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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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würde mir nicht anmaßen wollen, Ihnen zu sagen, was Sie zu tun haben.«
    »Aber?«, erkundigte Ellis sich misstrauisch.
    »Aber wenn es darauf hinausläuft, Dr. Shields auszuschalten, würde ich Carl Sims das Schießen überlassen.«
    »Aus großer Entfernung, meinen Sie.«
    »Ja, Sir. Ich habe diesen Jungen schießen sehen. Er ist genauso gut wie die Scharfschützen vom Secret Service. Er könnte Shields ohne jeden Kollateralschaden erledigen, selbst wenn der Mann seine Tochter in den Armen hält.«
    »Er könnte «, sagte Ellis. »Aber würde er auch?«
    Danny wand sich innerlich. Vor sechs Monaten hatte Sheriff Ellis Carl den Befehl erteilt, einen jungen Schwarzen zu erschießen, der bei einem Bankraub eine Geisel genommen hatte. Es war ein klarer Tötungsbefehl gewesen, der auszuführen war, sobald Sims freies Schussfeld hatte. Doch Carl hatte den Befehl anders interpretiert und stattdessen mit seinem Schuss dieWaffenhand des Bankräubers zerschmettert. Danny hatte gehört, dass der Sheriff deswegen fast einen Herzanfall erlitten hatte. Lediglich das Lob in den Medien für seine »Zurückhaltung« hatte Carl Sims den Job gerettet. Statt seiner Entlassungspapiere hatte Carl einen Orden erhalten – der ihm wahrscheinlich nicht viel bedeutete nach dem Berg an Orden, den er in seiner Zeit beim Marine Corps angehäuft hatte.
    Es ist immer nur die verdammte Politik, dachte Danny. Sogar dann, wenn es um Leben und Tod geht.
    Er hätte Ellis am liebsten angebettelt, das FBI in Jackson wenigstens um Rat zu fragen, doch er wusste, dass der Sheriff diesen Gedanken instinktiv zurückweisen würde. Warum? Weil das FBI in drei Stunden ein Sondereinsatzkommando vor dem Haus der Shields haben konnte. Mit einem Helikopter konnten sie sogar in zwei Stunden vor Ort sein. Und im Gegensatz zum Sheriff’s Department gab es beim FBI genaue Verfahrensvorschriften für Geiselnahmen, verfasst vor dem Hintergrund der Ereignisse in Waco und Ruby Ridge. Das FBI würde das Haus der Shields nur als allerletzte Möglichkeit stürmen, nachdem sämtliche anderen Mittel ausgeschöpft waren. Billy Ray Ellis interessierte ein solch behutsames Vorgehen nicht. Er würde die Verantwortung für einen Fall wie diesen nicht an eine Bundesbehörde übergeben, nicht in seinem County – höchstens auf einen schriftlichen Befehl des Gouverneurs hin. Manche mochten das Einspringen der Bundesbehörden als die ultimative Entlastung betrachten, als ideale Möglichkeit, sich den Rücken freizuhalten, doch ehemalige Footballstars wie Ellis dachten nun mal nicht so.
    »Ist das wirklich Vollgas, Danny?«, fragte Ellis gereizt.
    »Ja. Wir sind bei der VNE angelangt.«
    »Der was?«
    Danny deutete auf ein kleines Rundinstrument vor dem Sheriff. »Velocity never exceeded. Wir schaffen nicht einen einzigen Knoten mehr, ohne dass uns die Maschine um die Ohren fliegt.«
    »Oh! Bleiben Sie bei diesem Tempo, klar?«
    Während der Sheriff nach draußen auf die immer dunkleren Wolken starrte, überprüfte Danny verstohlen sein Handy.
    Es gab keine neuen SMS-Nachrichten.
    Langsam kehrte Carl Sims zur Vorderseite des Shields-Grundstücks zurück. Er bewegte sich von Baum zu Baum, während er die Deckung einer jeden Position abschätzte. Scharfschützen hassten freie Flächen und taten fast alles, um sie zu meiden. Zwölf Minuten, nachdem Carl losgezogen war, kehrte er zu der Baumgruppe zurück, hinter der halb versteckt der Wohnwagen stand, der als taktischer Kommandoposten der TRU diente.
    Er musste dringend pinkeln. Die geeignetste Stelle war ein schmaler Raum zwischen der Rückseite des Wohnwagens und den Bäumen. Carl lehnte sein Scharfschützengewehr gegen eine Pinie, öffnete seinen Reißverschluss und urinierte gegen den nächsten Baum. Er hatte diese Angewohnheit als Knabe entwickelt und im Irak verfeinert. Gegen einen Baum oder eine Hauswand zu pinkeln war, wenn man es richtig anstellte, ein fast lautloser Vorgang, und das hatte ihm in Bagdad wahrscheinlich einmal das Leben gerettet. Er war halb fertig, als er Stimmengemurmel hörte. Rasch entdeckte er den Ursprung in einem kleinen, mit Fliegengitter versehenen Fenster an der Rückseite des Wohnwagens. Er zog seinen Reißverschluss hoch, schlich zu der Öffnung und spähte aus schrägem Winkel ins Innere.
    Ray und Trace Breen saßen über einem Resopaltisch und steckten die Köpfe zusammen. Sie rauchten Zigaretten, während sie sich leise unterhielten. Vor ihnen auf dem Tisch lag eine topographische Karte der

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