12 Stunden Angst
ich sonst noch tun kann. Ich habe dich nicht betrogen. Du bildest dir alles nur ein.«
»Und das hier?«, brüllte er und packte ein Bündel Inhaberschuldverschreibungen. »Bilde ich mir das vielleicht auch nur ein?«
»Ich weiß nicht, wie diese Papiere in unser Haus kommen«, sagte sie mit Nachdruck. »Aber ich habe kein Verhältnis mit Kyle Auster. Wenn du willst, kannst du mich an einen Lügendetektor anschließen.«
Warren starrte auf die Papiere, ohne Laurel zu beachten.
»Denk nach!«, drängte sie ihn. »Wer könnte dir verraten haben, wo du diese Unterlagen findest, wenn nicht die Person, die sie versteckt hat?«
»Vielleicht ist es das«, sagte er langsam. »Vielleicht hat Auster dich fallen lassen, und du hast dich an ihm gerächt, indem du sein Geld behalten hast. Und jetzt versucht er, es dir heimzuzahlen.«
»Das ist doch verrückt!«, begehrte sie heftig auf, und wieder straffte das Kabel sich um ihren Hals. »Überleg doch nur, welches Risiko er eingegangen wäre. Und das Geld würde er auf diese Weise nie zurückbekommen!«
»Dann steckt vielleicht seine Frau dahinter. Vielleicht hat sie mir die E-Mail geschrieben. Sie hat einen triftigen Grund, es ihm heimzuzahlen.«
»Glaubst du ernsthaft, Auster würde seiner Frau verraten, dass er Geld versteckt hat? Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Ich weiß es nicht. Aber ich schätze, du weißt es.«
»Ich kann auch nur raten, Herrgott noch mal! Genau wie du. Mich interessieren nur unsere Kinder, alles andere ist mir egal. Und die Kinder werden bald merken, dass etwas nicht stimmt … wenn es nicht längst schon geschehen ist.«
Warren bedachte sie mit dem gleichen merkwürdigen Lächelnwie zuvor. »Du vertraust unseren Kindern nicht genug. Es geht ihnen gut. Was immer ich ihnen erzähle, sie glauben mir. Sie vertrauen mir, Laurel. Sie wissen, wer sie beschützt.«
Sie wissen, wer sich um sie kümmert, erwiderte sie stumm. »Du hast nur in einer Sache recht, Warren. Etwas Schlimmes geht um dich herum vor. Aber du irrst dich, wenn du glaubst, ich hätte damit zu tun. Überleg doch nur, wie Auster am Telefon reagiert hat. Ich habe ihm einen Blowjob angeboten, und er hat Nein gesagt. Klingt das etwa nach Kyle Auster?«
Warren nahm die rote Kladde zur Hand. Er schien ein Loch in den Umschlag starren zu wollen.
»Du musst für einen Moment vergessen, wer mit wem vögelt, und Auster fragen, was es mit diesem finanziellen Kram auf sich hat, bevor wirklich etwas Schlimmes passiert.«
Von oben kam ein dumpfer Schlag. Dann ein zweiter. Die Kinder waren also noch in ihrem Zimmer.
»Vielleicht tue ich das«, sagte Warren und starrte auf das andere Telefon. »Vielleicht tue ich das wirklich.«
Auster trank schon wieder Diaka aus der Flasche, als seine Bürotür geöffnet wurde und Vida auf die gleiche Art und Weise hereingerauscht kam wie seine Mutter, wenn er als Junge etwas angestellt hatte. Sie schloss hinter sich die Tür, baute sich vor seinem Schreibtisch auf und musterte ihn mit einem so strengen Blick, dass ihm sämtliche flinkzüngigen Schmeicheleien auf der Stelle vergingen.
»Bist du betrunken?«, fragte sie.
»Vida … wir stecken in Schwierigkeiten. In großen Schwierigkeiten.«
Ihr Gesichtsausdruck änderte sich nicht. »Und das hast du gerade erst herausgefunden, Sherlock?«
Auster musterte die wasserstoffblonde Harpyie, die mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihm stand, und fragte sich, wie es jemals so weit hatte kommen können, dass er sich mit ihr eingelassen hatte. Er konnte ihren Anblick kaum noch ertragen,geschweige denn, ihr das geben, was sie in den Stunden nach Feierabend von ihm wollte. Schlimmer noch – er spürte, dass es nicht einmal der Sex war, den sie wollte. Er war bloß ein Werkzeug für sie, mit dem sie sich vor einer Welt schützen wollte, die es niemals gut mit ihr gemeint hatte.
»Was ist jetzt schon wieder passiert?«, wollte sie von ihm wissen.
»Ich hatte einen Anruf, als du weg warst.«
»Von wem? Schon wieder dieser Biegler?«
»Nein. Evans. Aus der Hauptstadt.«
»Und?«
Auster stieß laut die Luft aus. »Er sagte, Paul Biegler wäre auf dem Weg von Jackson nach hier, um die Praxis zu schließen. Jetzt, in diesem Moment, während wir miteinander reden.«
Vidas aufgesetzte Pose geriet ins Wanken. Der Schock ließ sie sekundenlang die bemalten Augenlider aufreißen, bevor ihre Miene wieder hart wurde.
»Lass mich raten. Als du Biegler am Telefon hattest, bist du auf die Hinterbeine
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