1266 - Schleichende Angst
seinem vertrauten Umfeld besuchte, dann würde er vielleicht den Mund aufmachen und über seine Angst, aber auch über sein Wissen reden.
Es war natürlich alles Theorie, aber der Inspektor wollte sich den Beweis holen.
Er hatte ungefähr zehn Minuten gewartet und das Haus, in dem der junge Mann wohnte, nicht aus den Augen gelassen. Aufgefallen war ihm nichts. Shaw hatte sich auch nicht am Fenster gezeigt, aber das konnte ganz normale Gründe haben.
Malcolm ging nach Ablauf dieser Zeitspanne mit zügigen Schritten auf das Haus zu. Er dachte auch an seinen Kollegen John Sinclair und wunderte sich darüber, dass dieser noch nicht eingetroffen war. Er wollte nicht glauben, dass ihn ein Mann wie Sinclair versetzte, aber im Leben war alles möglich. Außerdem hatten sie keine Absprache darüber getroffen, wo sie sich treffen wollten.
Butt hatte seinen Schützling in das Haus hineingehen sehen. Ihm war aufgefallen, dass er die Tür nicht aufzuschließen brauchte. In Orten wie diesen stand sie zumeist offen, und so war es auch bei ihm. Schon beim ersten Hinsehen stellte er fest, dass er die Tür nur aufzudrücken brauchte. Er betrat das Haus und erlebte die Enge des Flurs und auch die Schmalheit der Treppe.
Um den Zugang zum Geschäft kümmerte er sich nicht, sondern schlich sofort die Stufen hoch. Seine Schritte waren nicht zu hören, denn er wollte lauschen.
Es blieb still, aber es fiel ihm schon der scharfe Geruch auf, als er die normale Treppe hinter sich gelassen hatte. Sofort stellte Malcolm fest, dass der Geruch ihn aus der Höhe traf. Die Quelle lag über ihm in einem der Zimmer.
Es roch verbrannt. Es stank nach kaltem Rauch, den er schon bald auf der Zunge spürte. Er kratzte auch in seiner Kehle, und Butt schmeckte ihn sehr bald in seinem Speichel.
Dann erreichte er die Tür.
Sie war nicht zugezogen, und er hörte tatsächlich Stimmen. Stanley Shaw hatte Besuch bekommen.
Plötzlich kribbelte es in Butts Nacken. Da er das Haus eine Weile beobachtet hatte, hätte es ihm auffallen müssen, wenn jemand zu Shaw gekommen war.
Das war leider nicht der Fall gewesen, und so musste er davon ausgehen, dass dieser Besuch bereits auf den jungen Biologen gewartet hatte, was ihm nicht gefiel.
Als Polizist hatte er gelernt, misstrauisch zu sein. Oft gaben Bilder einen falschen Eindruck wider, denn hinter ihnen konnte etwas sehr Böses lauern.
Davon ging er auch jetzt aus, als er nicht nur die Tür behutsam öffnete, sondern auch seine Waffe zog. Malcolm Butt wusste, dass er genau das Richtige in diesem Moment tat, und so schob er sich so leise wie möglich in die Wohnung.
Im Wohnraum hielt sich niemand auf, das beruhigte ihn schon mal. Aber im Nebenraum hielten sich die Personen auf. Dort wurde auch gesprochen. Leider nur halblaut, sodass er auch keine Sätze verstehen konnte. Aber es war auch die Stimme einer Frau, die ihn aufmerksam werden ließ. Für einen Moment dachte er daran, in eine Szene hineinzugeraten, die sehr persönlich war, aber so hörten sich die Geräusche nun wirklich nicht an. Das komische Gefühl blieb bei ihm weiterhin bestehen, als er sich auf leisen Sohlen vorschob.
Da die Tür zum Nebenraum nicht ganz geschlossen war, konnte er einen Blick durch den Spalt werfen.
Zwei Personen gerieten in seinen Sichtbereich. Die eine lag auf dem Bett, es war Stan Shaw. Die andere, eine Frau, kniete auf ihm, und sie hielt etwas in der Hand, was ihm gar nicht gefallen konnte. Ein Messer mit verdammt scharfer Klinge.
Selbst die Haltung verriet ihm einiges. Die Frau würde Stan die Kehle durchschneiden.
Das war der Augenblick, an dem Malcolm Butt eingriff…
***
Alle hatten den Satz gehört! Die beiden Frauen und auch Stan Shaw. Und er war hineingeplatzt wie eine Bombe, die mit aller Macht explodiert war. Aber es bewegte sich niemand, selbst die abgebrühten Frauen waren von den Worten überrascht worden.
Sie taten nichts. Sie waren erstarrt. Edda bewegte das Messer ebenfalls nicht. Es schwebte über der Kehle des jungen Biologen und senkte sich um keinen Millimeter.
Es waren die Sekunden der Erstarrung und auch die Zeit der Angst, die sich ausbreitete. Stan Shaw hatte das Gefühl, dass diese Angst wie ein Schlamm war, der auf dem Weg zur Kehle gestoppt hatte und ihm jetzt den Atem nahm.
Die Stimme des Inspektors unterbrach die lastende Stille erneut. »Weg mit dem Messer!«
Edda lachte. »Wer bist du?«
»Das spielt keine Rolle, nehmen Sie das Messer weg!«
»Und wenn nicht?«
»Eine Kugel ist
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