1185 - Im Schloss der Skelette
Hund. Sie merkte, dass die Wangen durch die Tränen feucht geworden waren, und sie musste immer wieder schlucken.
Tot! Tot! Tot! Es hämmerte durch ihren Kopf. Nicht eines normalen Todes gestorben, auch nicht vergiftet, sondern in zwei Stücke gehauen!
Wer tat so etwas? Wer konnte so etwas tun? Und mit welcher Waffe?
Da reichte kein Messer, auch wenn die Klinge noch so lang war. Das musste mit einer anderen Waffe passiert sein.
Mit einem Schwert?
Claudine zitterte noch immer. Schweiß klebte an ihren Handflächen.
Sie verließ die Mulde. An deren Rand blieb sie stehen und hatte plötzlich das Gefühl, von einer Eisschicht erwischt zu werden, die an ihren Beinen hinab und fast bis zu den Füßen rann.
Welcher Mensch lief mit einem Schwert durch den Wald und wartete darauf, Hunde töten zu können?
Keiner. Kein normaler. Vielleicht ein Irrer.
Ihr Gefühl sagte ihr, dass die Tötung ihres Hundes etwas mit den Nachforschungen zu tun hatte, mit denen sie sich beschäftigte.
Da fiel ihr wieder das Schloss ein. Und natürlich der Stollen, in dem etwas lauerte, was sie und die beiden Hunde genau gespürt hatten, ohne herausfinden zu können, um was es sich gehandelt hatte.
Claudine Gatz war zwar keine Esoterikerin, aber der Natur sehr zugetan. So konnte sie sich gewisse Dinge vorstellen, über die andere Menschen nur den Kopf schüttelten.
Dazu gehörten Vorgänge, die mit der reinen Logik nicht zu erklären waren. Etwas Metaphysisches, wobei sie den Begriff Geister auch nicht ausließ.
Aber töteten Geister auf so eine grauenvolle Art und Weise? Erschienen die feinstofflichen Wesen tatsächlich mit einer normalen Waffe, um mit der Materie eine Verbindung einzugehen?
Nein, daran konnte sie nicht glauben. Es musste etwas viel Komplexeres dahinter stecken.
Claudine fror…
Sie zwang sich, ruhig zu bleiben. Es war nicht einfach. Sie atmete flach und musste vor allen Dingen den toten Hund vergessen und gegen den Zwang ankämpfen, immer dorthin zu schauen, wo er lag. Es war noch nicht lange her, dass man ihn umgebracht hatte. Die Leiche war noch nicht kalt.
Bin ich allein?
Claudine wunderte sich nur, dass sie sich diese Frage erst jetzt stellte. Sie war verbunden mit einem Schock. Es konnte durchaus sein, dass derjenige, der den Hund getötet hatte, noch in der Nähe lauerte.
Wer so brutal Tiere umbrachte, der machte auch vor Menschen nicht Halt, das sagte ihr der Verstand.
Der Wald um sie herum schwieg. Er gab keine Antwort und zeigte sich nur in seinem herbstlich gefärbten Kleid. Sie sah die Blätter fallen, die sich zu den anderen gesellten, die auf dem Boden lagen. Sie hörte den Wind, sie nahm den Geruch wahr, der ihr noch intensiver vorkam als sonst. Die Sinne waren einfach zu sehr gespannt.
Plötzlich war ein Schatten da. Sie sah ihn, aber sie hielt ihn mit ihrem Blick nicht fest. Er war einfach zu schnell. Sie hörte ein Rascheln und auch ein Klirren.
Metall gegen Metall?
So musste es gewesen sein. Claudine schaute sich nervös um. Vor dem Wald und dem Alleinsein hatte sie sich nie gefürchtet. In diesem Fall jedoch war alles anders. Die Umgebung kam ihr wie eine gigantische Falle vor, in die ihr Schäferhund Ollie schon hineingetappt war.
Wieder war das Klirren von Metall zu hören. Auch Schrittgeräusche im dichteren Wald. Etwas brach knackend auseinander, und sie schaute in diese Richtung.
Es war für Claudine schwer, etwas zu erkennen. Licht und Schatten hielten sich die Waage. Zwischen den Bäumen hockte das Zwielicht wie ein Gruß aus einer anderen Welt. Es verbarg das Unheimliche.
Ein Schatten!
Plötzlich war er da. In einer Lücke zwischen den Bäumen baute er sich auf und zeigte sich für einen Moment, der ausreichte, um einen menschlichen Umriss auszumachen.
Claudine erstarrte. Sie bekam eine Gänsehaut. Sie dachte an die unbekannte fürchterliche Waffe, die den Hund getötet hatte. Die Vorstellung, dass sie auch gegen sie eingesetzt wurde, ließ sie erschauern.
Leider oder zum Glück war der Unbekannte nicht so deutlich zu erkennen. Er hob sich nur gegen den Hintergrund ab und war gleichzeitig von Schatten umkreist.
Claudine Gatz konnte es nicht mehr aushalten. Sie wunderte sich sowieso darüber, wie ruhig sie geblieben war.
Damit war es vorbei. Der Wille, am Leben zu bleiben, peitschte sie voran. Nach einer blitzschnellen Drehung begann sie zu laufen. Mit langen Schritten hetzte sie davon, um endlich dem düsteren Wald zu entkommen.
Claudine wusste, dass es keine absolute
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