1199 - In den Klauen des Ghouls
Glenda. Ich merke das genau. Ich weiß Bescheid. Zwar kann ich einem Menschen nicht bis auf den Grund der Seele schauen, aber weit entfernt auch nicht. Mir kann man so leicht nichts vormachen. Sie sind hinter mir hergegangen, weil Sie mehr über mich wissen wollten. Ist ja auch nicht schlimm, Glenda, wirklich nicht.«
»Da reimen Sie sich einiges zusammen«, sagte Glenda, ohne richtig überzeugend zu wirken.
»Das glaube ich nicht, meine Teure. Sie hatten einen besonderen Grund, sich nach mir zu erkundigen. Können wir uns wenigstens darauf einigen?«
Glenda ärgerte sich schwarz. Sie sah keine Möglichkeit, aus der Klemme herauszukommen. Betty hatte sie durchschaut, und sie musste sich jetzt etwas einfallen lassen.
»Nun?«
Glenda trank Kaffee. Das gab ihr eine Pause. Was sollte sie dieser Person sagen, der es nichts ausmachte, in einem mit Modergeruch erfüllten Haus zu leben? Was würde sie als die Wahrheit akzeptieren und was nicht?
Glenda bekam ihre Probleme. Bevor ihr etwas Akzeptables einfiel, hörte sie Betty eine Frage stellen.
»Oder haben Sie sich über meine Hose gewundert, die ich zum Reinigen brachte?«
Wieder konnte es Glenda nicht verhindern, dass sie einen roten Kopf bekam. Diese Frage hatte zielgenau ins Schwärze getroffen, und Glenda schloss für einen Moment die Augen. Sie merkte, dass etwas Kaltes über ihren Rücken glitt, und wieder brannte der Blick dieser Frau auf ihrem Gesicht.
»Habe ich Recht?«
Glenda nickte.
»Ah, die Hose also.«
»Bitte, ich…«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ist menschlich, was Sie getan haben. Die Hose ist auch ungewöhnlich. Aber sie muss hin und wieder gereinigt werden.«
»Nun ja, das ist so üblich.«
Betty Brown lachte über den Tisch hinweg. »Was hat Sie denn besonders an der Hose gestört?«
»Nun ja, ich meine…«
»Bitte, Glenda. Die Wahrheit. Keine lange Sucherei nach irgendwelchen Ausreden.«
»Der Geruch!« Es war Glenda herausgeplatzt, und sie ärgerte sich darüber, kaum dass die Worte gesprochen worden waren. Sie ärgerte sich auch, weil sie nicht gegen diese Person ankam. Betty Brown war zu dominant. Sie beherrschte dieses Haus. Ohne sie hätte Glenda es sich gar nicht vorstellen können.
»Ah - der Geruch?« dehnte Betty. »Das ist interessant. Klar, es gibt ihn nicht oft.«
»Das meine ich auch.«
»Was haben Sie sich denn dabei gedacht? Was kam Ihnen in den Sinn, als Sie ihn rochen? Sie müssen schon ziemlich aufgeputscht gewesen sein, dass Sie Ihre Pläne änderten und nicht ins Büro gingen, sondern mir nachschlichen.«
»So ist das auch nicht.«
»Keine Ausrede.« Der harte Tonfall änderte sich nach den nächsten Worten. »Es ist auch nicht weiter schlimm, Glenda, glauben Sie mir. Es ist sogar ausgezeichnet. Ich freue mich. Ja, ich kann Ihnen sagen, dass ich mich freue. Ich habe es immer gern, wenn ich Besuch bekomme. Es ist nicht gut, so lange allein im Haus zu hocken, auch wenn ich mal zu Dorsey gehe.«
»Sie wohnen allein?«
»Sehen Sie noch jemanden?«
»Nein, das nicht, aber…«
Das scharfe Lachen unterbrach Glenda. »Ja, ich weiß sehr genau, was Sie meinen. Sie denken an die Hose, die ich zur Reinigung gebracht habe.« Ihr Gesicht zeigte einen schlauen Ausdruck. »Da kommt so einiges zusammen, sage ich Ihnen. Sie haben die Hose gesehen, Glenda. Ich trage sie nicht. Nein, auf keinen Fall. Wie sollte sie mir auch passen? Aber ich musste Sie reinigen lassen. Für Elmar, verstehen Sie?«
»Nein!«
»Sie kennen Elmar nicht?«
Glenda hob die Schultern. Sie war jetzt hellwach, weil sie ahnte, dass sie sich dem eigentlichen Thema näherten, und das war alles andere als spaßig.
»Ich mag Elmar«, sagte Betty.
»Wer ist es?«
»Mein Goldstück.«
»Bitte…?«
»Haben Sie denn keinen, den Sie lieben, Glenda?«
Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Deshalb gab sie eine ausweichende Antwort. »Liebe ist ein großes Wort. Im Prinzip hat jeder Mensch einen, den er liebt. Mir ergeht es da nicht anders. Auch wenn ich nicht verheiratet bin…«
»Das braucht man auch nicht zu sein«, sagte Betty und griff zu den Zigaretten. Sie zündete sich den Glimmstängel etwas umständlich an und kam auf das Thema zu sprechen. »Bei mir gibt es jemand, den ich liebe. Und das ist Elmar.«
Wieder war dieser Name gefallen. Er schwebte wie ein Geist über allem. Und Glenda war neugierig geworden, sodass sie nachfragte. »Elmar ist das Ihr Mann?«
»Nein, Glenda, das ist mein Sohn!« Sie kicherte
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