116 - Geheimexperiment Todessporen
hinter der Theke lag der Teddybär, wie Jennifer Drawder ihn zurückgelassen hatte. Jane Drawder schien einem
Trugbild zum Opfer gefallen zu sein. Was sie geschildert hatte, stimmte nicht.
Der Teddy war nicht zerpflückt und lag nicht in seinen Einzelteilen herum. Kopf
und Glieder saßen fest am geschlossenen Rumpf, und es war nicht die geringste
Spur von Holzwolle und Sägemehl auf dem Boden zu entdecken!
●
„Ich ...
verstehe das nicht“, meinte Jane Drawder wenig später, und ihre Stimme klang
schwach und leise. Lebhaft, mit unterstreichenden Handbewegungen, berichtete
sie davon, in welch desolatem Zustand sie den Teddy angetroffen hatte. Was er
gesprochen hatte, konnte sie sogar wiedergeben. Und nun sollte dies alles nicht
mehr wahr sein? „Das war zu viel für dich, Darling“, tröstete Geoffrey Drawder
seine weinende Frau. „Du brauchst Ruhe, damit du endlich Abstand zu den Dingen
gewinnst.“ Jane Drawder zuckte nur die Achseln und fuhr sich mit einer nervösen
Bewegung durchs Haar. Sie wusste nicht mehr, was sie von allem zu halten hatte.
Und sie war plötzlich selbst davon überzeugt, dass ihre überreizten Nerven sie
in die Irre geführt und ihr etwas vorgegaukelt hatten, was es überhaupt nicht
gab. „Ja“, flüsterte sie ergeben und war froh, die starken Arme ihres Mannes zu
spüren. „Ich lege mich hin... Es wird das Beste sein.“ Sie strich noch mal
übers Haar. Dabei konnte sie nicht merken, dass auf ihrer Kopfhaut etwas lag,
das zuvor noch nicht da war! Es klebte zwischen ihren Haaren, war winzig klein
und federleicht und erinnerte in seinem Aussehen an den Flugsamen einer
Pusteblume. Dieses kleine, schwerelose Gebilde stammte aus der Holzwolle des
Teddys und hatte sich vorhin darin befunden. Aber das hatte Jane Drawder nicht
bemerkt und ahnte sie jetzt auch nicht. Sie war damit einverstanden, dass Iwan
Kunaritschew das rätselhafte Spieltier mit auf sein Zimmer nahm. Am Arm ihres
Mannes kehrte sie ins Haus zurück. Dabei entging ihnen allen, wie sich das
federleichte Gebilde auf dem Kopf der Frau wie ein selbständiges Lebewesen bewegte ...
Lautlos und
unbemerkt kroch es vollends unters Haar. Dort war sein Weg noch nicht zu Ende.
Es glitt über die Schädeldecke, den Hinterkopf entlang und wanderte dann ins
füllige Nackenhaar. Es spürte die Nähe der Haut, und im Nacken nistete es sich
ein. Die winzige Spitze bohrte sich in Jane Drawders Fleisch und kroch in eine
Pore.
„Au!"
„Ist was,
Jane?“, fragte Geoffrey Drawder besorgt, als seine Frau aufschrie,
zusammenzuckte und sich mit der Hand kurz in ihren Nacken fasste.
„Ich glaube,
mich hat etwas gestochen. Ein Moskito.“
Aber es war
nichts zu sehen, und der kurze, stechende Schmerz war im nächsten Moment auch
schon vorüber, so dass Jane Drawder die Episode schnell wieder vergaß.
●
Lex
Williamson schluckte trocken. Er eilte zu dem Mann am Schreibtisch und legte
ihm vorsichtig die Hand auf die Schulter. „Professor?“, fragte er leise und mit
belegter Stimme. Amos Boaring kippte sanft nach vorn, und wäre Larry Brent
nicht geistesgegenwärtig einen Schritt nach vom gegangen, hätte sich der Tote
das Gesicht auf der Schreibtischplatte aufgeschlagen. „Er fühlt sich noch warm
an. Er kann noch nicht lange tot sein“, sagte X-RAY-3 rasch. „Holen Sie einen
Arzt..."
Das ließ sich
umgehend bewerkstelligen. In der Forschungsstation gab es einen Mediziner, der
in drei Minuten zur Stelle war. Larry hatte bis zum Eintreffen des Mannes
bereits mit Herzmassage begonnen. Der Doc setzte diesen Versuch fort, gab aber
dann auf. „Zu spät! Da tut sich nichts mehr...“ Er untersuchte den Toten.
„Herzversagen, eindeutig.“ Eine äußere Verletzung ließ sich nicht feststellen.
Larry musste unwillkürlich an den vier Wochen zurückliegenden Fall in Seoul
denken. Auch bei dem Engländer Frank Hailey war zunächst äußerlich keine
Verletzung feststellbar. Erst als man ihn aufrichtete, sah man das Loch
zwischen den Schultern. Wenn ein geheimnisvoller Virus in dieser Hexenküche gezüchtet
worden war, über dessen Existenz und Wirkungsweise noch niemand etwas wusste,
war es auch möglich, dass Boaring sich infiziert hatte. Aber die Symptome, die
Boaring und Mister Kim bei Hailey entdeckten, waren hier nicht auffindbar. In
Boarings Körper klaffte kein Loch, aus dem ein Totenschädel grinste, den später
keiner mehr sah ...
Simples
Herzversagen? Nach dem, was der Arzt und Lex Williamson dem Besucher
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