1223 - Voodoo-Falle Ostsee
Totenschädel auf seiner linken Handfläche. Sie schauderte zusammen. Ihr Herz schlug wieder viel schneller als gewöhnlich, und abermals brach der Schweiß aus ihren Poren.
Als kalte Perlen rann er über ihren Rücken entlang oder bedeckte als Schicht das Gesicht.
Der Mann stellte den Totenschädel behutsam auf den Tisch.
Dann ging er zur Balkontür, schloss sie und zog auch die Gardine vor die Scheiben. Sofort wurde es im Zimmer dämmrig.
Der Mann mit dem hellen Hut wandte sich wieder der reglosen Frau zu. Er bückte sich, um ihr ins Gesicht schauen zu können. Seine dunklen Augen waren wie Magnete, von denen sich Bella Luna angezogen fühlte. So sehr sie sich auch bemühte, sie schaffte es einfach nicht, den Blick abzuwenden.
Dann streichelte er ihre Wange. Die Fingerkuppen glitten in die Nähe ihrer Nase, und Bella nahm den Geruch von Tabak wahr. »Erinnerst du dich?«
Die Frage überraschte sie. »Bitte… an wen soll ich mich denn erinnern?«
»An mich…«
»Nein, wirklich nicht. Ich kenne Sie nicht…«
»O doch, du kennst mich. Ich bin derjenige, der dich angerufen und gewarnt hat. Aber du hast nicht auf meine Warnungen gehört, und das ist schade. Du hast sogar gedacht, uns und deinem Schicksal entkommen zu können, aber das ist nicht möglich, meine Liebe. Das schafft man nicht so leicht. Das Schicksal ist immer stärker als der eigene Wille, meine Teure.«
»Ich… ich… weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Wer sind Sie denn?«
»Ich bin Boscó.«
»Nie gehört.«
»Ich war ein Freund der Familie«, raunte er ihr zu, als wäre es ein Geheimnis, das er preisgab. »Und nicht nur das«, fuhr er fort. »Ich habe deine Familie sogar geliebt.«
»Nein!«, brach es aus ihr hervor. »Nein, das glaube ich dir nicht. Das kann nicht stimmen. In meiner Familie ist niemals über dich gesprochen worden. Dein Name wurde nie erwähnt. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.«
»Verbrenn sie dir nicht, Bella. Du bist zwar einen anderen Weg gegangen und treibst dich in Kreisen herum, die zwar modern sein mögen, aber nicht gut für dich sind, aber du hast einen Fehler dabei gemacht. Du hast nämlich deine Herkunft vergessen, und so etwas ist für einen Menschen nie gut.«
Bella Luna hatte einiges erfahren, und trotzdem war sie noch so schlau wie vorher. Sie schaffte es sogar, den Kopf zu schütteln und zu erklären, dass sie mit allem nichts zu tun hatte, dann aber schwieg sie abrupt, denn sie schaute zu, wie Bosco nach dem Totenschädel griff und ihn, bevor sie sich versah, auf ihre Oberschenkel stellte, sodass er in ihrem Schoß stand.
Die Frau riss den Mund auf. Der Schrei wollte nicht aus der Kehle dringen, er war auf dem Weg dorthin einfach erstickt.
Sie hatte das Gefühl, gefoltert zu werden, und gleichzeitig rann etwas durch ihren Körper wie ein elektrischer Stromstoß.
Bella wehrte sich inner- und äußerlich gegen den leichten Druck des Schädels, dessen »Gesicht« ihr zugewandt war, sodass sie auf diese leeren Höhlen schauen konnte.
»Nimm ihn weg!«
»Hast du Angst?«
Bella presste die Lippen zusammen und nickte.
»Warum hast du Angst?«
»Weil er echt ist. Ich will so was nicht!«
»Unsinn, Bella, das ist Unsinn. Der Schädel ist für dich sehr wichtig. Er gehört zu dir, denn er ist ein Erbe, das von der übernächsten Generation angenommen werden muss. Die Person, der dieser Schädel einmal gehörte, ist unsterblich, auch wenn sie schon längst gestorben ist. So musst du das sehen.«
»Nein, das kann ich nicht. Das geht nicht.«
»Alles geht. Alles geht mit dir, Bella Luna. Du bist eine Auserwählte, nur weißt du es nicht.«
»Das soll auch so bleiben.«
»Du bist eine Mamba!«
Bosco hatte es ausgesprochen, aber das Begreifen fiel Bella schwer. Sie deutete ein Kopfschütteln an und fragte mit belegter Stimme: »Was soll ich sein? Eine Mamba, eine Schlange? Nein, ich bin keine Schlange, ich bin ein Mensch.«
Bosco blieb dabei. »Du bist eine Mamba, und eine Mamba ist auch keine Schlange, sondern etwas ganz anderes. Du bist durch das Erbe zu einer Mamba, zu einer Hohepriesterin geworden, und genau diesem Schicksal kannst du nicht entgehen.«
Bella sagte nichts. Ihre feuchten Lippen zitterten. Sie schaute Bosco in die Augen, und darin las sie die Wahrheit. Sie wusste jetzt, dass er nicht gekommen war, um zu bluffen, denn er sah in ihr etwas Besonderes, eine Hohepriesterin des Voodoo-Kults.
»Begreifst du allmählich, wer du in Wirklichkeit bist?«, flüsterte Bosco ihr
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