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1188 - Wartesaal zum Jenseits

1188 - Wartesaal zum Jenseits

Titel: 1188 - Wartesaal zum Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gab sie sich selbst. »Trauer und Angst. Nichts anderes ist darin zu sehen. Und du trägst einen Teil der Schuld. Nein, sogar alles kannst du auf deine Kappe nehmen. Du hast eine Heilige entweiht, Tessa, ist dir das eigentlich klar?«
    »Das ist sie nicht!«
    »Doch, doch, doch, das ist sie.« Er sprühte ihr wieder Speichel ins Gesicht. »Sie ist eine Heilige. Deine Mutter ist…«
    Im gleichen Moment verzerrte sich sein Gesicht. Er konnte nicht mehr sprechen. Dafür brüllte er auf.
    Tessa hatte in ihrem Leben noch nie zuvor einen Menschen so laut schreien gehört. Sie wusste auch nicht, ob es menschliche Laute waren, die da aus seinem Mund drangen. Sie glichen schon mehr denen eines Tieres, das unter irrsinnigem Druck stand. Sein Gesicht verlor den menschlichen Ausdruck. Es glich einer dämonischen Fratze, die von einem irrsinnigen Maler gezeichnet worden war.
    Tessa sah auch den Grund.
    Und jetzt glaubte sie durchzudrehen. Die Figur, die er mit der linken Hand umschlossen hielt, hatte plötzlich Feuer gefangen. Sie brannte, und sie verkohlte zugleich. Schwarzer Rauch stieg zitternd gegen die Decke, wo er sich verteilte.
    Der Pfarrer konnte die Figur nicht mehr halten. Er schlenkerte seine linke Hand, bekam den Gegenstand aber nicht los, denn er klebte an der Haut fest, die durch den Druck noch abgerissen wurde. So blieben dann Fetzen von ihr an der Figur hängen, die schließlich rissen, sodass die Figur zu Boden fiel.
    Tessa tat nichts.
    Auch der Geistliche bewegte sich nicht. Er stand breitbeinig, gebückt und leicht nach links gedreht.
    Sein Mund war ebenso wenig geschlossen wie die Augen. Damit glotzte er seine Hand an, die nicht mehr so aussah wie zuvor, denn sie war an der Innenfläche teilweise verbrannt und auch verkohlt.
    Die Haut hing in Fetzen nach unten, die beinahe aussahen wie schwarze Nudeln.
    Plötzlich fing er an zu lachen. Zuerst leise. Es hörte sich an, als würde er dabei permanent nach Luft schnappen. Er lachte dann lauter und warf den Kopf zurück.
    Tessa Tomlin bekam es mit der Angst zu tun. Für sie stand längst fest, dass dieser Mensch nicht mehr mit normalen Maßstäben gemessen werden konnte. Der war krank. Nicht nur körperlich, nein, er war auch seelisch völlig am Ende und hatte vieles von seinem normalen Menschsein verloren.
    Aber er wusste noch, dass Tessa vorhanden war, und er drehte sich ruckartig zu ihr um.
    Tessa hatte von Blicken gehört, die töten können. Und dieser hier zählte dazu.
    »Du hast es gesehen!«, flüsterte er. Allerdings so laut, dass Tessa jedes Wort verstand. »Du hast es gesehen. Du hast alles mitbekommen, und dafür gebe ich dir die Schuld. Schuld und Sühne, so hat es mal ein großer russischer Dichter geschrieben. Du bist die Schuld, und du wirst dafür sühnen…«
    »Was… was wollen Sie?«
    Er lachte und brachte sein Gesicht noch näher an ihres heran. »Dafür werde ich dich jetzt umbringen, Tessa…«
    ***
    Wir hörten das Schaben und Knirschen von Knochen. Es war ein Laut, der sich bei mir zu einem Gefühl umsetzte, das kaum zu beschreiben war. Ich merkte, wie mir kalt wurde und mir eine Gänsehaut über den Körper rieselte, denn in der Stille hatte das Geräusch doppelt so schaurig gewirkt.
    Leider täuschten wir uns nicht. Es war tatsächlich das Skelett, das sich bewegte und nun begann, aus dem Grab ins Freie zu klettern.
    Suko und ich taten nichts. Wir wichen nur etwas zurück, um ihm freie Bahn zu lassen. Was ihn zum Leben erweckt hatte, konnte keiner von uns sagen. Es stellte sich zudem die Frage, ob er tatsächlich normal lebte oder nur durch die Kraft einer anderen Dimension. Normal war es jedenfalls nicht.
    Wir bildeten uns auch nichts ein. Alles, was wir sahen, spielte sich in der Realität ab.
    Um die »Heilige« im Sarg kümmerte sich das Skelett nicht. Es hatte seine knöchernen Arme in die Höhe gestreckt und umfasste mit den ebenfalls haut- und fleischlosen Fingern den Rand des Grabs.
    Es wollte dort Halt finden, um sich in die Höhe ziehen zu können. Wieder drang das Schaben oder Knirschen der Knochen an unsere Ohren, aber diesmal ignorierten wir es.
    Der Knöcherne stieg aus dem Grab. Er ließ sich auch durch uns nicht aufhalten. So schauten wir gebannt zu, wie sich der bleiche Schädel ebenfalls über den Rand hinwegschob. Ein Bein wurde angewinkelt. Der Knöcherne stemmte sich ab und kroch geduckt über den Rand des Grabs hinweg endgültig ins Freie.
    Suko und ich waren die einzigen Zeugen dieser Szene. Andere Menschen

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