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12 - Tod Bei Vollmond

12 - Tod Bei Vollmond

Titel: 12 - Tod Bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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auch gerade absaß. »Schaff Brocc zum forus tuaithe , dort soll man sich um seine Verletzung kümmern. Es ist nur eine Fleischwunde, sie schmerzt zwar, wird ihn aber nicht gleich umbringen.«
    Der forus tuaithe war – wörtlich – das »Haus des Gebietes«, das Hospital. Jedes Gebiet verfügte über eine solche Einrichtung, ob sie nun weltlich verwaltet war und unter die Zuständigkeit der Brehons fiel oder vom ansässigen Abt geleitet wurde.
    Adag half Brocc auf die Beine, vielleicht ein wenig zu grob. Der stämmige Mann stöhnte und klammerte sich an ihn. Seine Wunde blutete stark.
    »Ersticken sollst du!« stieß er keuchend hervor und blickte Becc mit haßerfüllten Augen an. »Vor Schmerzen brüllen und verrecken!«
    Becc lächelte. »Deine Flüche können mir nichts anhaben, Brocc. Und denk dran, wenn du deine Verwünschungen ausstößt, du schaufelst dir dein eigenes Grab.«
    Er sah zu Adag hinüber und nickte leicht. Der Verwalter zog den verletzten Brocc auf nicht eben sanfte Weise fort.
    »Falls du die Redewendung nicht kennst, Brocc«, flüsterte Adag ihm erheitert zu, »sie bedeutet, daß der Fluch auf dich zurückfallen wird, wenn er die Person, auf die er abzielte, nicht trifft. Ich würde dem Fürsten gegenüber Reue zeigen, um den Folgen deines Fluchs zu entgehen.«
    Becc sprach inzwischen mit dem Abt.
    »Das ist eine schlimme Angelegenheit, Abt Brogán«, sagte er, wobei er den Bogen an seinen Sattel hängte.
    Der alte Mönch nickte. »Ich fürchte, daß die Leute Angst haben. Wenn es nicht Brocc wäre, dann würde ein anderer diese Angst ausnutzen. Drei junge Mädchen sind umgebracht worden und alle bei Vollmond.« Er zitterte, bekreuzigte sich und murmelte: »Absit omen!«
    »Wo haben sich die Fremden gestern nacht aufgehalten?«
    »Sie schworen, sich nicht aus der Abtei entfernt zu haben. In dieser Sache weiß ich mir keinen Rat. Soll ich ihnen sagen, daß ihnen die Abtei kein Obdach mehr bieten wird? Daß ich ihnen nicht weiter Schutz und Gastfreundschaft gewähren kann?«
    Becc schüttelte rasch den Kopf. »Wenn sie nicht schuldig sind, wäre das ungerecht und ein Verstoß gegen das Gesetz der Gastfreundschaft. Sollten sie schuldig sein, so wäre es ebenso falsch, sie weiterzuschicken und ohne Prozeß entkommen zu lassen, damit sie dann woanders ihre Verbrechen begehen.«
    »Was können wir tun?« wollte der Abt wissen. »Ich habe keine Lösung.«
    Becc rieb sich das Kinn. Tatsächlich hatte er sich die Angelegenheit bereits durch den Kopf gehen lassen, nachdem ihm Bruder Solam die Nachricht überbracht hatte, und einen Plan erwogen. Doch man sollte ihm keine unvernünftigen Entscheidungen vorwerfen. Aolú war vierzig Jahre lang Brehon der Cinél na Áeda gewesen. Vor drei Wochen war der alte Mann plötzlich erkrankt und verstorben. Becc hatte schon überlegt, wie er den alten Richter ersetzen konnte. Innerhalb der Cinél na Áeda gab es eine Reihe von untergeordneten Richtern, doch niemand besaß derartige Fähigkeiten und eine solche Autorität wie Aolú.
    »Ich glaube, wir sollten einen Brehon von außerhalb bitten. Die hiesigen Brehons, so aufrecht und ehrbar sie auch sein mögen, sind wahrscheinlich nicht einflußreich und durchsetzungsfähig genug, um die aufgeschreckten Dorfbewohner zur Ruhe zu bringen.«
    Der Abt nickte bedächtig. »Da stimme ich dir zu, Becc. Zuerst müssen wir die Ängste der Leute ausräumen und dann herausfinden, wer hinter diesen sinnlosen Morden steckt.«
    Becc verzog das Gesicht.
    »Kein Mord wird begangen, ohne daß der Mörder einen gewissen Sinn darin sieht«, erwiderte er. »Wir brauchen einen Brehon mit entsprechender Autorität.«
    »Wo sollen wir den hernehmen, Becc?« fragte der Abt zweifelnd.
    »Ich werde mit einem meiner Männer zum Hof des Königs nach Cashel reiten. König Colgú wird uns mit Rat und Tat beistehen, ist er doch die höchste Instanz des Landes.«
    »Cashel?« Abt Brogán zog die Augenbrauen hoch. »Das heißt doch aber, daß du einige Tage unterwegs sein wirst. Von hier nach Cashel ist es ein weiter Weg.«
    »Keine Angst. Ich werde dir Tanist Accobrán, meinen Nachfolger, hierlassen. Er hat die strenge Order, dich und die Fremden zu beschützen.«
    Accobrán war noch nicht einmal ein Jahr lang der Tanist oder gesetzliche Nachfolger des Stammesfürsten der Cinél na Áeda. Als noch junger Krieger hatte er in den letzten Auseinandersetzungen mit den aufrührerischen Uí Fidgente große Tapferkeit bewiesen. Becc lächelte nachdenklich.

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