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1230 - Der Traumdieb

1230 - Der Traumdieb

Titel: 1230 - Der Traumdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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geworden. Wer versuchte, ihr Verhalten zu deuten, der hätte auf den Gedanken kommen können, dass sie unter einem anderen Einfluss stand und sich in ihrem Innern von einem Augenblick zum anderen etwas verändert hatte.
    Sie sagte nichts. Sie schaute niemanden an. Sie hielt den Mund fest geschlossen, drehte sich nach links und ging mit kleinen Schritten auf das breite Fenster zu, als wollte sie ihr schwaches Spiegelbild in der Scheibe beobachten.
    Nach dem dritten Schritt flüsterte sie etwas vor sich hin.
    Weder Sheila noch Bill verstanden es. Der Reporter schüttelte nur den Kopf, während Sheila die Augenbrauen zusammenzog und ihren Blick auf den Rücken der Frau richtete.
    Neben einer Plastik war sie stehen geblieben. Sie bestand aus Eisen und war entsprechend schwer. Als Grundmotiv war ein Tier genommen worden, das sich aufgerichtet hatte. Allerdings konnte man von einem Tier ausgehen, das es in der normalen Fauna nicht gab. Es war ein Fantasiegeschöpf, mit ovalem Körper, gestrecktem Hals und schmalem Kopf, aus dem zwei spitze Hörner wuchsen, die aussahen wie Lanzen und die gesamte Gestalt noch mehr verfremdeten.
    »Pass auf!«, warnte Bill, weil er etwas ahnte.
    Die Warnung kam zu spät.
    »Er ist wieder da!«, rief Cora. »Der Dämon ist wieder da!«
    Blitzschnell griff sie zu und riss die schwere Plastik mit erstaunlicher Kraft in die Höhe.
    Es hielt sie nichts mehr auf dem Fleck. Beide Conollys waren zu weit von ihr entfernt, als dass sie rechtzeitig hätten eingreifen können. Außerdem ging Cora mit einer Schnelligkeit vor, die ihr niemand zugetraut hätte.
    Der Schrei gellte aus ihrem Mund.
    Es war ein letztes Zeichen, ein Aufflackern, dann wuchtete sie ihren Körper nach vorn und auch die Hand mit der schweren Plastik, die wie eine Bombe in die Fensterscheibe hineinraste und sie aufgrund der gewaltigen Wucht zerstörte…
    ***
    Wie von einem Orkanstoß getroffen flog die Tür nach innen.
    So hatte ich Platz, in das Wohnzimmer zu springen. Was ich sah, war furchtbar. Eine zerstörte Scheibe, aus der sich noch Glasteile lösten, aber auch eine Frau, die sich in das Chaos hineingestürzt hatte und mit taumelnden Schritten über den Balkon lief, um das Gitter zu erreichen. Sie prallte gegen die Brüstung, verlor das Gleichgewicht und kippte nach vorn. Der Rest des Glases regnete noch nach unten, als sie bereits vor unseren Blicken verschwand.
    Das Entsetzen hielt uns nur einige Sekunden lang in der Umklammerung. Dann war es auch für uns an der Zeit, etwas zu tun. Sheila und Bill waren aus der Nähe des Fensters zurückgewichen, um den scharfen Scheiben zu entkommen.
    Ich war deshalb schneller, rannte nach vorn und hörte unter meinen Füßen das Klirren der gläsernen Reste, wobei ich noch Glück hatte, nicht auszurutschen.
    Der nächste lange Schritt brachte mich auf den Balkon. In der Ecke stand ein zusammengeklappter Tisch. Daneben Stühle, die übereinander gestapelt waren, aber das sah ich nur aus dem Augenwinkel. Wichtiger war Cora Atkins, die sich in die Tiefe gestürzt hatte, wobei man hier von einer Tiefe nicht sprechen konnte. Jemand musste schon sehr unglücklich fallen, wenn er sich beim Aufprall aus dieser geringen Höhe schwer verletzen sollte.
    Auch auf dem Balkon rutschte ich über Splitter hinweg und hielt mich an der Brüstung fest, als ich mich über sie beugte.
    Plötzlich waren auch Sheila und Bill bei mir. Was sie sagten, darauf achtete ich nicht, denn ich wollte sehen, was mit Cora Atkins passiert war. Sie lag auf dem Boden. Beim Fall nach unten hatte sie einige Sträucher zusammengedrückt. Ein paar wenige Zweige waren wieder in die alte Stellung zurückgeschnellt, doch die meisten dienten Cora als Unterlage. Sie war reglos, und wir mussten das Schlimmste befürchten.
    Ich wollte genau wissen, was geschehen war, und das so schnell wie möglich. Deshalb kletterte ich auf die Brüstung, schaute kurz nach unten, suchte mir einen Landeplatz aus und sprang.
    Über mir waren Fenster geöffnet worden. Menschen schauten hinaus, aber es gab niemand, der etwas sagte oder seine Fassungslosigkeit hinausschrie. Es herrschte eine schon unnatürliche Stille.
    Ich dachte nicht näher über die Szenerie nach, aber ich vergaß sie auch nicht. Keine Schreie, keine Fragen, und als ich einen Blick an der Fassade in die Höhe gleiten ließ, da sah ich die Menschen auf den Balkonen stehen. Sie wirkten wie Puppen oder Zombies.
    Ich kümmerte mich um Cora Atkins und sah schon auf den ersten Blick, dass

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