1256 - Belials Bann
dem Schild stand ein Name.
»Boris Ivanow«, sagte Karina.
»Kennst du ihn?«
»Nicht persönlich. Nur vom Ansehen. Er ist der Moderator der Sendung. Wir sollten mal nachschauen.«
Wie sie das gesagt hatte, ließ mich aufhorchen. Karina zog zögernd die Tür auf. Die Heizungen hatte man nicht abgestellt, denn ein Schwall von Wärme floss uns entgegen, als wir über die Schwelle traten.
Der Raum war verdunkelt worden, weil vor dem Fenster der Schnee klebte. Ich blickte mich zunächst um. Da sah ich einen Schrank, einen Schreibtisch mit einem Monitor drauf, und es wurde in der nächsten Sekunde besser, als Karina das Licht eingeschaltet hatte.
Hinter dem Schreibtisch stand ein Stuhl. Auf ihm saß ein Mann. Allerdings nicht in einer normalen Haltung. Er war nach hinten gekippt und wurde nur von der hohen Lehne gehalten. Der Kopf lag leicht zur linken Seite hin gedreht, und uns fiel auch auf, dass sein Mund offen stand. Er bildete ein blutiges Loch!
Wir verharrten stumm. Erst Sekunden später trauten wir uns in die Nähe des Schreibtischs, weil dort ein blutiger Gegenstand lag, den wir auf den ersten Blick nicht erkannten.
»Verdammt, was ist das?«, flüsterte Karina.
Ich ging an der linken Schreibtischseite entlang, um näher an den Gegenstand heranzukommen.
Jetzt erkannte ich ihn. Es war eine menschliche Zunge. Man hatte sie aus dem Mund des Mannes herausgeschnitten!
»0 verdammt«, sagte Karina Grischin mit leiser Stimme.
Ich fühlte mich wie vereist. Sofort spulten meine Gedanken die Überlegungen ab. Er war hier gewesen, denn ich ging einfach davon aus, dass Belial diesem Menschen die Zunge aus dem Mund geschnitten hatte.
Gestorben war er auf eine andere Art und Weise. Ich erkannte es an der Haltung des Kopfes. Man hatte ihm das Genick gebrochen.
»Boris Ivanow war Moderator«, erklärte Karina, »aber jetzt hat man ihn stumm gemacht. Einfach so, und ich frage mich, warum hat man das getan, verdammt?«
Eine Antwort zu geben war schwer, und ich hob die Schultern. »Er stand ihm im Weg.«
»Ihm?«
»Ja, ich gehe von Belial aus und nicht von Tamara. Ich glaube, dass der Engel der Lügen hier sein verdammtes Zeichen gesetzt hat. Ob er es für uns getan hat oder aus rein für ihn praktischen Gründen, um keinen Zeugen zu haben, das weiß ich nicht.«
»Armer Kerl.«
»Sie nehmen nie Rücksicht auf Unschuldige, Karina, so sind sie nun mal. Ich kenne das. Ich habe mich über Jahre damit herumschlagen müssen. Es ist für einen normal denkenden Menschen einfach nicht zu begreifen.«
»Ja«, sagte sie leise, »das sehe ich mittlerweile auch so. Aber wir müssen trotzdem etwas unternehmen.«
»Sicher. Hier kann keiner von uns bleiben. Ich denke, wir sollten uns mal das Studio anschauen.«
»Ja, das meine ich auch.«
Wir verließen das Büro des Moderators und bewegten uns jetzt anders als zuvor. Wesentlich vorsichtiger und gespannter. Hier war nichts mehr normal. Wir schlichen wie zwei Diebe in Richtung Studio.
Unsere Waffen hatten wir noch nicht gezogen, aber ich hatte mein Kreuz griffbereit in die Tasche gesteckt.
Der Weg zum Ziel war nicht sehr weit. Es kam uns nur länger vor, weil wir so langsam gingen. Wir passierten eine Garderobe, deren eine Wand von einem Spiegel eingenommen wurde und sahen das Ende des Flurs vor uns.
Es war durch eine Tür gekennzeichnet. Wie in wohl allen Studios der Welt bestand die Tür aus Metall.
Man hatte ihr einen grauen Anstrich verpasst, und rechts neben ihr befand sich eine kleine Tafel an der Wand. Hinter dem Glas waren die schwachen Buchstaben zu sehen, die bei der Sendung aufleuchten würden und Fremde davon abhielten, das Studio zu betreten.
Hier gab es niemanden, den sie abhalten konnten, abgesehen von uns, und wir würden hineingehen.
»Ich mache das!«, flüsterte Karina. Sie umfasste die schwere Klinke, bewegte sie nach unten und zog die Tür auf, die ihr fast lautlos entgegenschwang. Kühle und doch eine irgendwie schwüle Luft schlug uns entgegen.
Das Studio war recht groß, und es brannte sogar Licht, als hätte man uns erwartet.
Es war ein großer Raum, der trotzdem nicht so groß wirkte, weil er durch verschiebbare Wände abgeteilt worden war. Drei Kameras standen sich gegenüber und waren mit ihren künstlichen Augen doch nur auf ein Objekt in der Mitte gerichtet.
Dort standen drei bequeme Ledersessel um einen Tisch herum.
Karina deutete auf dieses Ziel. »Dort haben sie bei den Sendungen gesessen. Die Kranke, der Moderator und natürlich die
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