1189 - Hexen-Wahrheit
ihr.
»Ich sehe nichts.«
»Aber wir haben uns nicht geirrt.«
»Stimmt. Es kann allerdings auch irgendwo etwas umgefallen sein.«
Beide glaubten nach den Ereignissen der vergangenen Nacht nicht daran. Lady Sarah ging hinter Jane her.
Der Flur hinter der Eingangstür lag leer vor ihnen. Hier war also nichts passiert. Sie gingen weiter und bemühten sich, so leise wie möglich zu sein.
Am Fuß der Treppe blieb Jane stehen und spähte die Stufen hoch. Beinahe war sie enttäuscht darüber, dass sie nichts zu sehen bekam. Die Stufen lagen normal vor ihnen. Oben in der ersten Etage war es heller. Durch das Außenfenster dort fiel genügend Licht, um auf dem Podest eine fahle Insel zu schaffen.
»Vielleicht war es doch nicht die Treppe«, flüsterte die Horror-Oma. »Wir sollten mal oben nachschauen.«
»Wie du willst.«
Jane wusste, dass Sarah ihr folgen würde. Deshalb machte sie erst gar nicht den Versuch, die Frau zurückzuhalten. Schritt für Schritt überwand sie die Stufen. Je höher sie kam, umso stärker setzte sich der Eindruck in ihr fest, dass sie sich einem Ereignis näherten, für das sie noch keine Erklärung hatte. Es war vorhanden, das wusste sie genau, doch fassen konnte sie es nicht.
Auf der Hälfte der Treppe blieb sie stehen und drehte den Kopf. Lady Sarah schaute zu ihr hoch.
»Hast du Probleme, Jane.«
»Nein, nicht direkt. Aber ich werde den Eindruck nicht los, dass wir uns etwas nähern, das zwar vorhanden, aber für uns nicht sichtbar ist. Ähnlich wie bei meinen Gefühlen in den vergangenen Tagen. Mehr kann ich dir dazu auch nicht sagen.«
»Dann ist Gunhilla da?«, fragte Sarah Goldwyn.
»Ich glaube schon.«
»Sie wird sich zeigen.«
Jane ging weiter. Sie wusste nicht, ob sie sich das wünschen sollte oder nicht. Es war ihr nicht möglich, diese Gunhilla einzuschätzen. Sie konnte gefährlich sein, das ließ Jane nicht außer Acht. Mit Geistern war nicht zu spaßen, denn man wusste nie, wie sie plötzlich reagierten. Sie waren unberechenbar.
Jane erreichte die erste Etage. Dort lag ihr Zimmer, und sie sah, dass die Tür offen stand.
Sarah bemerkte das Erschrecken in Janes Gesicht. »Was ist los mit dir?«
»Ich hatte meine Tür geschlossen.«
»Und ich habe sie nicht geöffnet.«
»Dann war sie hier.«
Mehr brauchte Jane nicht zu sagen.
Beide Frauen wussten, was es zu bedeuten hatte.
Obwohl Lady Sarah eine forsche Person war, blieb sie in diesem Fall zurück und ließ der Jüngeren den Vortritt. Niemand konnte wissen, in welch einer Gestalt sich diese Person zeigen würde, von der sie nur den Vornamen Gunhilla wussten.
Schon nach dem ersten Schritt spürte Jane die Veränderung. Nicht äußerlich, sondern an sich selbst.
Es war kälter geworden. Für Jane ein Omen, dass sich etwas Fremdes in der Nähe aufhielt.
Dennoch spürte sie den Schweiß auf der Stirn, als sie direkt an der Tür war. Wer immer das Zimmer auch betreten hatte, er hatte die Tür nicht ganz geschlossen, und so konnte die Detektivin durch den Spalt in das Innere schauen.
Zu sehen war nichts. Aber sie hörte etwas. Geräusche, die mit einem Klopfen nichts mehr gemein hatten. Jetzt drang ein schweres Stöhnen und Ächzen an ihre Ohren. Es klang so, als wäre jemand dabei, unter einer schlimmen Folter zu leiden.
Auch Lady Sarah hatte das Geräusch gehört. Sie trat näher an Jane heran. Flüsternd fragte sie: »Was ist das?«
»Weiß nicht.«
Das Stöhnen blieb. Es klang so schlimm, dass beide Frauen eine Gänsehaut bekamen. Wer diese Laute abgab, der hatte unheimlich zu leiden, das stand fest.
Jane Collins traute sich noch nicht, das Zimmer zu betreten. Sie wollte erst einen Blick hineinwerfen und es von einem Ende bis zum anderen sehen.
Vorsichtig zog sie die Tür auf. Sie war beinahe enttäuscht, dass sie nichts zu sehen bekam. Nur einige Bücher waren aus dem Regal gefallen. Sie bezweifelte, dass sich diese von allein gelöst hatten, da musste irgendeine Kraft nachgeholfen haben, und die hielt sich noch zwischen den Wänden auf, denn die Kälte war nicht verschwunden.
Auch Lady Sarah spürte sie jetzt, denn sie hatte sich dicht hinter Jane gestellt.
»Das war ihr Geist«, flüsterte die Horror-Oma. »Das muss Gunhilla gewesen sein.«
»Sie ist noch anwesend.«
Nach diesen Worten betrat Jane den Raum. Es brachte ja nichts, wenn sie noch länger an der Tür stehen blieb und darauf wartete, dass etwas passierte.
In das Zimmer und in die Kälte. Es war keine, die sie frieren ließ, die
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