1261 - Blut aus dem Jenseits
Glücklich sah er auch nicht aus. »Ich will ja nichts herbeizaubern, aber ich denke schon, dass wir mit diesem Fall noch einige Probleme bekommen können.«
»Ja, das befürchte ich auch. Schlaf trotzdem gut.«
Er lachte. »Ich werde es zumindest versuchen.«
Wenig später hatte ich meine Wohnungstür aufgeschlossen. Ich betrat den dunklen Flur, schaltete das Licht ein und ging ins Wohnzimmer, das mir immer so leer vorkam. Das ist nun mal bei einer Wohnung so, die nur von einer Person bewohnt wird.
Der Nackte ging mir nicht aus dem Kopf. Dabei stand es nicht mal genau fest, ob es sich um eine männliche oder eine weibliche Person handelte. Er war ein Neutrum. Er war ein Es, und der Gedanke daran, dass er den Engeln näher stehen könnte als den Menschen, wollte mich einfach nicht loslassen.
Ja, ein Engel! Ein Menschengel oder so ähnlich. Zugleich ein Geschöpf, das gehasst und deshalb auch getötet worden war. Aber wer war sein Jäger gewesen?
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es sich dabei um einen echten Menschen gehandelt hatte. Da wurde eine Auseinandersetzung zwischen Wesen geführt, die eine Ähnlichkeit mit Menschen aufweisen oder sogar fast so aussahen, aber keine waren.
Ich zog die Tür zum Kühlschrank auf. Viel befand sich nie darin, ein paar Grundnahrungsmittel, zu denen ich auch das Bier zählte. Sechs Dosen verteilten sich dort, aber eine reichte mir. Die holte ich hervor und riss die Lasche auf.
Aus der Öffnung zischte der Schaum. Bevor er sich verteilen und überlaufen konnte, hatte ich die Dose angesetzt und trank die beiden ersten Schlucke.
In der Küche wollte ich nicht bleiben und ging zurück in den Wohnraum. Dort war es bequemer. Ich machte die Beine lang, hielt die Bierdose fest, aus der ich hin und wieder einen Schluck trank. An Schlaf war nicht zu denken, und ich blieb deshalb im Sessel sitzen und grübelte über gewisse Dinge nach.
So sehr ich mich auch bemühte, die Gedanken glitten weg. Ich kam zu keiner Lösung und nicht mal zu einem Ansatzpunkt. Mir war allerdings auch klar, dass ich die Dinge nicht laufen lassen konnte.
Es ging weiter, es musste weitergehen und ich sah mich schon im Mittelpunkt des Geschehens, obwohl ich selbst noch nichts damit zu tun hatte.
Zur Hälfte hatte ich die Dose geleert, als mir etwas auffiel. Ich beschäftigte mich bereits mit dem Gedanken, ins Bett zu gehen, doch urplötzlich war ich hellwach.
Da war jemand am Fenster!
Ich hatte die Bewegung außen gesehen, und es war kein Schatten und auch keine Lichtbahn, die in der Nähe vorbeigeglitten wäre.
Ich stellte die Dose weg. Plötzlich war die Spannung wieder da. Dieses Kribbeln im Bauch, aber auch das auf dem Rücken. Ich hatte das Gefühl, dass es weiterging und ich plötzlich in einem Fall steckte, der schon vor einigen Stunden begonnen hatte.
Dass ich auf eine ungewöhnliche Art und Weise Besuch bekam, war mir nicht neu. Ich hatte schon einige davon erlebt und auch gewisse Angriffe. Deshalb war ich vorsichtig, als ich mich aus meinem Sessel erhob und langsam auf das Fenster zuging.
Was sich da vor der Scheibe abgespielt hatte, das war mir nicht genau gezeigt worden. Nichts Konkretes. Nur eben die huschende Bewegung und mehr nicht.
Ich wartete noch einen Moment. In der Scheibe spiegelte sich zu viel Licht, das mich irritierte. Deshalb schaltete ich es aus und war schnell wieder zurück.
Leider blieb hinter dem Fenster alles normal.
Dahinter lag weiterhin der dunkle Himmel. Er war nicht mehr klar, das schöne Wetter der beiden vergangenen Tage würde in dieser Nacht wechseln, denn aus Westen zog mal wieder ein Tief heran.
Erste Wolken drängten sich schon am Nachthimmel zusammen.
Ich öffnete das Fenster. Sofort spürte ich den Wind, der in mein Gesicht schlug. Es war auch kühler geworden. Die Luft roch nach Regen, aber das nahm ich alles nur nebenbei wahr. Mich interessierte die unmittelbare Umgebung des Fensters. Hier hatte ich die Bewegung gesehen, die nicht von einem Vogel stammte. Da war ich mir sicher. Etwas anderes musste sich in der Luft aufhalten.
Ich lehnte mich weiter vor. Gab dabei auch Acht und hielt mich fest. Zuerst der Blick nach rechts.
Nein, da war nichts.
Dann schaute ich nach links. Auch hier reihten sich die Fenster nebeneinander auf. Die meisten waren dunkel um diese Zeit. Nur aus wenigen drang noch Licht hervor und ich merkte plötzlich, wie sich etwas in mir zusammenzog.
Mit der Hauswand stimmte etwas nicht!
Und das passierte genau zwischen zwei
Weitere Kostenlose Bücher