12 Stunden Angst
hat … die Sache riecht ebenfalls faul. Ich weiß nicht, was es ist, aber ich weiß, dass Warren Shields ganz sicher nicht mit den Behörden zusammenarbeiten wird. Er hasst die Regierung. Und in seinen Augen steht für ihn mehr auf dem Spiel als für jeden von uns.«
»Okay«, sagte Auster und beruhigte sich ein wenig. »Aber wenn er zu Hause ist, kann ich unmöglich bei ihm reinspazieren, in seinen Sicherheitsraum gehen und das ganze Zeug rauskarren. Er würde ausrasten.«
»Scheiß drauf! Es geht um Leben und Tod, Kyle. Wenn es sein muss, benutz deinen Schlüssel, um reinzukommen und den Kram zu holen. Du kennst den Kode. Was immer Warren sagt oder tut, es spielt keine Rolle. Schaff diesen Dreck aus seinem Haus. Sag ihm meinetwegen, das FBI hätte ihm das Zeug untergejubelt. Oder ignoriere ihn einfach. Shields wird dich bestimmt nicht schlagen. Er ist nicht der Typ – es sei denn, du hast seine Frau gevögelt oder etwas in der Art …« Vida erstarrte, und ihreBlicke bohrten sich in Austers Augen. »Das hast du doch nicht, oder?«
»Zum Teufel, nein!«
Sie erwiderte seinen Blick ohne das leiseste Anzeichen von Vertrauen. »Wahrscheinlich nur deswegen nicht, weil sie dich nicht mal mit drei Paar Handschuhen übereinander anrühren würde!«
Das glaubst du auch nur. »Du kennst Laurel. Du weißt selbst, wie sie ist.«
Vida kicherte. »Ja, ich kenne sie. Sie hat viel zu viel Klasse für einen wie dich.«
Er war überrascht, wie sehr ihn diese Behauptung traf. »Was wirst du tun, während ich bei Shields bin?«
Vida setzte sich auf die Schreibtischkante und blickte ihn an, ein merkwürdiges Funkeln in den Augen. »Ich werde die Praxis abfackeln.«
Entsetzen durchzuckte ihn. » Was? Du willst …?«
»Du hast es gehört. Es ist die einzige Möglichkeit, Kyle. Und wir haben nur noch ein paar Minuten. Biegler und seine Leute sind wahrscheinlich in anderthalb Stunden hier.«
Auster spürte Übelkeit in sich aufsteigen. »Aber …«
»Kein Aber, Kyle. Wahrscheinlich lassen sie die Praxis bereits überwachen, um sicherzugehen, dass wir keine Akten und keine Computer von hier wegschaffen.«
»Sie werden mir folgen, wenn ich von hier wegfahre.«
Vida nickte. »Ganz sicher – wenn sie dich erkennen, heißt das.«
»Warum sollten sie nicht?«
Sie grinste. »Warte hier.«
Sechzig Sekunden später kehrte sie mit einer fadenscheinigen Hose, einem billigen Arbeitshemd und einer grünen John-Deere-Schirmmütze in Austers Büro zurück.
»Woher hast du das?«, fragte er.
»Von Mr. Chaney. Er liegt auf dem Röntgentisch. Ich glaube, er macht ein gutes Geschäft dabei. Deine Hose und dein Hemd kosten wahrscheinlich dreihundert Mäuse.« Sie warf Auster dieSachen in den Schoß. »Diese Lumpen würde wahrscheinlich sogar die Altkleidersammlung liegen lassen.«
Aus seinem Schoß stieg starker Körpergeruch auf. »Das Zeug stinkt!«
»Das Leben ist hart. Los, zieh dich um, Doc!«
»Fahre ich mit dem eigenen Wagen?«
»Wo denkst du hin, Holzkopf?« Vida kramte in ihrer Jeans und klimperte mit einem Schlüsselbund. »Mr. Chaney fährt einen schwarzen Chevy Pick-up. Er steht auf dem Parkplatz vor dem Haus. Wenn wir Glück haben, beobachten Bieglers Leute nur deinen Jaguar auf dem Parkplatz für die Bediensteten. Na los, zieh dich endlich um!«
Zögernd wand Auster sich aus seinem butterweichen Charles-Tyrwhitt-Anzug und dem teuren Seidenhemd und faltete alles sorgfältig auf dem Schreibtisch zusammen. Dann nahm er das fleckige Arbeitshemd und steckte einen Arm hinein. Er rümpfte die Nase. »Igitt!«, stieß er hervor. »Gibt es wirklich keine andere Möglichkeit?«
Vida bedachte ihn mit einem eisigen Blick aus stahlblauen Augen. »Davon solltest du lieber ausgehen.«
»Wag es ja nicht, Chaney die Schlüssel von meinem Jaguar zu geben.«
»Vergiss deinen Jaguar, und vergiss dein Handy. Benutz es nur, wenn ich es dir sage, klar? Das ist auch der Grund, weshalb ich vorhin deinen Anruf nicht beantwortet habe.«
Austers Verstand füllte sich mit Bildern seiner brennenden Praxis. Eine schwarze Rauchsäule lockte sämtliche Ärzte und Krankenpfleger aus dem fünf Gehminuten entfernten Krankenhaus auf die Straße.
»Ich will dir eins sagen, Junge«, sagte Vida. »Wenn das hier vorbei ist, bist du mir was schuldig. Für lange, lange Zeit.«
Auster nickte kapitulierend, doch er wusste, dass Vida ihn durchschaute. Ihr Vater war ein krankhafter Lügner gewesen, und sie betrachtete alle Männer dieser Welt als
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