1219 - Die Abrechnung
wenn sie sich dann anstrengen, läuft es doch. Da brauchst du dir keine Gedanken zu machen.«
»Ich bin keine Mörderin.«
»Das brauchst du auch nicht zu sein, meine Liebe. Du musst nur dein Denken ändern, dann wirst du dich selbst nicht als Mörderin ansehen. Stell dir einfach vor, dass du ein Rad im Kreislauf der Geschichte bist, und schon bekommen die Dinge ein anderes Gesicht.«
»Ich kann keinen Menschen töten!«
»Bitte«, sagte er und rang die Hände. »Bitte, komm mir nicht so. Jeder kann es, wenn er will. Du brauchst es ja nicht mit den eigenen Händen zu tun. Du läufst nicht mit einer Maschine npistole bewaffnet in die Kapelle, sondern stellst nur ein kleines Päckchen ab, das ich bereits präpariert habe.«
»Und dann soll die Bombe explodieren, nicht wahr?«
»So ist es.«
»Wann denn?«
»Das kann ich dir genau sagen. Sie explodiert, wenn ich es für nötig halte. Ich besitze die Fernzündung. Ich werde sie zünden.«
Sendrine glaubte es einfach nicht. Das hier war nicht mehr ihr Leben, das bis vor kurzem noch in völlig normalen Bahnen verlaufen war, nun aber neben der Schiene herlief. So etwas konnte niemand von ihr verlangen, und nur ein krankes Hirn war in der Lage, sich derartige Dinge auszudenken.
»Dann werde ich auch getötet«, sagte sie mit leiser Stimme.
Van Akkeren zuckte mit den Schultern. »Das könnte so kommen, wenn du dich dumm anstellst.«
Durch ihre Gestalt ging ein Ruck. »Was soll ich denn machen?«, schrie sie ihn an.
»Du musst schlau sein und dich in Sicherheit bringen. Du wirst dir eine gute Ausrede einfallen lassen müssen, damit es nicht auffällt. Was dann geschieht, ist nicht mehr deine Sache. Und niemand wird dich verdächtigen. Keine Polizei, die nur noch Leichen vorfinden wird in einem zerstörten Kloster. Es wird keine Probleme geben, denn die Templer haben immer für sich gelebt. Sie haben so gut wie keinen Kontakt zu den Bewohnern der Stadt.«
Sendrine Bloch sagte nichts mehr. Noch immer konnte sie nicht glauben, was da von ihr verlangt wurde, und sie schüttelte langsam den Kopf. Es war nicht mal eine vom Gehirn gelenkte bewusste Bewegung. Sie musste es einfach tun, denn es kam tief aus ihrem Innern, dem Grund der Seele.
»Darf ich fragen, was das bedeutet?«
»Ich tue es nicht«, flüsterte sie unter Tränen. »Ich kann es einfach nicht.«
Der Grusel-Star erwiderte zunächst nichts. Er schaute sie für eine Weile an und sah eine Frau vor sich, die gebrochen war und dies auch äußerlich zeigte. Sie hielt den Kopf gesenkt, weinte, zog die Nase hoch und schüttelte immer wieder ihren Kopf.
»Das ist nicht gut, Sendrine.«
Sie wischte über ihre Augen. Sie betete innerlich und flehte zum Allmächtigen, dass er sie aus diesem Albtraum erlöste.
»Hast du mich verstanden?«
Van Akkeren hatte plötzlich geschrien, und seine Stimme erwischte sie wie ein Peitschenschlag, unter dem Sendrine zusammenzuckte.
»Ja, das habe ich.«
»Dann willst du sterben?«
Wieder so ein Satz, der sie schockte.
Als sie sich überwunden hatte und in die Höhe schaute, sah sie, dass er wieder sein Messer hervorgeholt hatte. Die Waffe mit der langen Klinge, die wie kaltes Eis schimmerte und bei deren Anblick sie abermals eine Gänsehaut bekam.
»Ich kann dir auch die Kehle durchschneiden. Jetzt und hier!«, erklärte er mit neutraler Stimme. »Für mich ist das wirklich kein Problem. Wer meine Kreise stört, der muss eben damit rechnen. Du hast es selbst in der Hand.«
»Bitte nicht…«, flüsterte sie.
»Was meinst du?«
»Alles.«
Er spielte mit seinem Messer und ließ Daumen und Zeigefinger über die Schneide gleiten. Es war ihm anzusehen, wie gern er es einsetzte, auch gegen sie, und seine nächsten Worte wiesen Sendrine darauf hin.
»Meine Geduld ist begrenzt. Ich werde nicht mehr lange warten. Du musst dich schon entscheiden.«
Sie zuckte zusammen und starrte ihn an. Wieder hatte sie das Gefühl, eingekesselt zu sein. Ketten aus Stacheldraht schienen über ihre Haut zu streichen, und die Angst schlug immer mehr durch.
Van Akkeren beobachtete Sendrine genau. Mit einer lässigen Bewegung erhob er sich aus seinem Sessel. Die Spitze des Messers deutete auf den Hals der Frau.
»Entscheide dich!«
Sendrine sah nur das Messer. Ihr war kalt und heiß zugleich.
Sie konnte sich plötzlich vorstellen, was passierte, wenn die Klinge in ihre Brust drang und langsam alles zerriss. Der Atem stockte ihr. Sie hielt die Luft an, während die Klinge sich immer mehr ihrem
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