126 - Der Vampir vom roten Mond
polterten Felsbrocken durch eine Schlucht. Der Vampir zischte wie eine Dampflokomotive.
„Auf zum Blutflug! Durch die Lüfte in den Himalaja und zum großen Padma!"
Unga wurde von riesigen Klauen gepackt, aber so sanft, daß er keine Verletzung davontrug, daß nicht einmal seine Kleidung beschädigt wurde. Er hatte Don Chapman unter seinen Mantel geschoben. Der Zwergmann lugte oben beim Kragenausschnitt heraus.
Reena wurde ohnmächtig, als ein Vampir, so groß wie ein Yak, herunterschwebte und sie in seine Fänge nahm.
Galahad trug den Cro Magnon und den Zwergmann in die Lüfte. Das nepalesische Dorf Blobzang verschwand unter ihnen. Eiskalt pfiff der Nachtwind. Sie flogen dem Blutmond entgegen, die ganze Schar der Vampire und Vampirfledermäuse. Lautlos bewegten sich die großen Schwingen, und nur der Luftzug war zu merken. Der Schein des roten Mondes färbte den Schnee blutrot.
Unga drehte sich um und sah Reena, die von einem großen Vampir in den Klauen gehalten wurde. Der Flug war unwirklich und grauenhaft zugleich, wie ein fürchterlicher Alptraum. Manchmal ertönte ein schrilles Pfeifen oder Kreischen und verlor sich im Ultraschallbereich, wo menschliche Ohren es nicht mehr hören konnten.
Der Flug ging über die Berge hinweg, zu den dahinterliegenden höheren Bergen des mächtigen Himalajamassivs, des höchsten Gebirges der Welt. Es war, als bäumte die Erde sich auf, als würden Felsmassive und schneebedeckte, bewaldete Berge in den gestirnten Himmel wachsen. Hinauf ging es, immer höher und höher.
Unga zog den Mantel enger um sich, stellte den Kragen hoch und zog die Mütze tiefer in die Stirn und über die Ohren. Eiskalt war die Luft, aber auch herrlich frisch, ein Lebenselixier wie Champagner.
Don Chapman steckte warm unter Ungas Mantel. Auf eine grauenvolle Weise war dieser Flug mit den Vampiren, im Schein des Blutmondes, den Galahad beschworen hatte, schön. Manche Berghänge sahen aus, als würde Blut an ihnen herunterrinnen. Schluchten und Einschnitte bildeten tiefdunkle Schatten. Erhaben war diese Bergwelt, beeindruckend und monumental. Nur selten sah man Lichter, die eine menschliche Ansiedlung verrieten. Und immer dünner wurde die Luft.
Plötzlich - zwei oder drei Stunden waren sie schon geflogen - kreisten die Vampire auf der Stelle. Einen halben Kilometer unter ihnen lag ein Gehöft an einem Berghang am Waldrand. Balahad stieß schrille Pfiffe aus, und ein Dutzend Vampire und einige hundert Vampirfledermäuse sonderten sich ab. Sie stürzten herab, pfiffen ebenfalls schrill und rasten auf das Gehöft zu. Kein Licht brannte dort. Vielleicht lagen die Menschen in tiefem Schlaf; oder sie hatten sich bebend wegen des blutroten Mondes verkrochen und wagten nicht, ein Licht zu entzünden.
Vampir-Yogins und erst in dieser Nacht entstandene Vampire drangen geisterhaft durch die schmalsten Spalten und Ritzen, öffneten den Vampirfledermäusen Türen und Fenster und brachten den Menschen den Tod. Die Vampire löschten alles Leben in dem Gehöft aus, während die Hauptschar weiterflog.
Unga gruselte es, und Zorn erfaßte ihn. Am liebsten hätte er Galahad den Holzpflock in die Brust geschlagen. Abenteuerliche Gedanken huschten durch das Gehirn des Cro Magnon. Konnte er Galahall mit dem angespitzten Holzpflock bedrohen, ihn zwingen, ihn - Unga - und den Zwergmann davonzutragen, weg von den anderen? Konnte er Galahad vielleicht soweit erpressen, daß auch Reena fortgebracht wurde?
Als hätte der Vampirkönig seine Gedanken erraten, sprach er zu Unga: „Wenn du etwas versuchst, zerfleische ich dich mit meinen Krallen und lasse dich in die Tiefe stürzen. Und Reena muß es büßen. "
Unga zweifelte daran, daß Galahad ihn sofort hinuntergeworfen hätte. Wäre Reena nicht gewesen und hätten sie sich schon näher am Ziel befunden, hätte er es versucht. Aber so mußte er abwarten. Der Cro Magnon sagte sich, daß er nichts tun konnte, um die Menschen in den Hochtälern und auf den Hochebenen vor den Vampiren zu retten. Auch ohne Galahad würden die Vampire ihren Blutdurst stillen.
Noch zweimal in dieser Nacht schickte Galahad Gruppen von Vampiren und Vampirfledermäusen zu Gehöften und zu einem Dorf. Grauenvolle Szenen spielten sich unter dem roten Mond ab; denn auch wenn Unga sie nicht sah, so konnte er sie sich doch vorstellen. Die Horden der Nacht kannten keine Gnade und kein Erbarmen.
Unga schaute sich mehrmals nach Reena um. Sie war einganzes Stück von ihm entfernt. Immer höher ging es,
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