116 - Geheimexperiment Todessporen
auch
keine geheimen Waffen zusammengebaut. Das Haupttor war verschlossen, der Raum
davor und dahinter durch gleißendes Scheinwerferlicht taghell ausgeleuchtet.
Videokameras erfassten das sich nähernde Auto. Über eine Lautsprecheranlage
meldete sich eine Stimme. „Wer sind Sie, und was wollen Sie?“
„Mein Name
ist Larry Brent. Ich werde von Professor Boaring erwartet.“ X-RAY-3 wusste,
dass seine Angaben überprüft wurden. Er brauchte nicht lange zu warten. Eine
halbe Minute später glitt automatisch das ferngelenkte Tor zur Seite und gab
die Einfahrt frei. Larry fuhr auf das Gelände. Aus einem Gebäude kam ihm
gleichzeitig ein Mann in weißem Kittel entgegen. Der Unbekannte aus der
Forschungsstation winkte ihn auf einen Parkplatz neben das Hauptgebäude.
Offensichtlich waren hier die meisten Angestellten untergebracht. Das Gebäude
war einstöckig und diente als Wohnhaus. Durch ein Fenster im Parterre, das
nicht durch ein Rollo oder einen Vorhang verdeckt war, konnte Larry in den Raum
sehen. Er war wohnlich und geschmackvoll eingerichtet. Ein Fernsehapparat lief.
Über die Mattscheibe flimmerte ein Actionthriller. Zu sehen war James Bond, wie
er in einem Auto davonraste, verfolgt von einem anderen Fahrzeug, das mit
wahnwitziger Geschwindigkeit hinter ihm herjagte. Nicht weniger schnell fuhr
James Bond. In einem waghalsigen Manöver raste er in eine Einbahnstraße, die
schließ lieh in einer Sackgasse mündete. Zwischen zwei Wohnblöcken führte ein
schmaler Weg hindurch, um Radfahrern und Fußgängern die Möglichkeit zu geben,
ohne Umweg die andere Seite des Gebäudekomplexes und der Straße zu erreichen.
Viel zu schmal für ein Auto ...
Aber James
Bond wusste sich zu helfen. Todesmutig, in Stuntman-Manier, riss er das auf die
schmale Öffnung zwischen den Häusern zurasende Fahrzeug auf die beiden
Innenräder. In bedrohlicher Schräglage jagte der Wagen mit unverminderter
Geschwindigkeit zwischen den Häuserblöcken entlang, kam auf der anderen Seite
an und James Bond entging seinen Verfolgern.
„Totaler
Schwachsinn“, bemerkte der Mann im weißen Kittel, der Brents Blicke beim
Aussteigen registriert hatte. „Wir haben eine Kollegin, die bei solchen Dingen
entspannt. Sie hat nen ganzen Schrank voll mit Videobändern und sieht sich
jeden Abend einen Streifen an.“
„Das Mädchen
hat ne Schwäche für Filmhelden, wie?“ Larry Brent lachte und reichte dem Mann
die Hand.
„Ich bin Lex
Williamson“, stellte sich der andere vor. „Sekretär und Mädchen für alles bei
Professor Boaring. Er hat mich gebeten, Sie zu ihm zu bringen. Wenn Sie mir
bitte folgen würden, Mister Brent.“
„Aber klar
doch, Lex“, sagte er beiläufig und warf schnell einen Blick durch das niedrige
Fenster, an dem sie vorbeikamen und hinter dem gedämpftes Licht herrschte und
der Fernsehapparat lief. Jetzt sah Larry Brent auch jene Frau, die den Film
betrachtete. Sie lag wie eine Diva auf einer dem Fernsehgerät
gegenüberstehenden Couch, hatte die langen Beine angezogen und trug ein
gewagtes Négligé, das freimütig Einblicke gewährte.
Das über die Schulter fließende, gewellte Haar war platinblond. Auf einem
Teewagen, in Reichweite von ihr, stand eine angebrochene Schachtel Pralinen, in
die sie gelegentlich griff. In der Linken hielt sie außerdem eine
Fernbedienung. Larry Brent glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen, als er
sah, dass sie die Verfolgungsszene zurücklaufen ließ, um sie noch mal zu
erleben. „Das ist Esther“, erklärte Lex Williamson mit schiefem Lächeln. „Nach
getaner Arbeit sieht sie Grusel- und Actionfilme. Sie hat ne Schwäche für
Helden und sieht sich jeden Film zweimal an.“
„Dann
scheint’s hier in der Forschungsstation wenig Abwechslung und kaum Vergnügen zu
geben. So weit abseits in der Wüste ist das auch kein Wunder.“
„Wir haben
ein tolles Restaurant, einen ausgezeichneten Koch und einmal in der Woche nen
Tanzabend. Den lässt sich Esther nicht entgehen. Am Samstag ist’s wieder
soweit.“
„Wenn ich in
drei Tagen noch hier bin, Lex, bin ich mit von der Partie.“ Williamson lachte.
„Hoffentlich haben Sie Glück, Larry. Bei rund dreißig männlichen Mitarbeitern
und nur vier weiblichen Angestellten in der Station ist das alles etwas
problematisch. Sämtliche Tänze sind schon vergeben, wie Sie sich denken
können.“ Lex Williamson beugte den Kopf nach unten und warf noch einen
aufmerksamen Blick in Larrys Auto. „Sie sind allein, Mister Brent?“, fragte
Weitere Kostenlose Bücher