1270 - Belials Liebling
Stimme klang nicht eben freundlich. Sie schien keine guten Erfahrungen gemacht zu haben.
»Nein, das sind wir nicht«, sagte ich und präsentierte ihr meinen Ausweis. »Ach, die Polizei?«
»Genau.«
»Und was wollen Sie?«
»Mit Ihrem Mann reden.« Ich fügte noch unsere Namen hinzu und deutete auf eine offene Tür.
»Finden wir ihn dort?«
»Ja.«
»Danke.«
Lächelnd gingen Suko und ich an der Frau vorbei, die dann allerdings schneller war und als Erste in das Zimmer hineinwieselte, in dem ein Mann saß, der ein Glas mit Rotwein in der Hand hielt. Eine halb volle Grappaflasche stand noch auf dem blank geputzten Tisch. Der Mann schaute kaum hoch.
Er blickte in sein Weinglas und saß wie angeklebt in seinem Sessel.
»Die Herren wollen zu dir, Tino.«
»Schick sie weg, Anna. Ich habe keine Lust mehr.«
»Aber sie sind von der Polizei.«
In Tino erwachte das Interesse. Er stellte sein Weinglas auf dem Tisch ab, drehte den Kopf und schaute uns an. Er sah mitgenommen aus. Seine Haare waren leicht angesengt, die Augenbrauen kaum zu sehen und die Haut wirkte blass bis grau. Den Blick konnte man als sehr müde bezeichnen.
Er trug ein weißes Hemd, eine schwarze Jeans und braune Halbschuhe. In den dunklen Haaren lag ein leichter Grauschimmer wie von einem Spinnennetz hinterlassen.
»Ich habe schon alles gesagt und kann euch Polizisten auch nicht mehr erzählen.«
»Davon würden wir uns gern selbst überzeugen«, meinte Suko.
»Wenn Sie wollen.«
Anna Caresi stand in der Nähe und machte einen unsicheren Eindruck. Sie lächelte verkrampft, als sie uns Platz anbot. Wir setzten uns auf eine Couch, deren Sitzfläche von einer braunen Decke verborgen wurde.
Sie wollte uns auch etwas anbieten, aber wir lehnten ab. Dann holte sie sich einen Stuhl herbei und ließ sich ebenfalls nieder.
»Was wollt ihr wissen?«
»Es geht uns um das, was Sie vor dem Unglück gesehen haben, Mr. Caresi«, sagte Suko.
»Um das Mädchen?«
»Ja.«
»Beschreiben Sie es«, forderte ich ihn auf.
»Na ja, wenn Sie wollen.« Er trank zunächst einen Schluck Wein. Danach hörten wir sehr aufmerksam zu und wussten schon nach wenigen Worten, dass Tino Caresi Julie Wilson getroffen hatte. Er erzählte uns auch, dass sie ein rötliches Kleid getragen hatte und sprach von einer Puppe.
»Das Kleid«, flüsterte Suko mir zu.
»Alles klar!«
»Was sagen Sie da?« fragte Caresi.
Ich schüttelte den Kopf. »Wir haben uns nur abgestimmt, Mr. Caresi. Aber bitte, erzählen Sie weiter.«
Er senkte den Blick und zog die Schultern in die Höhe. »Sie hat ja nicht viel gesagt«, flüsterte er.
»So gut wie nichts. Ich habe das alles genau verstanden. Sie hat mich gewarnt. Ich sollte verschwinden. Dann bin ich gegangen.«
»Aber erst nachdem sie verschwunden war - oder?«
»Ja, das stimmt.«
»Wie ging es weiter?«
»Dann kam der Wagen.«
Ich wehrte mit beiden Händen ab. »Das ist mir schon klar, aber haben Sie Julie nicht noch mal draußen gesehen?«
Er überlegte, dann nickte er. »Doch, das habe ich. Ich… ich… sah sie noch draußen. Sie stand da wie verloren. Ich wollte sie auch ansprechen, aber das ging nicht mehr. Sie tauchte plötzlich ab.«
»Sie tauchte ab?« fragte Suko.
»Wie meinen Sie das?«
Tino überlegte. Er zündete sich eine Zigarette an und schaute versonnen dem Rauch nach. »Das war mit der Dunkelheit so ähnlich wie mit dem Rauch hier. Sie ging hinein in die Dunkelheit und dann war es aus. Sehr komisch.«
»Wieso komisch?« fragte Suko.
»Weil ich das Gefühl hatte, als hätte sich dort etwas bewegt. In der Dunkelheit. Oder sie selbst. Ich weiß, dass es nicht einfach zu erklären ist, aber das ist für mich so gewesen. Sie können mich auslachen oder mich für einen Spinner halten, doch ich bleibe dabei. Da war ein Schatten in der Finsternis.«
Anna meldete sich. Sie saß wie eine Heilige auf dem Stuhl und hielt sogar die Hände gefaltet. »Genau das hat mein Mann den Fernsehleuten auch erzählt.«
»Wurde ihm geglaubt?«
»Ich weiß es nicht, Mr. Sinclair. Sie haben jedenfalls Interesse gezeigt, das ist alles.«
Suko beugte sich leicht nach vorn. »Sie haben gesagt, dass es dunkel war,,, Mr. Caresi. Haben Sie nicht trotzdem etwas erkennen können? Ich meine einen Umriss, aus dem hervorgeht, wer sich dahinter wohl hätte verbergen können?«
»Nein, das habe ich nicht.«
»Es war also ein Schatten?«
»Ja.«
»Mit Schwingen?«
»Hä?« Caresi sagte zunächst nichts und schüttelte den Kopf. »Mit
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