1235 - Das Mord-Phantom
Tages.
Aber es machte Spaß, und Stratton, der ständig daran dachte, leckte sich schon jetzt über die Lippen. In seinen kleinen schwarzen Augen lag das Leuchten einer wilden Vorfreude. Er würde in den nächsten Stunden einen großen Spaß haben, das war ihm versprochen worden, als er die verschlüsselte E-Mail erhalten hatte.
Er würde sich mit Miss X treffen. Sie war eine Frau, die alles kannte und nach außen hin ein völlig anderes Leben führte.
Nur in der Dunkelheit tauchte sie als Miss X auf, da war sie die Königin der Nacht oder der Schattenwelt. Da gab es keine Tabus für sie, und genau das liebte Stratton.
Alles war möglich - alles…
In dieser Nacht hatte ihm Miss X etwas Besonderes versprochen, denn er würde sie allein treffen. Diesmal war keine Gruppe da, in die er integriert wurde, und er war gespannt, was ihm diese Miss X bieten würde.
Sie war groß, sie war blond und sie war von einer kraftvollen Schönheit, wie er es auszudrücken pflegte. Er hatte zwar schon mit ihr Kontakt gehabt, jedoch nie allein. Immer waren andere dabei gewesen, und sie war auch nur selten gekommen, immer dann, wenn sie Zeit hatte und wenn es nicht auffiel.
Stratton ging davon aus, dass die Frau verheiratet war und deshalb Rücksicht nehmen musste.
Sie faszinierte ihn. Das hatte er ihr gesagt, ein Lachen geerntet, bis ihn dann diese E-Mail erreicht hatte, in der sie um ein Treffen bat. Sie hatte ihn neugierig gemacht. Er würde gern mehr von ihr erfahren, aber er kannte nicht mal ihren richtigen Namen. Selbst das Gesicht war in der schummrigen Dunkelheit nur schwer zu erkennen gewesen. Dafür kannte er ihren Körper um so besser.
Sabin fuhr jetzt langsamer, da sie sich dem Ziel näherten. Der Inder hatte den Wagen tiefer in das Grundstück hineinlenken müssen, und er stellte ihn dort ab, wo die beiden bei ihren Besuchen immer zu parken pflegten.
»Wir sind da, Sir!«
»Ja, ich sehe es.«
»Nur wir, Sir.«
»So war es abgemacht.«
Sabin stieg als Erster aus und öffnete seinem Boss die Tür, damit dieser sich aus dem Fond schieben konnte.
Jetzt war der Größenunterschied zwischen den Männern deutlich zu sehen. Einer wie Sabin hätte Stratton als Wicht bezeichnet, denn der Inder überragte ihn mehr als eine Kopfeslänge. Wie immer trug er seinen grauen Anzug, auch ein weißes Hemd und eine Krawatte mit einem dezenten Muster, aber auf seinen Turban hatte er nicht verzichtet. Selbst Stratton hatte ihn nur sehr selten ohne diese Kopfbedeckung erlebt.
Der Waffenhändler raffte den Stoffmantel vor seiner Brust zusammen und ging zwei Schritte vor, damit Sabin die Tür hinter ihm zuschlagen konnte. Er drückte sie leise ins Schloss und schaute sich dann so auffällig um, dass es sogar Stratton auffiel.
»Was ist los, Sabin?«
»Es gefällt mir nicht, wenn ich das mal so sagen darf, Sir.«
»Und was stört dich?«
»Die Stille.«
»Die hat es hier immer gegeben.«
»Das schon, aber heute ist sie anders. Man kann sie riechen, man kann sie erschnüffeln.«
»Dann sag mir doch, wie sie ist.«
»Bedrückend, gefährlich, lauernd. Mehr kann ich Ihnen nicht erklären, Sir.«
»Aber es ist nichts zu sehen!«
»Genau, Sir, und das empfinde ich sogar als schlimm.«
Robert Stratton lachte, was nicht echt klang, sondern schon etwas beunruhigt. »Willst du mir die schönen Stunden verderben, Sabin?«
»Nein, das will ich nicht. Ich bin nur besorgt, wenn Sie verstehen. Ich will Sie nicht kritisieren, Sir, aber ich entstamme einem anderen Kulturkreis, und wir erinnern uns noch an Dinge, die hier in Europa längst verschwunden sind.«
»Was könnte das sein?«
»Ich kann es Ihnen nicht sagen, Sir. Ich meine nur, dass keine gute Aura das Haus hier umgibt.«
Der Waffenhändler begann zu kichern. Als es ihm selbst auf die Nerven ging, presste er seine Hand vor den Mund. »Die Aura war nie gut, wenn ich das mal so sagen darf. Schließlich stehen wir hier nicht vor einem Kindergarten.«
»Sicher, Sir.«
Stratton schaute zu seinem Leibwächter hoch. »Aber die Antwort hat dich nicht befriedigen können - oder?«
»Ist meine Meinung wichtig?«
»Ja, Sabin, in diesem Fall schon. Ich habe dich angestellt, damit du mir bestimmte Gefahren vom Leib hältst. Dazu gehören auch Warnungen. Du rätst mir also, dass ich von hier verschwinden soll?«
»Man könnte den Termin verschieben, Sir.«
»Nein, das will ich nicht. Wer weiß, wann ich je wieder die Chance bekommen mit Miss X zusammen zu sein. Ich werde in das Haus
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