1263 - Das Wissen der Toten
ist weg!«
»Das habe ich gesehen.«
Alexa kicherte. Zum ersten Mal erlebte Jane sie wie einen normalen Teenager. »Der Spiegel hat ihn einfach gefangen. Er ist in ihn hineingedrungen und auf der anderen Seite gelandet.«
»Auf der anderen Seite?« wiederholte Jane fragend.
»Ja. Es gibt sie.«
»Das verstehe ich nicht.«
Alexa lachte wieder. »Keine Sorge, Jane, das begreifen die meisten Menschen nicht. Aber ich habe es begriffen, und ich komme damit gut zurecht, das musst du mir glauben.«
»Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Er hätte eigentlich abprallen müssen.«
»Und jetzt hat ihn ein anderer!«, erklärte Alexa beinahe schon triumphierend, sodass Jane aufhorchte.
Aber sie riss sich zusammen. Sie wollte ihre Neugier nicht zu stark erkennen lassen. »Hast du von ihm gesprochen?«
»Klar.«
»Und wer ist er?«
»Mein Freund.«
»Ach so.«
»Er heißt Peter!«
Jane blickte dem Mädchen ins Gesicht. »Du hast also einen Freund mit dem Namen Peter, der ganz woanders zu finden ist? Aber wer ist dieser Peter genau? Oder hast du nur den Spiegel so genannt?«
Jane hatte provozieren wollen, und das schaffte sie auch, denn Alexa schüttelte unwillig den Kopf.
»Rede doch nicht so dumm daher. Peter heißt nicht der Spiegel. Peter ist derjenige, den ich mag und dem ich vertraue. Du wolltest doch wissen, warum meine Leistungen so explodiert sind? Das verdanke ich Peter. Er ist derjenige, der mir alles beigebracht hat.«
»Da kann man dir ja nur gratulieren. Ehrlich gesagt, ich würde Peter gern kennen lernen.«
Alexa legte den Kopf schief. Ihre Augen waren zusammengekniffen, als sie Jane anschaute. »Hast du das nur so aus Spaß gesagt? Oder ist es dir damit ernst?«
»Nein, nein, das ist kein Spaß gewesen. Dieser Peter interessiert mich wirklich.«
»Er lebt nicht hier.«
»Das dachte ich mir.«
»Er lebt oder existiert in einer ganz anderen Welt, verstehst du?«
»Ja, ich denke schon und gehe mal davon aus, dass Peter in der Welt im oder hinter dem Spiegel lebt. Dort ist seine Heimat. Da genau hält er sich verborgen. Und du hast ihn schon gesehen?«
»Ja, denn hin, und wieder zeigt er sich. Er nimmt gern Kontakt mit mir auf. Das muss so sein, und ich freue mich auch darüber, wenn er es tut. Das kannst du mir glauben.«
»Ja, ja, ich glaube dir alles«, erklärte Jane und suchte nach dem bunten Ball.
Er war nicht zu sehen. Nicht mal ein farbiger Fleck inmitten dieser wolkigen Landschaft, und genau das lenkte Janes Gedanken in eine bestimmte Richtung. Sie gehörte zu den Menschen, die schon oft mit dem Übersinnlichen konfrontiert worden waren. Sie hatte sich damit abgefunden und nahm es deshalb nicht anders wahr als auch das Sinnliche. Sie kannte auch andere Welten oder Dimensionen, in denen oft genug gefährliche Wesen herrschten, doch seltsamerweise wollte sie in diesem Fall nicht daran denken. Auch wenn sie es versuchte, das Unterbewusstsein stemmte sich doch dagegen, und es kristallisierte sich schon eine bestimmte Lösung hervor.
Dieser Spiegel war der Weg in eine andere Ebene oder Sphäre. Aber er konnte zugleich der Weg ins Jenseits sein, sodass Alexa Kontakt mit dem Geist eines verstorbenen Peters bekommen hatte.
Peter war als Mensch nicht mehr vorhanden. Er war tot, begraben. Es gab ihn nur als Geist.
Das Mädchen war schlau und hatte Jane gut beobachtet. »Woran denkst du denn jetzt?«
»An Peter.«
»Das glaube ich dir.«
»Es gibt ihn nicht mehr als Mensch - oder?«
»Wie meinst du das?«
»Peter ist tot!«
Jane hatte die letzte Bemerkung bewusst ein wenig hinausgezögert, weil sie sich hatte darauf vorbereiten wollen, und sie sah jetzt, wie das Gesicht des, Mädchens einen erstaunten Ausdruck bekam.
»Habe ich Recht?«
Es dauerte auch jetzt eine gewisse Zeit, bis Alexa reagierte. Dann nickte sie Jane bedächtig zu. »Ja, du hast gut geraten. Peter gibt es nicht mehr als Mensch.«
»Dann kann er nur ein Geist sein!«, stellte Jane Collins fest.
»Ja, so sehe ich das auch!«
Jane wunderte sich, mit welcher Lässigkeit das Mädchen die Antwort gegeben hatte. Für Alexa schien es das Natürlichste der Welt zu sein, damit umzugehen. Auf der einen Seite die Menschen, auf der anderen die Geister und die Totenwelt.
»Dann hat der Tote mit dir Kontakt aufgenommen und dich schlau gemacht.«
»Richtig.«
»Und hast du ihn gekannt?«
»Nein, vorher nicht. Er war im Spiegel versteckt. Sein Geist ist dort eingedrungen.«
»Kennst du ihn schon lange?«
»Nicht so sehr,
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