1234 - Totensuche
Flur war leer, sie hatten ihn praktisch für sich allein.
Suko sah, dass Corinna erleichtert aufatmete und sogar wieder lächeln konnte. Den Weg zur Treppe brauchte sie ihm nicht zu erklären, weil es Hinweisschilder gab, denen sie nur nachzugehen brauchten.
Sie wandten sich nach links. Da keine unmittelbare Gefahr drohte, gingen sie zügig voran, und Corinna Rice blieb stets in Sukos Nähe, wobei sie sich immer wieder umschaute und nach irgendwelchen Gefahren Ausschau hielt.
Da war nichts zu sehen. Es gab keinen, der sie aufhielt, und sie erreichten auch die Fahrstühle, die Corinna mit skeptischen Blicken betrachtete.
»Sie sehen normal aus«, sagte Suko.
»Wollen Sie doch mit ihnen…«
»Nein, wir bleiben jetzt bei der Treppe.«
Corinna musste schnell gehen, um Schritt halten zu können.
»Sie machen sich Sorgen um mich, nicht wahr?«
»Wollen Sie eine ehrliche Antwort?«
»Sicher.«
»Ich mache mir Sorgen um Sie, und so brauche ich Ihnen auch nichts vorzumachen. Denken Sie daran, wer umgebracht wurde. Beide Männer waren direkt mit dem Bauprojekt beschäftigt. Nun ja, und Sie sind es ebenfalls.«
»Das ist wohl wahr.«
»Eben. Deshalb auch meine Sorgen. Es kann sein, dass sie gekommen sind, um reinen Tisch zu machen. So, jetzt wissen Sie genau, was ich in diesem Fall denke.«
»Das ist ja grauenhaft…«
»Und realistisch.«
So einsam war es hier oben nicht. In ihrer Nähe öffnete sich eine Tür, und eine Frau erschien mit einem Stoß Akten auf dem Arm. Sie schrie leise auf, als sie die beiden Menschen sah und zog sich zurück, sonst wäre sie noch gegen sie gelaufen.
Sie gingen weiter. Corinna schaute sich noch zweimal um, bevor sie eine Tür erreichten, die den Zugang zum Treppenhaus markierte. Sie bestand aus Glas, besaß einen Metallrahmen und ließ sich nur schwer aufdrücken. Das übernahm Suko, der auch die ersten Schritte allein in das hell gestrichene Treppenhaus ging und einen Blick in die Tiefe warf, soweit dies möglich war.
Zu sehen war nichts, auch nichts zu hören. Er konnte den Boden mehr ahnen als sehen, als er sein Gesicht über das Geländer beugte und in den Schacht blickte.
»Sehen Sie was, Inspektor?«
»Nein.«
»Auch keinen Nebel?«
Suko drehte sich um. »Keinen Nebel. Ich denke, wir können es wagen.«
»Danke!«, flüsterte Corinna.
»Wofür?«
»Dass Sie sich um mich kümmern.«
»Das muss wohl so sein.«
»Weiß nicht. Ich kenne andere Männer, die immer auf den Putz hauen und sich selbst herausstellen. Wenn es aber darauf ankommt, dann ziehen sie sich zurück.«
»Ja, das ist wohl wahr, die gibt es.«
Suko stand bereits an der Treppe. Sie hatten einige Absätze hinter sich zu bringen und wollten auch nicht zu lange warten.
Vier Stufen nahm Suko, als er stehen blieb. So überraschend, dass Corinna Rice gegen ihn stieß und ihn fast ins Straucheln gebracht hätte.
»Was ist denn los?«
»Es wird kälter…«
Corinna schwieg. Suko hörte sie nur schwer atmen, und die warme Luft glitt dabei an seinem linken Ohr vorbei.
»Was machen wir denn jetzt?«
»Bleiben Sie hier.«
»Wo?«
»Auf der Treppe.«
»Und Sie?«
»Das werden Sie schon sehen.« Suko ging einen Schritt nach vorn und betrat die nächste Stufe.
Dort blieb er stehen, um die Dämonenpeitsche zu ziehen. Er hoffte, dass sie etwas bringen würde, auch wenn die Gefahr nicht als Festkörper zu sehen war.
Bis zum ersten Absatz stieg er hinab, blieb dort stehen, schaute nach vorn, und dann sah er den eisigen Nebel, der von unten her die Stufen der Treppe hoch kroch…
***
Ich hatte Suko alles gesagt und hoffte natürlich, dass er sich zusammen mit Corinna Rice in einer relativen Sicherheit befand, denn ich wollte die beiden nicht besuchen, sondern mich auf dem Nachbargrundstück umschauen, um das es den Totengeistern eigentlich bei ihrer Sache ging.
Im Eingangsbereich des Hauses hatte sich nichts verändert.
Es herrschte ein relativ starkes Kommen und Gehen. Der Mann an seinem Auskunftspult war sehr gefragt, gab seine Antworten auf Fragen, und dann hatte ich das Freie erreicht, wo ich nach wenigen Schritten erst mal stehen blieb. Ich schaute mich um und merkte den Wind, der mir frischer vorkam als noch vor dem Betreten des Hauses. Es konnte auch sein, dass ich es mir einbildete, aber wir hatten Herbst und da gehörte eben der schon kühlere Wind dazu.
Mein Blick fiel bis zur Themse. Der graue Strom zeigte hin und wieder sein Band, wenn er zwischen den Häusern zu sehen war.
Ich brauchte
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