124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm
Steckt die Polizei dahinter?“ Unvermittelt ging
er zum Du über.
„Nein.“
„Eine
Privatdetektei?“
„Nein.“
„Ein Freund
Henry Parker-Johnsons?“ Brennan hielt sich streng an das Frageschema, das nur
derart einfache Formulierungen zuließ. Komplizierte Gedankengänge konnte er von
seinem Gegenüber nicht erwarten.
„Ja.“
„Wer ist es?“
„Ein
Studienfreund Henry Parker-Johnsons.“
„Name?“
Zwischen Mornas
Augen entstand eine steile Falte. „Weiß ... ich nicht... Er ist auch tot. Der
Sohn dieses Studienfreundes ... hat herausgefunden, wo Parker-Johnson steckt.“
„Wer ist
das?“
Nun zeigte
sich, dass Morna Ulbrandson ihre Lektion gut gelernt hatte. Die Kenntnisse um
den Plan wurzelten tief in ihrem Bewusstsein. „Dr. Larry Brent. der Sohn des
Studienfreundes aus Eton.“
„Und wo ist
Brent jetzt?“
„In der Nähe
des Hauses, in dem Harriet und Tony McGill leben“, antwortete Morna Ulbrandson
mit schwerer Zunge.
●
Das stimmte
nur noch bedingt. X-RAY-3 war in dem dunklen Ford, der ihm seit seiner Ankunft
am Wohnsitz Parker-Johnsons zur Verfügung stand, zur Ausfallstraße, die in
Richtung Pembroke führte, weggefahren. Um diese Zeit waren nur noch einzelne
Autos unterwegs. Eines davon war ein dunkelblauer Triumph Vitesse mit dem ihm
bekannten Kennzeichen. Als der Wagen vorbeifuhr, registrierte der blonde Mann
am Steuer des Fords die einzelne Person, die darin saß. Henry Parker-Johnson
kam allein. Das bedeutete, dass Morna zwar die Möglichkeit hatte, ihren
Schützling auszuschleusen, es aber dann - aus welchen Gründen auch immer -
nicht mehr geschafft hatte, ebenfalls noch zum ursprünglich vereinbarten
Treffpunkt zu kommen. Damit musste die ganze Abwicklung etwas anders erfolgen
als ursprünglich geplant.
Larry wendete
auf offener Straße seinen Mietwagen und folgte dem Triumph Vitesse. Das abseits
liegende Landhaus war durch eine Baumallee zu erreichen. Der Besitz der
Parker-Johnsons lag in einem riesigen Park. Auch jetzt hielt der Mann sich noch
an die Anordnungen der Krankenschwester. Wenn mit dem ersten Treffpunkt etwas
schiefgehen sollte, hatte Parker-Johnson den Auftrag, bis zu seinem Wohnort zu
fahren. Spätestens hier wollte Morna Ulbrandson dann auftauchen und mit ihm
alles Weitere besprechen. Sollte die Schwedin bis Mitternacht immer noch nicht
eingetroffen sein, musste auch X-RAY-3 davon ausgehen, dass schwerwiegende
Gründe Vorlagen und Morna keine Gelegenheit hatte, planmäßig ihre Zelte in dem
Nervensanatorium abzureißen.
Larry
aktivierte seinen PSA-Ring. Er war genauso geformt wie der Anhänger, den Morna
Ulbrandson an ihrem Armkettchen trug. Agenten trugen den Ring, Agentinnen waren
mit dem Anhänger ausgerüstet. X-RAY-3 nahm Kontakt zur PSA-Zentrale in New York
auf. Über die der Institution gehörenden eigenen Nachrichten-Satelliten war
jederzeit ein Funkverkehr rund um die ganze Erde möglich. Durch bestimmte
Code-Bezeichnungen wurde über den Umweg Zentrale auch eine Kommunikation
zwischen den einzelnen Agenten möglich. Davon machte Larry Gebrauch. Er setzte
sich nicht mit dem geheimnisvollen Leiter der PSA, X-RAY-1, in Verbindung,
sondern versuchte, Kontakt mit seiner charmanten und attraktiven Kollegin Morna
Ulbrandson aufzunehmen. „Hallo, Schwedenfee“, sagte er in die haarfeinen
Rillen, die als Meridiane in der Miniatur-Weltkugel eingelassen waren und unter
denen ein hochempfindliches, winziges Mikrofon saß. „Kannst du mich hören? Wäre
nett von dir wenn du mich darüber informieren würdest, warum ich auf deine
angenehme Begleitung verzichten muss . . .“
Das Rufsignal
kam rund fünfzig Meilen weiter südwestlich auch an. Das zarte Vibrieren und der
sanfte Piepton machten die Schwedin auf den Anruf aufmerksam. Aber auch diese
Signale reichten nicht aus, sie vollends aus ihrer Lethargie zu reißen, in der
sie sich noch immer befand. Das Signal kam an in dem kleinen Hinterzimmer, in
dem eine Lampe brannte. Sie lag auf der Pritsche, die Dr. Brennan beim Weggehen
nach unten geklappt hatte. X-GIRL-C war noch immer mit den Lederriemen
gefesselt.
Sie konnte den
Ruf nicht bestätigen. Sie merkte, dass da etwas war, konnte aber nicht sagen,
was. Die kleine Lampe auf dem Schreibtisch warf einen hellen Fleck auf
Tischplatte und Boden, dahinter breitete sich sanftes Sickerlicht aus, das
jedoch nicht mehr die äußersten Ecken und Winkel erreichte. Morna träumte vor
sich hin. Sie hatte das Gefühl, zwischen Himmel und Erde zu
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