1179 - Der Killerzwerg
Brackbrühe schluckte.
Dann war sie durch.
Bekam wieder Luft.
Saugte den Atem ein, hustete zugleich und spie Wasser aus. Der Zwerg kannte kein Pardon. Er zerrte sie brutal weiter und aus dem Graben hervor.
Dann schrammten die Beine über den feuchten Asphalt hinweg. Verschwunden war die Weichheit des Bodens, und eine Hand löste sich von ihrem Knöchel.
Ein Grund zum Jubeln war es nicht, denn die Hand stieß in ihren Nacken hinein.
Jetzt erlebte Gina, welch eine Kraft in dem Zwergenkörper steckte. Er zerrte sie mit einem Ruck in die Höhe, und Gina kam auf ihre eigenen Füße zu stehen, schwankte allerdings und musste sich von den Händen des Zwergs festhalten lassen, was sie mehr als widerlich empfand. Sie ekelte sich vor dieser Berührung, doch es gab keinen anderen Ausweg für sie.
Er ging einmal um sie herum. Vor ihr blieb er stehen und schaute zu ihr hoch.
Selbst im Dunkeln sah sie sein Gesicht. Es glänzte. Vielleicht war es Schweiß, vielleicht auch Wasser, aber das kalte, teuflische Lächeln sagte ihr genug.
»Ich kriege jede!«, flüsterte er ihr zu. »Ich bekomme jede. Der Teufel steht auf meiner Seite und hilft mir dabei. Hast du gehört? Der Satan ist mein Freund!«
Sie schwieg.
Er aber lachte.
Und dann trat er zu.
Damit hatte die Frau nicht gerechnet. Sie wurde in den Kniekehlen erwischt.
Der Druck wuchtete sie nach hinten. Gina ruderte mit den Armen. Sie würde fallen, und sie fürchtete sich davor, mit dem Kopf auf den harten Boden zu schlagen.
Der Zwerg fing sie ab.
Plötzlich lag sie rücklings in seinen kleinen, aber starken Armen. Aus nächster Nähe sah sie in sein nasses Gesicht, das so schrecklich verunstaltet war.
»Ja…«, sagte er, »ja…« Seine Nasenlöcher weiteten sich, als wollte er den Geruch der Frau einsaugen. »Wir werden viel Spaß zusammen haben.«
»Bitte, ich…«
»Nein!«
Er schlug zu.
Es war ein kraftvoller Treffer mit der Faust, der die Stirn der Frau erwischte. Etwas blitzte in Ginas Kopf auf. Zugleich hatte sie den Eindruck, ins Bodenlose zu fallen. Die Sinne schwammen ihr weg.
Aber sie hörte noch etwas.
Der Klang der Polizeisirenen schien vom Mond zu kommen.
Zu spät, dachte Gina noch. Viel zu spät.
Dann konnte sie nicht mehr denken…
Der Zwerg war zufrieden. Auch er hatte die Sirenen gehört und stieß einen Fluch aus, bevor er den Körper der wesentlich größeren Frau über seine Schulter schleuderte und sich mit ihm auf den Weg machte. Die Bullen, das stand fest, würden ihn nicht finden…
***
Hin und wieder gibt es Tage, da meint das Schicksal es gut mit einem, obwohl es einen Umweg ging. So einen Tag, der eigentlich ganz normal begonnen hatte, erwischten Suko und ich.
Ich hatte das Gefühl gehabt, mit dem Rover zum Yard fahren zu müssen, und wir hatten diesem feeling nachgegeben. Als wir unser Büro erreichten, lag der erste Kampf schon hinter uns. Es war einer gegen den Verkehr gewesen, den wir nicht gewonnen hatten, denn wir trafen mit zwanzig Minuten Verspätung ein.
Glenda, die natürlich schon da war, schaute demonstrativ auf ihre Uhr, wobei sie den Lauf des Sekundenzeigers verfolgte, während sich meine Blicke an ihrer Gestalt festsaugten.
Glenda hatte sich ein neues Outfit besorgt. In diesem Herbst und Winter war Brombeer modern, und sie trug einen dünnen, leicht flauschigen und brombeerfarbenen Pullover, dessen runder Halsausschnitt mit farblich dazu passenden kleinen Blüten bestickt war. Die schwarze Hose war auch neu.
Sie war oben sehr schmal geschnitten und besaß etwas breitere Beine mit zwei schmalen Schlitzen an den Seiten. Die Hose endete über den Knöcheln, sodass wir die ebenfalls brombeerfarbenen, knöchelhohen Schnürstiefel sehen konnten.
»Wir sind mit dem Auto gekommen«, erklärte Suko.
»Ich nicht. Deshalb bin ich auch pünktlich.«
»Du siehst stark aus«, lenkte ich sie ab.
»Ach nein.«
»Ach ja.«
»Siehst du das auch mal?«
»Warum sollte ich das denn nicht sehen?«
»Weil du ansonsten keinen Blick dafür hast.«
»Jetzt werde nicht ungerecht. Du bist mir immer einen und mehr Blicke wert.«
Ich lächelte. »Die Hose sitzt toll. Dann kann man auf bestimmte Gedanken kommen.«
»Am frühen Morgen?«
»Klar. Bei dir doch immer.«
»Dann brauchst du ja keinen Kaffee, wenn ich schon Adrenalin genug für dich bin.«
»Im Prinzip nicht, aber wir wollen von unserer alten Gewohnheit nicht abweichen.« Ich ging auf sie zu und streichelte über die Schultern. »Der Stoff fühlt sich toll an.
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