1189 - Hexen-Wahrheit
bewusst.«
»Cobani ist tot.«
»Ja, Inspector, er ist tot. Sie glauben gar nicht, wie ich das bedauere. Er war ein guter Mann. Und ich habe mit seinem Tod nichts zu tun, das habe ich Ihren Kollegen schon gesagt.«
»Wissen wir«, erklärte ich.
»Na dann…«
»Wir waren dabei.«
»Hä? Wieso?«
»Wir haben gesehen, wie er sich in den Mund schoss. Zahlreiche Zeugen waren ebenfalls vorhanden. Es hat ihm nichts ausgemacht, den Revolver hervorzuholen und sich zu erschießen. Er wusste bestimmt nicht, dass wir Polizisten waren. Aber wir müssen uns die Frage stellen, warum er das getan hat.«
Der Mafioso nahm ein hohes Glas in die Hand und schlürfte daraus seinen Drink. Es war irgendein helles Zeug, das nach Zitrone oder Limette roch.
»Nun?«
»Keine Ahnung.« Tristano ballte eine Hand zur Faust und schlug damit auf die Theke. »Und wenn ihr mich foltert, verflucht, ich weiß es einfach nicht!«
»Sie können sich auch keinen Grund vorstellen?«
»Nein.«
»Das wiederum glauben wir nicht«, erklärte Suko.
Mit diesen Worten hatte er Tristano auf dem falschen Bein erwischt. »He, was soll das? Wollt ihr mir jetzt was in die Schuhe schieben, um endlich an mich heranzukommen? Bohrt ihr? Sucht ihr? Wollt ihr irgendwas finden?«
»Die Wahrheit.«
»Aber nicht bei mir, verdammt! Ich weiß doch nicht, weshalb sich Gino selbst gekillt hat!«
»Könnte er Probleme gehabt haben?«, erkundigte ich mich in aller Ruhe.
»Wieso?«
»Das müssen Sie doch wissen.«
»Nein, nicht im Job.«
»Und privat?«, fragte Suko.
Tizian Tristano zündete sich eine Zigarette an. Er schaute dabei in den Spiegel hinter der Bar. Es war ruhig geworden. Nur das Plätschern des Wassers war zu hören, in dem sich die Blonde tummelte. Im Spiegel konnten wir sie sehen und auch erkennen, dass sie keine echte Blondine war.
Der Mafioso paffte gegen den Spiegel. Er schaute dabei den Rauchwolken nach, als könnte er dank ihrer Bewegungen bestimmte Antworten im Spiegel erkennen. Wir ließen ihm Zeit, denn wir glaubten beide nicht, dass die Nachdenklichkeit nur gespielt war. Der Mann dachte schon über ein Problem nach.
Erst als der Glimmstängel zur Hälfte aufgeraucht war, fing er wieder an zu sprechen. »Gino war ein guter Mann, ehrlich. Ich habe ihm vertraut. Das kann ich nicht mit jedem Mitarbeiter durchziehen, aber bei Gino war alles klar. Dem Begriff Familie fühle ich mich auch irgendwie verpflichtet. Ich habe ihn noch herübergerettet. Es bedeutet auch für mich eine gewisse Kontrolle, wenn ihr versteht, was ich damit meine.«
»Ist schon klar«, sagte ich, und das war nicht gelogen, denn Typen wie Tristano kontrollierten ihre Leute schon, denn die Angst vor dem Verrat war immer vorhanden.
»Bei Gino Cobani brauchte ich das nicht.«
»Ach«, sagte ich nur.
Tristano drehte sich um. Er drückte dann die Kippe aus und starrte mich an. »Nein, das brauchte ich wirklich nicht. Ich konnte mich auf ihn verlassen. Er hatte freie Bahn.«
»Meinen Sie damit die Freizeit?«, fragte Suko.
»Genau.«
»Aber Sie wissen, wie er sie ausgefüllt hat?«
»Haha!« Tizian lachte. »Ja oder nein. Ich weiß es nicht genau, aber er hatte ein Hobby.«
»Gut.«
»Weiß nicht, ob das gut ist, Sinclair. Aber davon mal abgesehen, jetzt kommen Sie ins Spiel.«
»Aufgrund des Hobbys?«
»Ja, deshalb.«
»Warum?«
»Es war seltsam. Gino fühlte sich in seiner Freizeit zu irgendwelchen okkulten Dingen hingezogen. Er sah die Welt so, wie sie ist, das aber nur, wenn er arbeitete. Ansonsten gab es für ihn noch ein zweites Leben.«
»Welches denn?« unterbrach ich ihn.
Tristano leerte sein Glas und zuckte mit den Schultern. Im Hintergrund stieg die Blonde aus dem Pool und hüllte sich in ihren Bademantel. Der Mafioso nahm es nicht zur Kenntnis. »Ein Leben, das man nicht sieht«, erklärte er.
»Ist schwer zu glauben«, sagte ich.
»Klar. Manchmal haben wir darüber gesprochen. Gino hat eben an Geister geglaubt.«
»Das tun viele«, sagte ich.
»Er war davon überzeugt. Ich weiß das.« Tristano schüttelte den Kopf. »Er hat sich so danach gesehnt, einem Geist zu begegnen. Das könnt ihr euch nicht vorstellen…«
»Und?« fragte Suko. »Hat er es geschafft?«
Der Mafioso hob die Schultern. »Genau das ist eben die Frage aller Fragen. Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung, ob er es geschafft hat. Kann, muss aber nicht sein.«
»Wie sah das denn mit seiner Geisterseherei aus? Können Sie uns das genauer beschreiben?«
»Nein, ich war
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