12 - Tod Bei Vollmond
Síoda?«
Auf der Stelle verfinsterte sich das Gesicht des Jungen.
»Woher weißt du das?« fragte er trotzig. »Hat Gobnuid die Geschichte zum besten gegeben …«
»Ich habe von deinen Freunden gehört, daß du etwas Kostbares entdeckt hast«, sagte Fidelma.
»Ich dachte, es sei Gold«, erwiderte der Junge, und seine Augen wurden wieder traurig. »Gobnuid meinte, es sei keins. Hat mir dafür eine Münze gegeben, und ich hatte gehofft, richtig reich zu werden.«
»Ad praesens ova eras pullis sunt meliora« , sagte Eadulf.
Der Junge blickte ihn an, als sei er blöd. »Er ist ein Fremder, nicht wahr?« fragte er Fidelma.
»Das war ein lateinisches Sprichwort. Es bedeutet: Die Eier von heute sind besser als die Küken von morgen«, erklärte sie. »Mit anderen Worten, eine Münze in der Tasche ist besser als das Versprechen zukünftigen Reichtums. Ein guter Rat.«
Der Junge schnaubte. »Ich war mir so sicher, daß es sich um Gold handelte.«
»Hast du den Klumpen im Fluß gefunden?« fragte Fidelma.
»Nein.«
»Die beiden anderen Jungen haben aber gestern hier im Fluß nach Gold gesucht. Sie haben angenommen, daß du es von hier hast.«
Der Junge lachte verbittert. »Ich habe ihnen gesagt, daß ich es im Fluß gefunden habe. Ich wollte nicht, daß sie herausbekommen, wo ich es wirklich her habe. Doch jetzt ist es mir egal. Reich werde ich sowieso nicht.«
»Also hast du den Klumpen nicht aus dem Fluß?« fragte Fidelma noch einmal nach.
Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn im Eberdickicht gefunden. Dort gibt es alte Minen.«
»Im Eberdickicht?« erkundigte sich Fidelma erstaunt.
Der Junge zeigte auf den Hügel vor ihnen. »Eigentlich heißt so der Wald auf der Hügelkuppe, doch inzwischen nennt man den ganzen Hügel so.«
»Wieso kriechst du in deinem Alter in Minen herum?« wollte Eadulf wissen. »Das ist doch sicher gefährlich, oder?«
»Hier in der Gegend werden viele Erze abgebaut«, erwiderte der Junge. »Mein Vater hat schon dort gearbeitet, da war er kaum älter als ich. Jetzt sind die Stollen stillgelegt. Wir spielen da immer. Ich meine, die Jungen aus der Gegend hier.«
»Du hast also in den Minen des Eberdickichts gespielt und dabei den Goldklumpen gefunden?«
Der Junge rümpfte die Nase.
»Ich habe da nicht gespielt, sondern ich war auf Erkundung«, berichtigte er.
Fidelma lächelte kurz. »Selbst wenn es so war, solltest du vorsichtig sein. Mein Gefährte hat recht. Es ist sehr gefährlich, in alten Minen zu spielen … Nein, Erkundungen anzustellen.«
Wieder schniefte der Junge und blickte wie abwesend auf den Fluß. Fidelma verabschiedete sich von ihm, da er aber nicht antwortete, ritten sie und Eadulf einfach weiter.
»Warum wolltest du unbedingt wissen, wo der Junge das falsche Gold her hat?« fragte Eadulf ein wenig vorwurfsvoll, nachdem sie ein Stück weg waren. »Wir sollten uns auf andere Dinge konzentrieren.«
Fidelma sah ihn an. »Ich möchte herausbekommen, warum das Metallstück, das mir Gobnuid zeigte – das Stück, das der Junge gefunden hat –, angeblich Katzengold sein soll, obwohl es richtiges Gold ist. Ich habe früher schon einmal echtes Gold und Eisenkies, sogenanntes Katzengold, in den Händen gehalten und kann es unterscheiden. Den Klumpen in Gobnuids Schmiede habe ich mir genau angesehen. Es war Gold.«
Eadulf starrte sie eine Weile an, ehe er etwas sagen konnte. »Du meinst also, der Schmied hat den Jungen übers Ohr gehauen?«
»Er hat ihm mit Sicherheit nicht die Wahrheit gesagt.«
»Warum sollte er das tun? Nur um Geld zu machen?«
Fidelma antwortete nicht gleich. Dann sagte sie: »Genau das möchte ich ergründen. Die Mädchen sind alle in diesem Waldstück, dem Eberdickicht, umgekommen. Ob es da einen Zusammenhang gibt?«
Beide verfielen wieder in Schweigen. Schließlich sagte Eadulf: »Wie lange werden wir deiner Meinung nach noch hier bleiben?«
»Hier? Im Wald?«
»Nein, in Rath Raithlen.«
»Wenn man uns zur Lösung eines Falls wie diesen hinzugezogen hat, bleiben wir da nicht wie immer, bis die Sache geklärt ist, Eadulf?« fragte sie erstaunt.
»Früher hat es kein kleines Wesen gegeben, das auf unsere Rückkehr wartet«, erwiderte er. »Du hast nicht einmal von Alchú geredet, seit wir von Cashel weg sind.«
»Nur weil ich den Namen meines Sohnes nicht ständig auf den Lippen trage, habe ich ihn nicht vergessen«, fuhr Fidelma ihn an. Ihr Aufbrausen war ihren Schuldgefühlen zuzuschreiben, denn sie hatte bis zum heutigen
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