1185 - Im Schloss der Skelette
Sicherheit gab. Aber im Wohnmobil würde es ihr besser gehen, und deshalb wollte sie es so schnell wie möglich erreichen.
Die Schatten der Bäume verschwanden, ohne dass sie es richtig registriert hätte. Plötzlich wurde es wieder heller. Sie hetzte mit langen Sätzen durch das Gras. Wie ein Rettungsanker tauchte das Wohnmobil vor ihr auf.
Plötzlich war da noch jemand!
Sie sah den Mann, der neben dem verletzten Stan stand und sich aufrichtete. Sie sah ihn als einen normalen Menschen und wusste nicht, was er dort tat. Es stand auch ein Auto auf dem schmalen Pfad, der durch den Wald führte und den sie auch genommen hatte. Sie sah kein Schwert bei ihm und auch keine andere Waffe, mit der er einen Hund hätte töten können. Sie war froh, ihn zu sehen.
Auf der anderen Seite hasste sie ihn auch. Aber sie konnte ihm nicht mehr ausweichen und musste stehen bleiben, was sie auch im letzten Moment schaffte. Sonst wäre sie mit dem Fremden zusammengeprallt.
Claudine starrte ihn an.
Sie nahm wahr, dass er lächelte.
Können Killer lächeln?
Sie wusste es nicht, weil sie nie damit konfrontiert worden war. Dann sprach er sie an…
***
»Der Hund muss verbunden werden«, sagte ich. »Aber ich denke schon, dass er es überleben wird.«
Die Frau, die vom Waldrand her auf mich zugelaufen war, erwiderte nichts. Sie stand da und keuchte, weil sie Mühe hatte, ihren Atem unter Kontrolle zu bringen. Auch musste sie erst damit fertig werden, einen Fremden in dieser Einsamkeit zu sehen. An ihrem flackernden Blick erkannte ich, dass sie mit den Nerven ziemlich am Ende war.
Es war genau die Person, die mir der Abbé beschrieben hatte. Er hatte sie in seinem Würfel gesehen.
Die dunklen Haare, das gesamte Aussehen, es stimmte alles. Und die Wirtin hatte mir ihren Namen gesagt und mir auch erklärt, wo sie normalerweise ihr Wohnmobil parkte, wenn sie in Ruhe nachdenken wollte.
Ich hatte beides gefunden, und ich bemühte mich, keinen aggressiven Eindruck aufkommen zu lassen. Locker bleiben, lächeln, der Frau nur die Scheu nehmen.
Dass sie etwas Schlimmes erlebt haben musste, stand für mich fest. Sie war zu schnell gelaufen, und das nicht zum Spaß oder zum Training, sondern weil jemand hinter ihr her gewesen war und sie nur im letzten Moment entkommen war. Deshalb glitt mein Blick auch zum Waldrand hinüber, der wirklich nicht weit entfernt lag, aber dort war nichts zu sehen. Keine Bewegung und nichts, was mich hätte misstrauisch werden lassen.
Allmählich beruhigte sich ihr Atem. Auch die Röte aus ihrem Gesicht verschwand. Das Laufen hatte sie schon angestrengt, aber sie gab mir noch immer keine Antwort, sondern schaute mich nur forschend und misstrauisch an, als wollte sie mich sezieren.
»Ich heiße übrigens John Sinclair.«
»Ach ja…?«
»Wir sollten den Hund in den Wagen tragen.«
»Er ist tot.«
»Nein, nein, er lebt noch.«
»Ich meine den anderen. Ollie. Das hier ist Stan.« Sie hatte die Antwort hervorgestoßen, und ich sah in ihren Augen das Schimmern der Tränen.
»Wo?«
»Im Wald!«
»Es tut mir leid, Mademoiselle…«
»Ich heiße Claudine Gatz und komme aus Straßburg. Wer sind Sie denn genau?«
»Es hat mich aus London hierhin verschlagen. Ein Freund bat mich um Hilfe. Er ahnte, dass hier Dinge passieren, die man nicht so einfach negieren kann.«
»Wieso?«
»Ich denke, darüber können wir später reden. Erst mal muss der Hund verbunden werden.«
Ihr Misstrauen war noch nicht ganz verschwunden. »Sagen Sie das einfach nur so? Oder meinen Sie es ernst?«
»Glauben Sie mir, Claudine, ich meine es ernst. Sie können sich darauf verlassen.«
Die Frau überlegte noch. Ich schätzte sie auf 30 Jahre oder knapp darüber. Dann nickte sie und sagte mit leiser Stimme: »Ja, ich vertraue Ihnen, John. Ihr Name deutet auf ein anderes Land hin. Ich nehme an, dass es England ist.«
»Stimmt.« Mehr wollte ich zunächst nicht sagen und bückte mich zu dem verletzten Tier. Es war besser, wenn wir ihn gemeinsam trugen. Claudine war auch damit einverstanden. Zuvor ging sie allerdings zum Wagen und öffnete dort die Beifahrertür. Sie schob den Sitz noch weiter nach vorn, sodass wir besser Platz hatten, um einsteigen zu können.
Sehr behutsam hoben wir das verletzte Tier an. Claudine sprach mit ihm, und sie schaute dabei in die Augen des Hundes, in denen sich vielleicht der Schmerz abmalte.
Sie redete zu ihm wie zu einem Menschen, und ich hörte, wie der Hund leise zu jaulen begann. Es klang nicht mehr
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