Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
sich im Spiegel und machte sich seine Gedanken. Was konnte das bedeuten? Die Frau, das Buch, die Kirche und die Arbeiter. Sie hielt einen Federkiel in der Hand, und der wies auf etwas hin: die Spitze zum Buch und die Fahne zum Himmel. Aber was hatte das zu bedeuten? Vielleicht gar nichts, aber das konnte er nicht glauben.
    Kannst du ein Geheimnis bewahren, mein Prinz?
    Er ging nach unten, wo sein Vater beim Frühstück saß und Bill - das Fernsehen vergessend - auf einem Stuhl lümmelte, die Füße auf dem Abfalleimer, und rauchte. Neben sich hatte er eine Tasse Tee, die er grinsend zum Gruß hob, als Paul hereinkam. »Na, gut gewichst, Paulie? Ich hoffe, du hast die Brille sauber gemacht.«
    »Schluss jetzt«, sagte Ol Fielder zu seinem älteren Sohn.
    »Huhu, hab ich eine Angst«, höhnte Billy.
    »Eier, Paulie?«, fragte seine Mutter. »Magst du sie lieber gebraten oder gekocht?«
    »Die letzte Mahlzeit, bevor er abgeholt wird«, sagte Billy. »Wenn du dir im Knast einen runterholst, wollen die Jungs alle was davon haben, Paulie.«
    Das Quäken des jüngsten Fielder-Sprösslings aus dem Korridor unterbrach das Gespräch. Mave Fielder drückte ihrem Mann die Bratpfanne in die Hand, bat ihn, auf die Eier zu achten, und machte sich auf die Suche nach ihrer einzigen Tochter. Als sie mit dem Kind auf ihrer Hüfte in die Küche zurückkehrte, hatte sie alle Hände voll zu tun, sie zu beruhigen.
    Draußen klingelte es, als die beiden jüngeren Söhne des Hauses die Treppe herunterstürmten und sich auf ihre Plätze am Frühstückstisch warfen. Ol Fielder ging hinaus, um aufzumachen, und rief Paul gleich darauf ins Wohnzimmer. »Komm auch mit rüber, Mave«, rief er seiner Frau zu, was Billy als Anlass nahm, zu folgen.
    An der Tür zögerte Paul. Er wusste nicht viel über Rechtsanwälte, und das, was er wusste, war nicht ermutigend. Sie machten bei Prozessen vor Gericht mit, und ein Prozess hieß immer, dass jemand in Schwierigkeiten war. Also, vielleicht war er jetzt in Schwierigkeiten.
    Der Rechtsanwalt hieß Forrest und sah einigermaßen ratlos bald Billy bald Paul an, offensichtlich unsicher, wer wer war. Billy löste das Problem, indem er Paul einen Schubs nach vorn gab und sagte: »Das ist der, den Sie suchen. Was hat er angestellt?«
    Ole Fielder stellte die ganze Familie vor. Mr. Forrest sah sich nach einer Sitzgelegenheit um. Mave Fielder nahm einen Stapel frisch gewaschene Wäsche vom größten Sessel und sagte: »Bitte, nehmen Sie Platz«, obwohl sie selbst stehen blieb. Keiner wusste so recht, was er tun sollte. Füße scharrten, ein Magen knurrte, und die Kleine strampelte auf dem Arm ihrer Mutter.
    Mr. Forrest hatte ein Aktenköfferchen bei sich, das er auf einem Hocker mit Kunststoffbezug ablegte. Er setzte sich nicht, weil sonst niemand saß. Nachdem er einen Moment in irgendwelchen Papieren herumgesucht hatte, räusperte er sich.
    Paul, teilte er den Eltern und dem älteren Bruder mit, sei einer der Haupterben des verstorbenen Guy Brouard. Ob die Fielders mit dem geltenden Erbrecht vertraut seien? Nein? Nun, er würde es ihnen erklären.
    Paul hörte zu, aber er verstand nicht viel. Nur die Gesichter seiner Eltern und Billys »Wie? Was? Scheiße, Mann!«, verrieten ihm, dass etwas Außergewöhnliches im Gange war. Aber dass es ihn selbst betraf, wurde ihm erst klar, als seine Mutter fassungslos rief: »Unser Paulie? Er wird ein reicher Mann?«
    »Scheiße, Mann«, sagte Billy wieder und wandte sich seinem jüngeren Bruder zu. Er hätte wahrscheinlich noch mehr gesagt, aber da fing Mr. Forrest an, den Erben, um dessentwillen er gekommen war, als »unser junger Mr. Paul«, zu bezeichnen, und das schien Billy irgendwie tief zu treffen. Er stieß Paul auf die Seite und rannte aus dem Zimmer, und gleich darauf wurde die Haustür mit einem solchen Knall zugeschlagen, dass eine Druckwelle durchs Zimmer zu schießen schien.
    Sein Vater sah Paul lächelnd an und sagte: »Das sind ja tolle Neuigkeiten. Meinen Glückwunsch, Junge.«
    Seine Mutter murmelte: »Heiliger Jesus, guter Gott.«
    Mr. Forrest sagte irgendwas von Buchprüfern und dass man die genauen Beträge noch feststellen müsse, um ausrechnen zu können, wer wie viel bekomme. Er nannte die Kinder von Mr. Guy und Henry Moullins Tochter Cyn und erklärte, wie Mr. Guy sein Vermögen aufgeteilt hatte und warum, und sagte zu Paul, wenn er finanzielle Beratung über Kapitalanlagen, Versicherungen, Bankkredite und dergleichen brauche, könne er Mr. Forrest

Weitere Kostenlose Bücher