1234 - Totensuche
einem Austausch.
Ich bewegte meine Füße und trat auf der Stelle. Darüber war ich glücklich, weil ich es noch schaffte, aber diese Veränderung innerhalb des Nebels machte mir schon zu schaffen, denn etwas völlig anderes floss auf mich zu.
Ich hatte den Eindruck, mich nicht mehr in einer Tiefgarage zu befinden. Mit dem Erscheinen des Nebels und der skelettierten Gestalten vermoderter Leichen war auch eine andere Umgebung zu mir gekommen, die ich zunächst nur roch.
Dabei schluckte ich auch, weil ich mich gegen diesen Gestank innerlich anstemmte. Im Prinzip konnte das nicht wahr sein. Es war irgendwie verrückt, aber es stimmte. Ich bekam den Geruch nicht mehr aus der Nase. So roch es auf Friedhöfen oder auch dort, wo Leichen lagen, die allmählich vermoderten.
Ich hielt den Atem an. Die Überraschung zwang mich dazu, und mein Blick bohrte sich in den dicken Dunst hinein, weil ich dort etwas zu sehen glaubte.
Zunächst war nichts Genaues zu erkennen, aber ich ließ nicht locker, denn ich wollte wissen, ob ich mich geirrt hatte. Nein, ich hatte es nicht, denn die Szenerie hatte gewechselt.
Es gab die abgestellten Autos nicht mehr.
Dafür war etwas anderes zum Vorschein gekommen, und für mich hatte ein Wechsel der Zeiten stattgefunden.
Keine Autos, keine Wände, keine Tiefgarage, dafür ein uralter, unheimlicher Friedhof…
***
Ja, das musste so sein. Es gab keine andere Lösung. Was sich da innerhalb der Schwaden zeigte, war das, was einen Friedhof überhaupt ausmachte. Grabsteine. Grau, wuchtig, kantig.
Manche, die schief im Boden steckten, der auch dort aufgerissen war. Es gab Löcher und Mulden. Aus beiden quoll der Nebel hervor und hatte die dort liegenden Gestalten mitgebracht.
Es waren die Fleischlosen, die Knöchernen, die Skelette, die den Friedhof bevölkert hatten. Sie waren in ihrer Totenruhe gestört. Sie hatten den Bau eines Hauses ein Mal hingenommen, ein zweites Mal jedoch nicht. Niemand hatte auf die Warnungen gehört. Sie wollten nicht, dass ein zweites Hochhaus neben das erste gesetzt wurde, und nun zeigten sie ihre Macht. Es war die Macht der Toten über die Lebenden, was sie bei zwei Menschen bereits bewiesen hatten.
Sie gingen, sie schwebten. Manchmal sahen sie aus, als würden sie sich innerhalb des Nebels auflösen, um sich danach wieder neu zusammenzufinden.
Keiner von ihnen verging. Sie blieben alle da. Sie waren einfach nicht zu zerstören, und sie schwammen auf mich zu, begleitet von einem modrigen Gestank.
Ein Skelett war mir verdammt nah. Zwischen seinen ausgestreckten Armen sah ich den hautlosen Kopf, gegen den ich meine linke Faust rammen wollte - und erleben musste, wie schwer mir diese Bewegung fiel. Die Kälte hatte bereits Besitz von mir genommen, und sie war hoch durch meinen Körper bis in die Brust gezogen, sodass ich Mühe hatte, überhaupt zu atmen. So wie mir musste es jemandem ergehen, der darauf wartete, zu erfrieren und keine Chance bekam, dem Tod durch den brutalen Frost zu entrinnen. Ich hatte einfach zu lange gezögert, und so war es mir kaum möglich, den Klauen zu entwischen.
Erst als sie mich an der Brust berührten und in Richtung Kehle hochfuhren, wurde mir klar, wie nahe der Tod bereits an meiner Seite stand. Das konnte ich nicht zulassen. Mein Lebenswille erwachte, ich zog das Kreuz aus der Tasche und riss die rechte Hand hoch.
Ich hatte darauf gesetzt, so schnell wie immer zu reagieren, aber es klappte nicht mehr. Ich war so verdammt langsam, weil meine Arme ebenfalls vereist waren.
Aber das Kreuz ließ mich nicht im Stich. Es brauchte nur den Kontakt mit der skelettierten Fratze zu bekommen, um seine Kraft zu entfalten.
Der Schädel strahlte für einen Moment auf, dann war er plötzlich verschwunden. Und dort, wo er geschwebt hatte, war ein Loch in der Nebelwand zurückgeblieben.
Als ich das sah, keimte wieder die Hoffnung in mir hoch. So wehrlos war ich doch nicht. Durch den inneren Motor gestartet, schoss eine heiße Flamme durch meinen Körper bis hinein in den Kopf und klärte mein Denken.
Jetzt kam ich mir wieder so vor wie damals, als ich den Todesnebel bekämpft hatte, denn meinem Kreuz war es gelungen, ihn zu stoppen. Ich erinnerte mich deutlich daran, wie ich mit dem Kreuz in der Hand nach vorn gegangen war und in den Nebel hineingetreten war.
Alles war damals okay gewesen, und darauf setzte ich hier auch, obwohl ich mich nur schwerfällig bewegen konnte, weil ich das Gefühl hatte, mit schweren Gewichten beladen zu sein, die
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