1219 - Die Abrechnung
Körper näherte.
»Nein, bitte - bitte nicht…«
»Gib mir eine Antwort.«
»Ich… ich… kann nicht!«
Die Worte waren nur ein Krächzen, aber van Akkeren hatte sie verstanden.
Plötzlich zuckte der rechte Arm vor, und damit auch seine Hand. Das Messer befand sich plötzlich dicht vor ihrer Kehle.
Ein letzter, winziger Ruck noch, und es hatte ihre Haut erreicht.
Sendrine fror ein. Es war eine Szene, wie sie schlimmer nicht hätte sein können. Sie saß auf ihrem Platz, starrte nach vorn und sah nur die Klinge und dahinter das Gesicht des Mannes.
Messer und Gesicht - Gesicht und Messer.
Aber auch die Augen!
Bisher hatte sich Sendrine nicht viele Gedanken über den Blick gemacht, in diesem Fall allerdings veränderte sich alles.
Aus den Tiefen der Pupillenschächte war etwas in die Höhe gestiegen. Es war ein Ausdruck - natürlich, aber zugleich auch so etwas wie ein Befehl, dem sie nicht entkommen konnte.
Die Augen, diese schrecklichen Blicke. Die Kälte und Unmenschlichkeit.
So etwas hatte sie noch nie erlebt.
Es war das Grauen pur, das sie erfasste.
Sie hatte das Gefühl, als würde ihr die Menschlichkeit entrissen. Plötzlich gab es sie nicht mehr, sondern nur die Augen mit dieser irrsinnigen Kälte, die ihr plötzlich Befehle erteilten.
Etwas bewegte sich in ihrem Kopf. Das Messer an der Kehle hatte sie vergessen. Es ging nur um das, was durch ihre gedankliche Welt wanderte.
Befehle!
Von einer anderen Seite. Nicht gesprochen, sondern gedanklich hineingedrängt.
»Du wirst es tun! Du musst es tun, weil ich es so will. Es gibt keine andere Chance für dich, hast du verstanden? Es kann nichts anderes geben…«
Jedes Wort empfand sie in ihrem Kopf wie einen bösen Glockenschlag.
Die Befehle klangen ab. Der Grusel-Star legte eine Pause ein.
In ihrem Kopf entstand wieder die Normalität, die sie jedoch als eine unheimliche Leere ansah. Trotzdem fand Sendrine nicht zu sich selbst zurück, denn da gab es noch immer die Augen, unter deren zwingendem Blick sie sich duckte.
Dann waren sie wieder da. Böse Worte. Für sie eine Qual und Folter. »Niemand kann mir entkommen, wenn ich es nicht will. Ich habe mich für dich entschieden, und du wirst genau diesen Weg gehen, ob du es willst oder nicht. Es gibt keine andere Möglichkeit mehr. Es ist aus und vorbei. Du stehst auf der Schwelle zu einer neuen Existenz, und nur durch mich wirst du überleben können. Du wirst mit der Bombe zu den Templern gehen und alles so erledigen, wie ich es haben will!«
Jedes Wort hatte sie so überdeutlich gehört. Sie war dabei von einem Gefühl überfallen worden, alles doppelt vernommen zu haben, weil auch Echos durch ihren Kopf klangen.
Sendrine konnte nicht mehr denken. Sie war aus dem normalen Leben herausgerissen worden. Alles andere existierte nicht mehr. Die Augen, die Befehle, die Nähe des Mörders. Keinem konnte sie entkommen.
»Du wirst alles tun, was ich sage!« Van Akkerens Stimme besaß eine hypnotische Kraft. Sie zwang Sendrine dazu, nur in seine Augen zu schauen, die jedes seiner Worte mit einer dreifachen Kraft versahen.
Sendrine war nicht mehr in der Lage, sich zu wehren. Sie hatte das Gefühl, dass sich ihr Körper auflöste.
»Du wirst es tun! Du musst es tun! Dir bleibt keine andere Wahl mehr…«
»Ja, ja…«, presste sie hervor. »Ich werde es tun…«
Vincent van Akkeren lächelte und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf.
»Ich wusste es, Sendrine. Niemand kann sich meinen Wünschen entziehen, wenn ich es nicht will…«
***
An diesem Abend sollte Abbé Bloch zu Grabe getragen werden.
Es würde keine offizielle Beerdigung geben, die Templer würden es unter sich regeln. Nach einer Trauerfeier sollte der Sarg im Garten in dem dafür vorgesehenen Grab versenkt werden. Niemand im Ort wusste Bescheid, und niemand sollte es je erfahren.
Man hatte ihm das Genick gebrochen!
Immer wieder musste ich daran denken, als ich in meinem Gästezimmer saß und frühstückte. Das Frühstück bestand aus Kaffee, Croissants, Konfitüre und Obst.
Ich saß ruhig an meinem Tisch, aß sehr langsam und schaute auf das kleine Fenster, hinter dem die Luft durch die schon grelle Morgensonne fast einen weißen Anstrich bekommen hatte.
Der Kaffee war stark, sehr schwarz und schmeckte etwas bitter. Kein Vergleich zu dem Getränk, das ich von meiner Assistentin Glenda Perkins gewohnt war. Aber das war Lo ndon, und London lag so verdammt weit weg.
Ich wollte auch nicht mehr daran denken, welch
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