1169 - Pforte des Loolandre
darum, die Ursache des abartigen Verhaltens zu finden. Weiter: Sämtliche Speisen- und Getränkeausgabestellen sind sofort zu sperren. Von diesem Augenblick an werden in der Galaktischen Flotte weder Speisen noch Getränke mehr ausgegeben. Weiter: Alle Festmähler sind aufzulösen, Speisen und Getränke entweder zu zerstören oder unter Verschluß zu nehmen. Verstanden?"
Jercygehl Ans trichterförmige Mundöffnung verzog sich auf eigenartige Weise. Er lächelte spöttisch.
„Verstanden habe ich wohl", antwortete er. „Aber werden die Kontrollsysteme der Flotte meine Befehle akzeptieren?"
„So bedenkenlos, als wären es meine eigenen", versicherte Perry. „Die Hamiller-Tube ist informiert. Deine Anweisungen ergehen über meinen Autorisationscode."
Nachdem die Verbindung getrennt war, wandte Perry sich an den Pararealisten.
„Wenn deine Wissenschaft etwas taugt", sagte er, „dann wird sie uns verstehen helfen, wie etwas Derartiges geschehen kann."
Sato Ambush lächelte.
„Gewiß wird sie das, du ewiger Zweifler", antwortete er. „Mehr noch. Sie wird uns den Weg weisen, wie das Problem zu lösen ist. Sie wird uns helfen, den Untergang abzuwenden."
Die letzten Worte hörte Perry nicht mehr. Unruhe brannte ihm in der Seele. Er beauftragte den Autopiloten, die AURELIA in den Hyperraum zu steuern.
*
Der junge Techniker, der das Amt des Platzanweisers übernommen hatte, schien ungewiß, was er von der Lage halten solle. Die Miene des Gastes war ernst, sogar zornig.
„Kommst du, um an Phybias großem Festmahl teilzunehmen?" fragte er unsicher.
Die Violette Armadaflamme über dem Haupt des Gastes zitterte leise.
„Wer ist Phybia?" fragte er unwirsch.
Der Techniker antwortete bereitwillig: „Phybia war Technische Spezialistin Zweiter Klasse, bis sie zur ersten Epikur-Königin gekrönt wurde. Jetzt hat sie Besseres zu tun, als sich um Kraftwerke und Leistungsprojektoren zu kümmern. Sie präsidiert über das erste der größten Festmähler aller Zeiten."
Aus dem Gang, an dessen Mündung der junge Techniker stand, drang wüster Lärm.
Das Fest hatte offenbar schon begonnen.
„Das erste!" ereiferte sich der zornige Gast mit der Armadaflamme. „Es soll womöglich noch mehr solcher Freß- und Saufgelage geben?"
„Gewiß doch", verwunderte sich der Techniker. „Zwei weitere Epikur-Königinnen sind bereits gewählt, die Wahl der vierten steht unmittelbar bevor, und..."
Er fühlte sich an der Schulter gepackt und beiseite geschoben. Der Platzanweiser machte auf höchst unsanfte Weise mit der Wand des Korridors Bekanntschaft. Als er sich von seiner Benommenheit erholte, stand der Zornige mit seinem schmächtigen Begleiter bereits unter dem Eingang der großen Meßhalle, in der das Fest stattfand.
Der Tumult in der Halle war unbeschreiblich. Dutzende von kleinen Tischen waren zusammengefahren worden und bildeten eine riesige, rechteckige Tafel. Reihen von Tabletten, Töpfen und Schüsseln enthielten Speisen, wie man sie noch nie an Bord eines terranischen Raumschiffs gesehen hatte - Kostbarkeiten aus allen Provinzen der Erde und von Hunderten von Kolonialwelten. Bier, Wein und andere Getränke waren in bauchigen Krügen serviert, die einem Breughelschen Gemälde entsprungen zu sein schienen und in der Messe eines Fahrzeugs der Galaktischen Flotte merkwürdig fehl am Platz wirkten. Die gesamte Besatzung der EL-AMARNA schien versammelt. Um die Tafel herum herrschte ein ständiges Geschiebe und Gedränge. Krüge wurden geschwungen; der Alkohol floß in Strömen. Am Kopfende der Tafel war eine Art Thron errichtet worden. Die Frau, der er als Sitz diente, war offenbar Phybia, die erste Epikur-Königin. Infolge intensiven Weingenusses hatte sie nicht nur die königliche Würde, sondern auch ein Großteil ihrer Kleidung verloren.
Perry fühlte sich angewidert. Die Szene erschien ihm wie ein Alptraum. Er, mehr als mancher andere, war durch die Zeiten hindurch überzeugt gewesen, daß der Mensch sich zwar allmählich zum wahrhaft zivilisierten Wesen mausere, daß er aber noch längst nicht alle Überreste der Barbarei von sich abgeschüttelt habe. Welch eindringlicheren Beweis für die Richtigkeit seiner Überzeugung hätte es geben können als das Bild, das sich ihm in diesem Augenblick darbot?
Er fühlte ein Zupfen am Ärmel seiner Montur. Sato Ambush war an seine Seite getreten.
„Vergiß nicht", sagte der Pararealist, „daß du all dies auf einer anderen Ebene der Wirklichkeit erlebst. Verdamme
Weitere Kostenlose Bücher