1222 - Die Jenseits-Sekte
Steinstufen belegte Treppe in den Keller.
Johnny hatte die Haustür geschlossen. Im Flur sah er kein Licht, dafür im großen Wohnzimmer. Ihm fiel der Lichtschein entgegen, sodass auch der Flur nicht mehr im Dunkeln blieb und Johnny die zahlreichen Bilder an den Wänden sah, die allesamt in hellen Rahmen steckten, jedoch düstere Motive zeigten. Wer sich hier ausgetobt hatte, der musste eine schlimme Fantasie haben, denn er hatte unheimliche Szenen aus der Hölle oder anderer Regionen gemalt.
Bei hellem Licht hätte Johnny die Szenen sicherlich besser gesehen, so bemerkte er nur, dass sie alle düster und bedrohlich wirkten, was ihm seltsam aufstieß.
Suzy wartete im geräumigen Wohnzimmer auf ihn. Hier befand sich ein großes Fenster, gegen das sich die Dunkelheit der Nacht drückte. Nur der Himmel malte sich in einem schwachen Grau ab, ansonsten herrschte Finsternis, und nach fernen Lichtern suchte Johnny vergebens. Wahrscheinlich breiteten sich hinter dem Haus die langen, flachen Felder aus.
Etwas zögerlich betrat er das Wohnzimmer. Auch als er stehen blieb, fühlte er sich beklommen, was Suzy ihm ansah, denn sie fragte mit leiser Stimme: »Hast du was?«
»Nicht wirklich.« Er zog die Schultern hoch. »Aber ich finde es hier schon etwas komisch.«
»Warum?«
»Nun ja.« Er überlegte. »Ist nicht so einfach zu sagen. Genau habe ich die Bilder ja nicht gesehen, aber auch bei dem schlechten Licht konnte ich erkennen, dass der Maler nicht eben ein Optimist ist.«
»Echt?«
»Klar.«
Suzy reckte ihr kleines Kinn vor. »Der Maler ist mein Vater. Er hat die Bilder entworfen.«
»Oh, sorry, das wusste ich nicht.«
Sie winkte ab. »Ist nicht schlimm. Mein Vater ist Künstler. Er ist auch Grafiker. Damit verdient er letztendlich sein Geld. In seiner Freizeit malt er dann!«
»Er kann kein fröhlicher Mensch sein!«, behauptete Johnny.
Suzy zuckte mit den Schultern und schaute an Johnny vorbei auf einen imaginären Punkt. Ihre Stimme hatte sich verändert, als sie sagte: »Steckt nicht in jedem von uns etwas von der anderen, der düsteren Seite? Und der hat mein Vater eben freie Bahn gelassen.«
»Ist sogar positiv, nicht?«
»Sehe ich auch so. Die anderen fressen alles in sich hinein, und mein alter Herr tut es nicht. Sein Job ist das glatte Gegenteil. Da entwirft er helle und fröhliche Kampagnen. Er ist ein gefragter Grafiker. Die Agenturen reißen sich um ihn. Außerdem arbeitet er auch für das Fernsehen an Trailer mit und so.«
»Was macht deine Mutter?«
»Sie hilft ihm.« Suzy winkte ab. »Macht den Bürokram und so. Das wäre nichts für mich.«
»Für mich auch nicht.«
»Aber trotzdem kannst du dich setzen. Egal wohin, uns gehört nicht nur das Wohnzimmer, sondern das ganze Haus.«
»Danke.«
Johnny schaute sich noch mal um. Die Einrichtung stand in starkem Kontrast zu der Düsternis der Bilder. Sie war hell und freundlich. Gelb herrschte vor. Die Farbe fand sich auf Stoffen und auf Lampenschirmen wieder, und die Gestelle der Sitzmöbel bestanden aus hellem, leicht poliertem Holz.
Zwei alte Spiegel an den Wänden erregten ebenfalls die Aufmerksamkeit des jungen Besuchers. Um die Flächen herum bauten sich die mit Blattgold belegten Rahmen auf, und eine aus hellem Holz gefertigte Standuhr wirkte wie ein Wächter.
Es strahlte kein Licht von einer Deckenleuchte. Suzy hatte die Lichter zweier Stehlampen eingeschaltet und auch die der Lampen, die auf einer hellen Bank stand, die ansonsten einem TV-Apparat und einer Hi-Fi-Anlage Platz bot.
Um einen Tisch nicht zu wuchtig werden zu lassen, hatten sich Suzys Eltern für einen Glastisch entschieden, um den herum im rechten Winkel zwei Zweisitzer standen.
Etwas zögerlich blieb Johnny vor einer der beiden Couches stehen und hörte, wie ihn Suzy ansprach. »Was möchtest du trinken?«
»Egal.«
»Ich könnte dir einen Champagner anbieten.«
»Nein, nein, lieber was alkoholfreies. Mir reicht da schon ein Wasser.«
»Du bist aber bescheiden«, wunderte sie sich.
»Wir haben schon Wein getrunken.«
»Aber du brauchst nicht mehr weg. Du kannst bei mir schlafen.« Sie senkte ihre Stimme. »Das will ich sogar.«
»Trotzdem trinke ich Wasser.«
»Okay, ich hole es dir.«
Suzy ging quer durch den Raum auf die Küche zu. Johnny setzte sich mit einer vorsichtigen Bewegung auf die Couch.
Ihm sah man an, dass er sich fremd fühlte. Aber das war es nicht allein, was ihn dazu trieb, keinen Alkohol zu trinken. Es gab da noch ein anderes Problem, und
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