte ihr die Erleichterung
an. „Alles wieder in Ordnung?“
Das Mädchen
gab sich so wie immer. Dr. Merredith redete mit ihr an Ort und Stelle, setzte
sich neben sie, stellte Fragen, und Jenny Drawder beantwortete sie auf
natürliche und kindliche Weise, wie es ihrem Alter entsprach. Merredith war ein
kluger Mann und ging sehr geschickt vor. Er beobachtete das Mädchen genau, wie
es redete und sich bewegte, und als er sich wenig später draußen von den Eltern
verabschiedete, war er sehr zufrieden und guten Mutes. „Es hat nicht mal einer
Beruhigungsspritze bedurft“, wandte er sich an die Eltern. „Ein junger Mensch
verkraftet solche Situationen meistens schneller und gründlicher, als man
manchmal glaubt. Im ersten Moment war sie schockiert, und sie hat unmittelbar
danach Dinge getan, die sinnlos waren. In der Zwischenzeit ist ihr klar
geworden, dass sie sich falsch verhalten hat. Sie hat wieder Ordnung in ihre
Welt gebracht. Der Verlust eines Spielzeugs, das von einem Kind sehr
personifiziert wird, führt oft zu solchen Kurzschlusshandlungen. Ich bin
überzeugt, dass Jennifer die Sache verarbeitet hat. Wenn der Teddy geflickt und
die Kugel entfernt ist, dann ist sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch wieder
bereit sich mit ihm zu beschäftigen. Sollte sie ihn ablehnen, darf man ihr ihn
nicht aufzwingen. Alles in allem: Es gibt keinen Grund zur Besorgnis, Jennifer
ist normal wie Sie und ich, und es gibt nichts zu befürchten ...“
●
Larry und
Iwan verabschiedeten sich voneinander. X-RAY-7 bezog seine Unterkunft in einem
Zimmer in der ersten Etage und kehrte wenig später noch mal in die Gaststube
zurück. Geoffrey Drawder stiftete zur Feier des Tages, weil alles gutgegangen
war, noch einen Drink. Auch Larry Brent war dazu eingeladen. Aber er hatte
darum gebeten, ihn zu entschuldigen, und es vorgezogen abzufahren, um noch
rechtzeitig wie erwartet im Forschungslabor einzutreffen. „Choroschow!“, freute
sich der Russe und strahlte wie ein Honigkuchenpferd von einem Ohr zu anderen.
„Ich werde deinen Drink, Towarischtsch, einfach mit übernehmen und auf dein
Wohl trinken.“
Das tat er
auch. Da mit fortschreitender Stunde immer weniger los war und Geoffrey nach
zehn Uhr auch die Küche schloss, hatte er Zeit, mit dem neuen und in dieser
Nacht einzigen Gast seines Hauses zu plaudern. Dabei trank er mehr Whisky, als
es sonst seine Art war. Geoffrey konnte eine Menge vertragen, und man merkte
ihm den kleinen Rausch nicht an, der jedoch seine Zunge lockerte und ihn
redselig und auskunftswillig machte. Iwan hatte die neue Runde eingeleitet und
ließ den Wirt wissen, dass er wirklich einen ausgezeichneten Bourbon hatte.
„Ein
Dreißigjähriger“, verkündete Drawder stolz. „So etwas gibt’s hier nicht alle
Tage.“ Iwan Kunaritschew, der auf diesem Gebiet kein Kostverächter war, wusste
den Sud wohl zu schätzen und genoss ihn. In Maßen, wie es seine Art war. Er
lenkte dabei das Gespräch in die Richtung, die ihm genehm war. Er ließ
durchblicken, dass er sich für seltsame und rätselhafte Ereignisse
interessiere. In diesem Zusammenhang war es wichtig für ihn zu erfahren, wann
und durch wen der vergammelte Teddy in Jennifers Hände gelangt war. „Ich
glaube, dass es Ed war... ja, er hat ihn ihr... gegeben...“ Geoffrey Drawders
Stimme klang schon sehr unsicher. Seine Zunge schien die Worte nicht mehr
richtig formen zu können.
„Wer ist Ed,
Towarischtsch?“
„Ed Rawster,
ein Truckerfahrer... Kommt alle paar Wochen hier vorbei.“ „Hat er einen SpieIwarenhandel ?“
„Nein, wie
kommst du darauf, Iwan?“
„Weil er
Spielzeug verschenkt, Towarischtsch.“
„Er fährt
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