1235 - Das Mord-Phantom
nervös.
Manchmal sieht man das Glück in kleinen Dingen. So erging es mir in diesem Augenblick, denn ich hatte schon beim Betreten in einer Ecke einen kleinen Hocker gesehen, auf dem ein dickes Kissen lag, das zum bequemen Sitzen einlud.
Dort ließ ich mich nieder.
Es machte mir bestimmt keinen Spaß, einen fremden Menschen beim Schlafen zu beobachten. In diesem Fall ging ich davon aus, dass es nicht allein beim Schlafen bleiben würde, wenn es stimmte, was mir Sams Mann gesagt hatte.
Der Lichtschein von der Seite her reichte bis zu ihrem Gesicht. Das Haar hatte sie gelöst. Es verteilte sich um ihren Kopf und breitete sich auf dem Kissen aus. Es kam mir länger vor, als ich gedacht hatte, und wieder musste ich mir eingestehen, dass der gute Tim Wilde sich eine hübsche Person zur Frau genommen hatte.
Samantha bewegte sich nicht. Sie lag in absoluter Ruhe da, und ich konnte ihre leisen Atemzüge wahrnehmen.
Mich wunderte nur etwas die Stellung des Betts. Es war so aufgebaut worden, dass sich hinter dem Kopfteil das Fenster abmalte. Ein dunkler Ausschnitt, gefüllt mit dem Atem der Nacht.
Da bewegte sich nichts. Es erschien keine Gestalt, die ihren Weg durch die Finsternis gefunden hätte.
Die erste Spannung war von mir genommen. Ich entspannte mich und setzte mich auch bequemer hin. Eine Zeitspanne hatte ich mir nicht vorgegeben, ich wollte abwarten, wie Sam Wilde reagierte und ob sie erwachte.
Wurde sie beeinflusst durch fremde Mächte? Erlebte ich hier etwas Ähnliches wie bei dem verbrecherischen Psychologen Barnabas Barker vor kurzem?
Als ich auf die Uhr schaute, stellte ich fest, dass schon zwei Minuten vergangen waren, in denen sich nichts getan hatte. Ich hatte auch keinen Schatten am Fenster gesehen - und zuckte dann zusammen, als ich das Stöhnen hörte.
Sofort richtete sich mein Blick wieder auf Sam Wilde!
Sie lag noch immer an der gleichen Stelle, aber sie hatte den Mund inzwischen geöffnet, und das sicherlich nicht nur, um Atem zu holen. Sie wollte etwas sagen und hatte plötzlich meine ganze Aufmerksamkeit.
Die ersten Worte konnte ich nicht verstehen, weil sie geflüstert waren, aber sie sprach sehr bald deutlicher, und so hörte ich, dass sie jemand rief.
»Komm… komm…«
Meine Haltung veränderte sich kaum. Ich beugte mich nur ein wenig weiter nach vorn, spitzte noch mehr die Ohren und stellte eine gewisse Unruhe bei Samantha fest.
Sie bewegte ihren Körper unter der dünnen Decke, die auf der Oberfläche Falten warf. Es war zu erkennen, dass sie die Beine anzog, sie auch anhob, dann wieder streckte und durch die Bewegungen dafür sorgte, dass die Decke verrutschte.
Sie bewegte sich nach links. Ich sah, dass ihre nackten Schultern zum Vorschein kamen, als sie den Kopf und auch den Körper immer heftiger von einer Seite zur anderen warf.
»Ja, ja, ich weiß es. Ich weiß doch, dass du da bist. Du bist in der Nähe. Ich… ich… werde dir gehorchen. Du hast mir geholfen, jetzt werde ich dir helfen. Bestimmt… ganz bestimmt…«
Ich hatte jedes Wort verstanden, aber aus dem Zusammenhang konnte ich mir keinen Reim machen. Sie sprach mit einem mir Unbekannten, und ich hatte das Gefühl, dass sie aus einer gewissen Dankbarkeit heraus zu ihm redete.
Ich blieb noch sitzen. Wenn ich jetzt aufstand und sie weckte, war das falsch. Sie befand sich in einem labilen Zustand und wurde von einer anderen Macht geführt und kontrolliert.
Ihre Hände lagen plötzlich auf der Bettdecke. Sie fuhren über den Stoff weg, dann verschwanden sie wieder unter der Decke, und Samantha Wilde blieb wieder starr liegen.
Ich konnte mir vorstellen, dass der Kontakt zu dieser anderen Seite, wer immer sie auch war, eingestellt war, aber ich war mir nicht sicher. Hier liefen Dinge ab, die möglicherweise erst am Anfang standen und sich noch entwickeln konnten. Sam stand unter dem Einfluss einer anderen Macht, die sich möglicherweise durch den unheimlichen Kapuzenmann manifestierte.
Immer wieder wechselten meine Blicke zwischen Sam und dem Fenster hin und her. Ich wollte eine Verbindung sehen, aber jenseits der Scheibe blieb es ruhig.
Sie sprach wieder.
»Bist du da?«
Eine Antwort bekam sie nicht, die gab sich Samantha selbst.
»Ja, ich weiß, dass du in der Nähe bist. Ich weiß, was du von mir willst. Ich werde es tun, ich werde dir meine Dankbarkeit beweisen. Du brauchst keine Angst zu haben…«
Wenn ich die Worte richtig interpretierte, dann war Sam in der Lage, das Andere oder die andere Gestalt
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