1237 - So rächt sich eine Bestie
waren, hütete Suko sich davor, ihn zu unterschätzen. Er hatte sich nicht geirrt, denn als er wenig später in das Gesicht des Mannes blickte, wusste er Bescheid.
Vor ihm stand einer von Justine Cavallos Veränderten, das Gesicht nass, die Haut bleich und trotzdem von einem bläulichen Schimmer überzogen. Der Mund stand offen, und die Augen besaßen keinen Ausdruck mehr, denn man als Blick bezeichnen konnte.
»Sorry«, sagte Suko wie entschuldigend und schlug blitzschnell mit der Peitsche zu.
Die Riemen fegten von unten nach oben. Sie erwischten den Körper des Mannes, der für einen Moment nichts tat und nur den Kopf senkte. Suko wusste, dass er einen Mann der Besatzung vor sich hatte, der nun kein Mensch mehr war.
Er stand vor ihm. Aus dem Mund drang ein röchelnder Laut, dann geriet die Gestalt ins Schwanken, kippte gleichzeitig zurück und prallte auf die Planken.
Mehr brauchte Suko nicht zu tun. Er sah, dass die Riemen auch das Gesicht erwischt hatten, denn dort waren die Spuren genau zu sehen. Die Haut war eingerissen und hatte eine dunkle Färbung bekommen. Auf der Oberlippe war sie rege lrecht weggefressen, dann zuckte die Gestalt noch einmal und trat mit den Füßen um sich, bevor sie starr liegen blieb und endgültig erlöst war.
Vorbei!
Suko war nicht froh darüber. Vor einigen Stunden war dieser Mann noch ein normaler Mensch gewesen. Womöglich hatte er nicht daran geglaubt, dass es überhaupt Vampire gab, und jetzt gab es ihn nicht mehr, doch seine Seele hatte Frieden bekommen.
Da es ein Mitglied der Besatzung gewesen war, nahm Suko an, dass es sich mit den anderen Männern ebenso verhielt. Er würde keinen normalen Menschen mehr hier an Bord antreffen, davon ging er aus, und er fragte sich, wie viele ihm noch über den Weg laufen würden.
Für einen Moment hatte er sich ablenken lassen, und genau das war sein Fehler. Er ahnte den zweiten Gegner mehr. Hinter seinem Rücken war er aufgetaucht - und griff zu.
Suko wurde nach hinten gerissen. Er stemmte sich auch nicht gegen den Griff an, sondern gab sich selbst Schwung, um noch schneller von den Beinen geholt zu werden.
Wuchtig schlug er auf die Planken, doch den Fall milderte er ab und ging über in eine Rolle rückwärts.
Sein Gegner war schon gesprungen. Er wollte mit beiden Beinen auf Sukos Brust landen, sprang aber ins Leere, trat dabei unglücklich auf und rutschte zur Seite hin weg.
Suko, der längst wieder auf den Beinen stand, schlug automatisch zu. Genau in diesem Augenblick hatte der andere seinen Kopf angehoben und ihn leicht schräg gelegt.
Die drei Riemen trafen das Gesicht!
Wieder klappte ein Maul auf. Diesmal hörte Suko kein Geräusch, nicht mal ein Röcheln oder Seufzen. Wenn je der Begriff von einem stummen Schrei zutraf, dann hier. Die Gestalt kippte um, als wären ihr die Beine abgehackt worden.
Das Gesicht war durch die Treffer der Riemen gezeichnet. In ihrer Breite malten sich dort dunkle Schneisen ab, und Suko wusste, dass er auch hier kein zweites Mal zuzuschlagen brauchte.
Geschafft!
Er atmete tief durch. Zwei Gegner weniger, aber zwei, die nicht unbedingt zu den Vasallen der Cavallo zählten. Sie hatte sie am Rande mitgenommen.
Diesmal war er vorsichtiger. Er suchte das Deck ab und fand es menschenleer.
Die Brücke war wichtig. Dort hatte er die ersten Bewegungen gesehen, und er ging davon aus, dass sich Justine Cavallo noch immer in diesem Schutz aufhielt, von dem sie auch einen besonders guten Überblick hatte.
Bis zum Ziel war es nicht weit. Suko musste nur ein paar Schritte über das Deck laufen. Er stieß gegen keine Hindernisse, weil dieser Bereich des Schiffes ziemlich leer war.
Die Brücke lag höher. Es musste eine Treppe geben, um sie zu erreichen. An der ihm zugewandten Seite fand er sie nicht.
Wahrscheinlich musste er um den Bau herumgehen.
Er kam nicht mehr dazu. Die Treppe sah er schon, als er stehen blieb und beinahe ausrutschte, weil er zu heftig gebremst hatte. Von oben kam niemand, dafür von der Seite, und diesmal waren es keine Besatzungsmitglieder.
Er sah zwei Gestalten wie aus dem Bilderbuch des Schreckens. Zum ersten Mal wusste er, dass er echte und auch alte Vampire vor sich hatte, die schon seit Jahren in diesem verfluchten Zustand dahinvegetierten. Sie trugen noch alte und verschlissene, nasse und verschmutzte Uniformen, wie man sie wohl aus dem Zweiten Weltkrieg her kannte, den Suko jedoch nicht erlebt hatte.
Er hatte es mit Soldaten zu tun. Irgendwelche Monster, die es hier
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