12 - Tod Bei Vollmond
bemerkt.«
Accobrán gefiel das offenbar nicht. »Ich sollte dich begleiten. Ich habe doch schon gesagt, daß er …«
»Mach dir keine Gedanken«, unterbrach ihn Fidelma. »Eadulf und ich werden uns schon nicht verirren. Hol du nur Bébháils Schwester her.«
Sie wußte sehr wohl, daß Accobrán nicht gemeint hatte, sie hätten einen Führer zu Liags Einsiedelei nötig. Nein, er war vielmehr um ihr Wohl besorgt. Doch sie wollte nicht länger beaufsichtigt werden. Jetzt, wo sie das Gelände einigermaßen kannte, wollte sie sich frei bewegen können.
Seite an Seite ritten Fidelma und Eadulf schweigend am Ufer des Flusses entlang. Accobrán sah ihnen noch einen Augenblick hinterher, saß dann auf und verschwand in der entgegengesetzten Richtung.
Nach einer Weile meinte Eadulf: »Wir hätten Accobrán um sein Jagdhorn bitten sollen. Hat er nicht gesagt, daß er damit immer dem Einsiedler ein Signal gibt?«
Amüsiert sah Fidelma ihn an. »Wenn unsere lauten Stimmen ihn nicht herbeirufen, dann wohl auch nichts anderes.«
»Was mag der Einsiedler deiner Meinung nach in der Nähe der Gerberei getrieben haben?« fragte Eadulf nun.
»Das möchte ich ja herausfinden.«
»Und was ist mit dem Vernichten von Beweisen?« fragte Eadulf.
»Auch dem muß ich nachgehen«, erwiderte sie gelassen.
Nicht lange, und sie entdeckten eine Blockhütte zwischen den Bäumen.
»Das muß Creodas Behausung sein«, sagte Fidelma und ritt darauf zu.
Schon trat ein junger Mann heraus und rief mit schriller Stimme: »Was wollt ihr hier?«
»Bist du Creoda?«
Der junge Mann trug die Lederschürze, die alle Gerber kennzeichnete. An seinem Gürtel hing ein scharfes Arbeitsmesser, auf dem nun seine Hand ruhte. Mißtrauisch betrachtete er die Fremden.
»Ich bin Creoda«, erwiderte er. Auf einmal fiel die Anspannung von ihm ab. »Ah, du bist die dálaigh . Ich habe dich gestern bei der Gerberei gesehen.«
Fidelma und Eadulf stiegen von den Pferden ab.
»Wir wollten dir ein paar Fragen stellen, über Lesren«, erklärte ihm Fidelma.
Der junge Mann schob die Unterlippe vor. »Lesren ist tot.« Er zeigte mit dem Kopf auf Eadulf. »Er war mit dem Tanist da. Er hat die Leiche gesehen.«
»Ich weiß. Wir kommen gerade von der Gerberei.«
»Da kann ich euch kaum noch was Neues erzählen.«
»Mir liegt an deiner Sicht der Dinge.«
Creoda zögerte, ehe er mit seiner Schilderung begann. »Ich war gerade mit dem Mittagessen fertig, da rief mich Tómma, und wir gingen gemeinsam zur Gerberei. Wir beide hatten da noch zu tun, während die anderen nicht benötigt wurden. Lesren war nicht da. Wir fragten Bébháil, wo er sein könnte, sie wußte es nicht, also machten wir uns auf die Suche nach ihm. Dann fanden wir ihn am Waldrand. Das ist alles.«
»War er noch am Leben?« erkundigte sich Fidelma.
»Am Leben? Tja, eigentlich kaum noch, er rang mit dem Tode.«
»Hat er was gesagt?«
»Tómma hat sich zu ihm hinuntergebeugt. Er wird es euch erzählen.«
»Wir würden gern wissen, was du gehört hast.«
»Nichts, was irgendwie einen Sinn ergab. Nur ein paar Bruchstücke, und einen Namen … Kaum zu verstehen. Tómma drehte sich zu mir um und fragte mich, ob ich ihn kannte.«
»Was für einen Namen? Hast du ihn genau mitbekommen?«
Creoda schüttelte den Kopf. »Tómma wiederholte den Namen noch einmal deutlich, denn zuerst hatte ich geglaubt, daß Lesren nach seiner Frau rief, nach Bébháil. Doch offenbar hatte er ›Biobhal‹ gemurmelt. Den Namen kannte ich nicht.«
»Biobhal«, wiederholte Fidelma. »Bist du ganz sicher?«
»Ich habe Tómma gebeten, ihn noch einmal zu wiederholen. Der war mir noch nie untergekommen«, bekräftigte der junge Bursche.
»Dann werden wir dich jetzt nicht weiter behelligen«, sagte Fidelma ernst und drehte sich zu ihrem Pferd um.
»Schwester, wirst du den Verbrecher finden, der soviel Unheil stiftet?« fragte Creoda. »Drei Mädchen, die ich gut kannte, sind von diesem Mondsüchtigen ermordet worden, und nun ist auch mein Lehrmeister tot.«
»Lesren wurde aber bei Sonnenschein ermordet«, entgegnete Fidelma.
Der Junge sah sie an, als hätte er noch nicht darüber nachgedacht.
Fidelma wartete einen Augenblick, dann sagte sie: »Du kanntest also die Mädchen alle. Haben sie sich untereinander gut verstanden?«
»Die drei waren eng befreundet. Sie gingen zusammen durch dick und dünn und teilten all ihre Geheimnisse. Zumindest glaube ich das«, antwortete Creoda.
»Hast du nicht auch an den Unterweisungen
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