1178 - Lisas Totenruf
fielen die kalten Augen ebenso auf wie die Bartschatten. Das Haar hatte er so dünn schneiden lassen, dass es nur noch wie ein Schatten auf seinem Kopf wuchs.
Das Glas Wein wurde schnell serviert. Erst dann sprach Curzi.
»Neuer Job?«
»Nein.«
Curzis Gesicht fiel zusammen. »Verdammt, ich brauche Geld und habe mich schon so gefreut.«
»Es geht um den alten Job.«
Curzi verstand nicht und sah Serrano fragend an.
»Dan Hilton.«
»Ach, der ist längst vergessen. Ich habe seine Leiche in eine alte Röhre gesteckt. Sie haben ihn bisher noch nicht mal entdeckt.« Curzi lachte. »Wahrscheinlich haben ihn die Ratten schon angenagt.«
Serrano zündete sich eine Zigarette an. »Ich habe auch nicht Hilton gemeint.«
»Wen dann?«
Nachdem er zwei Rauchwolken ausgestoßen hatte, gab Mario die Antwort. »Es geht um die Blonde im roten Kleid.«
»Ach, die Zeugin.«
»Ja.«
Curzi gab ein meckerndes Lachen von sich. »Die sieht auch nicht mehr gut aus.«
»Das weiß ich eben nicht.«
Cesare, der einen Schluck trinken wollte, ließ sein Glas wieder sinken. »Was erzählst du denn für einen Mist? Kannst du dir nicht vorstellen, wie Leichen aussehen, die vier Wochen irgendwo gelegen haben? Ich kann es schon.«
»Falls sie tot sind.«
»Wieso?«
»Können Tote Briefe schreiben?«
»He, willst du mich verarschen?«
Serrano beugte sich vor. »Nein, Cesare, das will ich nicht. Aber ich will, dass du mir zuhörst und dabei endlich dein verdammtes Maul hältst.«
»Ja, ja, schon gut.«
»Ich glaube nämlich nicht, dass die Blonde tot ist. Heute Morgen erhielt ich einen Brief.« Serrano schaute sich zunächst um, dann holte er das Schreiben aus der Innentasche seiner Lederjacke hervor.
»Hier ist er. Willst du ihn lesen?«
»Nein, lies ihn vor.«
Serrano grinste innerlich, weil er wusste, dass Curzi mit dem Lesen leichte Probleme hatte. Er faltete den Brief auseinander und winkte seinen Kumpan noch naher zu sich heran. Dann las er den mit der Hand geschriebenen Text vor.
»Der Tod ist nicht endgültig. Manchmal kann man ihn auch besiegen, um das tun zu müssen, was getan werden muss. In der Welt ist die Sühne ein festes Fundament. Sie war schon immer, und sie wird auch immer bleiben…«
»Hört sich stark an.«
»Halts Maul, Cesare.« Dann las Mario weiter. »Deshalb werdet ihr für das, was ihr getan habt, sühnen und büßen. Ich erwarte euch heute am frühen Abend an dem Platz, an dem ich sterben sollte. Kommt, sonst kommen die Bullen. Und denkt daran, dass ich alles gesehen und nichts vergessen habe.«
Mehr hatte die Absenderin nicht geschrieben. Serrano faltete den Brief zusammen und wartete auf Curzis Reaktion. Der griff zu seinem Glas, leerte es und schüttelte dann den Kopf. »Das ist doch richtige Affenkacke. Das glaubst du doch selbst nicht. Da will uns jemand linken.«
»Und wenn schon. Solltest du Recht haben, muss es noch eine zweite Person geben.«
»Noch einen Zeugen?«
»Ja.«
»Scheiße!«, fluchte Curzi. »Hatten wir der Kleinen mal eine Kugel gegeben.« Er schlug auf den Tisch. »Sie muss sich aus dem Totenhaus befreit haben.«
»Oder befreit worden sein«, sagte Serrano.
»Von wem denn?«
»Von einem zweiten Zeugen?«
»Glaubst du das?«
»Ich will auf Nummer sicher gehen.«
»Zum Friedhof?«
»Klar. Ich kann mir sogar vorstellen, dass dieser zweite Zeuge und die Blonde auf uns warten. Die wollen uns erpressen, sonst waren sie doch langst zu den Bullen gegangen. Irgendwas haben sie sich in den Kopf gesetzt.«
Curzi musste lachen. Fröhlich klang es nicht. Er ballte eine Hand zur Faust. »Verdammt noch mal, Mario, das kann ich mir alles nicht vorstellen. Die müssen wissen, dass wir Profis sind und uns nicht so leicht aus dem Konzept bringen lassen. Das kommt mir noch immer wie eine große Verarsche vor.«
»Und dennoch sollten wir hinfahren.«
»Ehrlich?«
»Ja, ich will Gewissheit haben. Ich weiß außerdem, dass in meiner Kanone noch genügend Munition ist, um nicht nur zwei Zeugen umzulegen. Ich hasse es, erpresst zu werden, und wir beide werden das Richtige in die Wege leiten.«
»Dabei habe ich mir den heutigen Abend ganz anders vorgestellt.«
»Kann ich mir denken. Aber das lauft nicht. Oder möchtest du keinen Job mehr bekommen?«
»So war das nicht gemeint.«
»Eben.«
Curzi blickte auf die Uhr. »Willst du jetzt schon fahren?«
»Nein, es reicht, wenn wir in zwei Stunden losgondeln. Ich wollte dir nur Bescheid gehen.«
»Ja, das hast du ja. Wer fahrt mit
Weitere Kostenlose Bücher