1199 - In den Klauen des Ghouls
sich zwischen Couch und Tischkante vorbei, um aus dieser Ecke herauszukommen, in der sie sich eingeklemmt fühlte.
Betty blieb sitzen, drehte nur den Kopf und verfolgte Glendas Weg. So konnte sie ihre Besucherin nicht aufhalten. Erst als Glenda ihr den Rücken zudrehte, stand auch sie auf und folgte ihr. Glenda hörte die Schritte, die sich so schleichend über den alten Filz bewegten, hinter ihrem Rücken.
So rasch wie möglich verließ Glenda den Raum. Das Haus kam ihr immer mehr wie ein Gefängnis vor, in dem das Grauen wohnte.
Ihr war auch klar, dass sie sich mit offenen Augen in eine Falle begeben hatte, die dann von allen Seiten zugeschnappt war. Damit musste sie leben, und sie wollte ihr entkommen.
An der offenen Tür wartete Betty Brown ab und verfolgte Glenda mit ihrem Blick. Sie sah, dass sie die Tür erreichte, nach der Klinke griff, um diese zu öffnen.
Sie schaffte es nicht!
Wieder schoss Glenda das Blut in den Kopf. Sie machte sich Vorwürfe. Sie hätte besser aufpassen müssen. So aber war es Betty gelungen, die Tür heimlich abzuschließen.
Für einen Moment blieb Glenda stehen. Dann drehte sie sich um und atmete zugleich tief ein, wobei sie versuchte, Ruhe zu bekommen, was ihr nicht gelang.
Sehr langsam drehte sich Glenda um. Wenn sie aus dem Haus herauskommen wollte, dann nur über Betty Brown. Sie besaß den Schlüssel, und Glenda wusste auch, dass sie ihn freiwillig nicht hergeben würde. Es gab nur den Weg über die Gewalt.
So hatte sie sich den Verlauf der Mittagspause nicht vorgestellt. Sie steckte plötzlich tief in der Klemme.
»Den Schlüssel bitte.«
»Nein, Glenda, den behalte ich. Vergiss nicht, dass es mein Haus ist. Ich bestimme, wer kommt, wer bleibt und wer geht, niemand sonst, verstanden?«
»Sie sollten es nicht auf die Spitze treiben, Mrs. Brown!«
Die Drohung in den Worten war nicht zu überhören gewesen, doch jemand wie Betty Brown achtete nicht darauf. Sie schaute Glenda nicht mal an. Den Kopf hatte sie leicht nach links gedreht. Sie schaute zur engen Treppe hin, und auch mit der Spitze des ausgestreckten Zeigefingers wies sie schräg in die Höhe.
»Was soll das?«
»Er ist unterwegs!«
Glenda sah das triumphierende Lächeln auf den Lippen der Frau und brauchte die nächste Frage nicht erst zu stellen. Sie wusste genau, dass nur Elmar gemeint sein konnte.
»Wo ist er?«
»Warte es ab. Du wirst ihm gefallen. Ich bin sicher, dass du ihm gefallen wirst. Er liebt das Fleisch der schönen Frauen. Er wird Spaß mit dir haben.«
Glenda rann es kalt den Rücken hinab. Betty Brown hatte den Begriff Ghoul nicht einmal erwähnt.
Die indirekte Beschreibung hatte Glenda ausgereicht. Sie wusste jetzt Bescheid, und sie bekam einen erneuten Beweis durch den Geruch.
Er war wieder intensiver geworden. Eklig, einfach widerlich und nicht zu atmen.
Er wehte ihr aus einer bestimmten Richtung entgegen. Glenda brauchte sich nicht zu drehen, nur den Kopf etwas zur Seite drücken, um die Treppe zu sehen.
Von dort kam er.
Das heißt, noch roch sie nur die Wolke. Wäre sie sichtbar gewesen, Glenda hätte sie wie einen Nebel gesehen, der über die Stufen hinweg nach unten trieb.
So hörte sie nur ein Geräusch.
Ob es für einen Ghoul typisch war, wusste sie auch nicht. Noch in der ersten Etage bewegten sich Füße über den Boden, und jeder Tritt hörte sich irgendwie breit an. Als wären die Füße dabei, eine gewisse Fläche einzunehmen.
»Schau ruhig hin, Glenda…«
Auch Betty hielt sich nur mühsam unter Kontrolle. Am liebsten hätte sie ihren Triumph hinausgeschrieen, aber sie wollte nichts übertreiben, es war ihr nicht mehr möglich, still auf der Stelle stehen zu bleiben. Sie trat von einem Fuß auf den anderen, und in ihren Augen leuchtete es auf. Die Vorfreude war einfach nicht zu übersehen.
Dann wurde er sichtbar!
Glenda dachte wieder an den Albtraum, der für sie zu einer Realität geworden war. Ihr schwindelte sogar leicht, denn was ihr da von der Treppe her entgegenkam, war ungeheuerlich…
***
»He, aufwachen, Alter!«
Ich hörte Sukos Ruf und spürte seine Hand, die mich an der Schulter festhielt und schüttelte.
Ich riss die Augen auf. Im ersten Moment wusste ich nicht, wo ich war. Ich hatte tatsächlich tief und fest geschlafen und war ein lebendes Beispiel dafür, dass der Büroschlaf noch immer der Beste von allen ist.
Nur langsam fand ich mich zurecht. Ich sah die Konturen meiner Umgebung, erkannte, dass ich mich im Büro befand und spürte die
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