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1250 - Absalom

1250 - Absalom

Titel: 1250 - Absalom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Bildes. Sie klatschten zum Abschluss und drehten sich vom Altar weg.
    Nur ich blieb noch vor der Absperrung stehen und betrachtete das Bild. Hinter mir verklangen allmählich die Schritte der Besucher auf der Treppe. Als sie kaum noch zu hören waren und es still in meiner Umgebung wurde, da vernahm ich neue Trittgeräusche. Diesmal nur von einer Person.
    Ohne mich umzudrehen, wusste ich sofort, wer da auf mich zukam.
    »Möchten Sie noch bleiben?«
    »Ja.« Ich drehte mich um. Julie Ritter stand vor mir und schaute mich prüfend an.
    »Was hält Sie hier noch?«
    »Nicht nur das Bild.«
    »Sondern?«
    »Auch Sie!«
    Es waren zwei harmlose Worte, aber sie hatten die Frau leicht geschockt, denn ich sah, wie sie zusammenzuckte. Sie wirkte plötzlich fahrig. Ihre Augen bewegten sich wie bei einer Person, die in einer Falle sitzt und nach einem Ausweg sucht.
    »Ich hatte es mir beinahe gedacht«, sagte sie.
    »Und warum?«
    »Es war nicht allein Ihr Blick. Es entstand plötzlich etwas zwischen uns. Ich kann es nicht fassen, aber ich hatte den Eindruck, als wäre es ein Band gewesen. Mir kam es seltsam vor.«
    »Wie seltsam?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie hob die Schultern an. »Ich kann Sie nicht einschätzen. Sind Sie möglicherweise gekommen, um das Altarbild mit anderen Augen zu sehen?«
    »Das kann sein.«
    Ich hatte in Rätseln gesprochen. Es gefiel mir selbst nicht, in diesem Fall allerdings hielt ich es für eine gute Möglichkeit, näher an die Geheimnisse heranzukommen.
    Die nächste Frage fiel ihr schwer. Julie setzte zwei Mal an, um sie zu stellen. »Sie… Sie… gehören doch nicht etwa zu den anderen?«
    Ich runzelte die Stirn. »Von welchen anderen sprechen Sie?«
    Heftig winkte sie ab. »Vergessen Sie es.« Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Sie sind kein Franzose oder Deutscher.«
    »Nein, ich bin Engländer.«
    »Aha. Und Sie sind nach Gent gekommen, um sich das Altarbild anzuschauen? Oder war es für Sie mehr Zufall und Zeitvertreib?«
    Diesmal gestattete ich mir ein Lachen. »Warum interessiert Sie das eigentlich so sehr, Frau Ritter?«
    Eine Weile blickte sie in mein Gesicht. »Ich habe Sie die ganze Zeit über beobachtet. Sie haben anders reagiert als die normalen Besucher. Bei Ihnen war nicht nur ein großes Interesse zu erkennen, sondern auch ein intensives Nachdenken über bestimmte Erklärungen, die ich abgegeben habe. Deshalb nehme ich an, dass Sie hinter meinen Worten mehr vermuten und ebenfalls hinter dem Bild.«
    »Was meinen Sie da genau?«
    Ihre nächste Frage klang etwas lauernd. »Vermuten Sie eine Botschaft hinter den Motiven?«
    »Sie nicht?«
    »Moment, mein Herr. Ich habe Sie gefragt. Und Sie sind mir eine Antwort schuldig.«
    »Ja, die bekommen Sie. Und sie ist nicht mal gelogen. Ich vermute mehr dahinter. Ich möchte die Spur zu einer bestimmten Frau finden. Zu Maria Magdalena.«
    Jetzt war es heraus, und ich war gespannt, wie Julie Ritter reagieren würde. Sie sagte nichts. Aber sie wurde blass, und ihre Hände verkrampften sich zu Fäusten. Es war kühl hier unten in der Krypta, aber auf der Stirn der Frau erschienen plötzlich Schweißtropfen. Sie bewegte ihre Lippen, ohne etwas zu sagen, und sie schüttelte auch leicht den Kopf. Bis sie sich überwunden hatte und eine Frage stellte.
    »Wer will das wissen?«
    »Ich heiße John Sinclair…«
    Mehr sagte ich nicht und beobachtete Julie nur. Ihr Gesicht bekam einen etwas harten Ausdruck. Es war zu sehen, dass sie scharf nachdachte. Sie schüttelte schließlich den Kopf. »Nein, ich habe Ihren Namen noch nie zuvor gehört.«
    »Ich Ihren auch nicht, Julie. Aber irgendwie scheinen wir uns gesucht und gefunden zu haben. Da hat das Schicksal ein Band geschlagen, denn wie Sie sagten, bin ich Ihnen sofort aufgefallen, als sich die Menschen versammelten.«
    »Das stimmt genau.«
    »Eben.«
    Julie Ritter gab sich etwas verlegen. Sie wusste nicht, wo sie ansetzen sollte, und fragte schließlich mit sehr leiser Stimme: »Ausgerechnet Sie interessieren sich für Maria Magdalena.«
    »So ist es.«
    »Warum tun Sie das?«
    Ich gab ihr keine direkte Antwort. »Wissen Sie nicht selbst, dass Maria Magdalena eine interessante Frau war? Das hat man schon vor Hunderten von Jahren erkannt. Wenn man sich das Altarbild genau betrachtet, dann ist sie hervorgehoben worden. Sie trägt das Kind des Lamms. Das ist von großer Bedeutung. Ich habe sie auch auf einem anderen Bild entdeckt. Dort steht sie zwischen Männern und hält sich zwar im Hintergrund

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