1216 - Kreislauf des Bösen
Suko. »Also gut, Mallmann«, sagte er dann.
»Ich werde dir das alles glauben, wenn du mir den Beweis bringst, dass John Sinclair tatsächlich zu einem Vampir geworden ist. Ansonsten ist John nach wie vor für mich der Gleiche.«
Dracula II schaffte die Antwort nicht sofort. Er dachte noch darüber nach. Dann schüttelte er den Kopf. »Du wirst mir glauben müssen. Außerdem ist es besser, wenn ich dich im Unklaren lasse. Irgendwann, Suko, wirst du Gewissheit erhalten. Dann wird dein Freund John plötzlich vor dir stehen, und du wirst ihn anschauen müssen. Dann will er dein Blut, und dir wird nichts anderes übrig bleiben, als ihn zu töten. So einfach ist das alles.«
Theorie!, dachte Suko. Bisher ist es nichts anderes als nur eine böse Theorie. Wenn John tatsächlich als Blutsauger durch die Vampirwelt irren würde, hätte Mallmann es sich nicht nehmen lassen, ihn mir zu präsentieren. Noch nicht aus der Nähe, weil der direkte Zweikampf noch hinausgezögert werden muss. Zumindest aus der Distanz, um mich auf diese Art zu foltern.
Mallmann winkte ihm zu. Die Bewegung unterbrach die Gedanken des Inspektors. Der Vampir legte danach den Kopf zurück und schaute gegen den grauen Himmel, wo noch immer die Fledermäuse wie Leibwächter ihre Bahnen zogen.
Suko wusste, dass Mallmann ihn allein lassen würde. Er hätte ihn vom Dach schießen können, aber Dracula II war gegen das geweihte Silber resistent.
Aus der winkenden Bewegung hervor schlug er die Arme hoch und dann über seinen Kopf. Der Mantel, der über seinen Schultern hing, machte die Bewegung mit und verwandelte sich in ein Zelt, das über Mallmann zusammenschlug.
Kurze Zeit später hob ein Schatten vom Dach ab, der von zwei dunklen Fledermäusen begleitet, in den Himmel stieg.
Suko stand auf der gleichen Stelle. Er beachtete den Flug und hatte den Eindruck, dass ein übergroßes Laken in den Himmel geschleudert worden war. Aus diesem Laken hervor hörte er das scharfe und gellende Lachen. Es war der letzte Laut, den Mallmann von sich gab, bevor er verschwand.
Suko blieb zurück wie ein kleiner Junge, dem das Spielzeug weggenommen worden war. Er musste zugeben, dass er sich schon besser gefühlt hatte. So wie er hier stand, gab es nur einen Vergleich. Er war zu einem Verlierer geworden…
***
Suko hatte keinesfalls vor, sich ständig mit diesem Gedanken zu beschäftigen. Er wollte nicht verlieren. Er war es gewohnt, auf der anderen Seite zu stehen, auch wenn er Niederlagen und Nackenschläge hatte einstecken müssen. Das Erscheinen des Vampirs und dessen plötzliches Verschwinden ließ zugleich die Wut und den Zorn in ihm hochsteigen. Er ballte die Hände zu Fäusten, aber er sagte sich auch, dass er auf keinen Fall aufgeben sollte.
Weitermachen, wie auch immer. Versuchen, an Mallmann heranzukommen. Spuren aufnehmen, sie verfolgen und dann unter Umständen das Ziel erreichen, das wichtig war.
Aber wo lag es?
Nicht im Dorf, sondern einzig und allein in diesem verdammten Rest House, gegen dessen Fassade der Inspektor schaute.
Seine Blicke glitten an der gesamten Breite entlang und blieben schließlich an der Tür haften.
Im Haus hatte das Feuer gewütet. Flammen der Hölle, denn einen anderen Ausdruck fand Suko nicht dafür. Sie hatten ebenso vernichtet wie das normale Feuer, nur eben anders. Es gab keinen Carlo Rosetti mehr. Auch die Heiminsassen lebten nicht mehr. Sie hatten ihre Pflicht getan und den Boden für das Böse vorbereitet.
Man brauchte sie nicht mehr. Man wollte keine Spuren hinterlassen, und das war ihnen auch gelungen. Trotzdem musste es Spuren geben. Davon war Suko überzeugt. Und diese Spuren konnte er nicht finden, wenn er vor dem Haus stehen blieb. Genau wie sein Freund John hatte auch er im Laufe der Zeit so etwas wie ein Bauchgefühl entwickelt. Dieses Gefühl sagte ihm, dass nicht alles vorbei war. Da war er mehr der Profiler, der nach Restspuren suchte, die überaus wichtig waren und letztendlich zum Ziel führten.
Das Dach blieb leer. Mallmann und seine beiden Begleiter waren längst in der Dunkelheit des Himmels verschwunden, und es gab auch keinen Hinweis auf seine Rückkehr.
Suko betrat das Haus mit kleinen Schritten und sorgfältig gelenkten Bewegungen. Er war darauf gefasst, auch jetzt Überraschungen zu erleben. Es brannte noch das Licht, das nicht den gesamten Eingangsbereich erfasste. Was Suko zu sehen bekam, hatte er erwartet. Die Verbrannten lagen verstreut in der Halle herum. Von ihnen waren nur dunkle
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