1271 - Die Geister, die sie rief
wollte Glenda Perkins wissen.
»Klar. Sie hat es mir so gesagt. Und ich sah keinen Grund, ihr nicht zu glauben.«
Glenda schüttelte den Kopf. »Das ist Wahnsinn, John. Was sagst du dazu?«
»Das Gleiche wie du.«
»Und was könnte passieren, wenn sie die Geister beschwört?« fragte Glenda weiter.
»Das weiß ich nicht. Ich bin nie dabei gewesen. Sie müssen mir das wirklich glauben.« Sie schlug mit den flachen Händen auf den Tisch. »Ich war eine Schülerin. Sie hat mich nie in die hohen Weihen hineingelassen. Ich konnte nichts tun. Nur Fragen stellen und darauf hoffen, dass ich Antworten bekomme.«
»Aber Sie beschäftigen sich mit der Materie?«, fragte ich noch mal nach.
»Ja, natürlich. Ich bin auch so etwas wie eine Wahrsagerin. Aber ich stehe noch am Beginn.«
»Praktizieren Sie?«
Mona nickte mir zu.
»Sie sind eine Hexe?«
Diesmal erfolgte die Antwort nicht sofort. Mona rückte etwas von uns ab. »Was soll ich Ihnen darauf antworten?«
»Nur die Wahrheit sagen.«
»Ja, Mr. Sinclair. Ich sehe mich als Hexe. Oder fühle mich ihnen zugehörig. Ist das schlimm für Sie? Sind Sie jetzt enttäuscht, weil ich so geantwortet habe?«
»Überhaupt nicht. Ich sagte Ihnen ja schon, womit wir uns beschäftigen. Ich kenne Frauen, die sich als Hexen bezeichnen, und habe sie als tolerante Menschen erlebt. Auf der anderen Seite bin ich auch mit denen in Berührung gekommen, die sich tatsächlich dem Satan verschrieben haben, und da liegen die Dinge dann anders.«
»Zu denen gehöre ich nicht. Ich bin jemand, der auf der Grenze steht. Ich möchte die Geheimnisse der einen und auch der anderen Seite ausloten.«
»Ich weiß, dass es viel Dinge in dieser Welt im sichtbaren und auch im unsichtbaren Bereich gibt, die sich nicht erklären lassen. Deshalb können mich Ihre Antworten auch nicht überraschen. Ich akzeptiere dies, denn ich habe durch meinen Job tagtäglich mit diesen Phänomenen zu tun. So und nicht anders liegen die Dinge.«
Mona Lucanda schwieg. Sie schaute mir dabei fest in die Augen, als wollte sie auf den Grund meiner Seele blickten. Ihr Gesicht blieb in den folgenden Sekunden sehr ernst, bis sie schließlich die Lippen zu einem Lächeln verzog. »Sie sind ein außergewöhnlicher Mann, Mr. Sinclair. Und Sie ebenfalls, Glenda. Mittlerweile habe ich die Überzeugung bekommen, dass unser Zusammentreffen kein Zufall ist, sondern vom Schicksal in diese positive Richtung gelenkt wurde. Ich habe Sie erst nicht richtig begriffen, aber das sehe ich jetzt anders.«
»Danke.«
»Aber…«, sie legte die Hände so gegeneinander, dass sie ein Dach bildeten. »Es gibt nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft. Und darüber sollten wir nachdenken.«
»Gern.«
»Dann stelle ich die Frage, wie es weitergehen könnte. Wir wissen es sicherlich nicht, aber ich denke, dass es gut wäre, darüber zu reden. Oder meinen Sie nicht?«
»Doch, ich bin dafür.«
»Sehr gut. Was denken Sie?«
Diesmal schaute ich sie an. »Dass Sie in Gefahr sind, Mona! Nicht mehr und nicht weniger.«
Es konnte sein, dass meine Ehrlichkeit sie geschockt hatte, denn sie war plötzlich sprachlos. Die Unsicherheit konnte sie nicht überspielen, und sie grübelte über meine Bemerkung nach, ohne eine Antwort zu finden.
»Soll ich Ihnen den Grund nennen, warum ich so denke?«
»Das wäre gut.«
»Dabei ist es ganz einfach. Sie wissen einfach zu viel, Mona. Es ist damit zu rechnen, dass die andere Seite, Justine Cavallo, ebenfalls darüber informiert ist. Sie tut nichts, ohne sich damit gründlich beschäftigt zu haben. Sie wird Camilla und deren Umgebung ausgeforscht haben, und dieses Wissen wird sie einsetzen.«
»Aber ich weiß nicht viel.«
»Wird die blonde Bestie das auch wissen?«, fragte Glenda leise.
»Die blonde Bestie?«
»So wird Justine Cavallo genannt.«
»Schaurig.« Mona schüttelte sich. Sie dachte nach, und wir ließen sie dabei in Ruhe. »Mal angenommen, Sie haben Recht«, sagte sie nach einer Weile, »was soll ich tun? Soll ich weglaufen? Mich verstecken und darauf hoffen, dass ich nicht gefunden werde?« Sie schüttelte den Kopf und gab sich selbst eine Antwort. »Nein, das ist nicht mein Ding. Das habe ich noch nie getan.«
»Niemand verlangt das, Mona«, sagte ich. »Es ist wirklich alles okay, und es bleibt auch in der Reihe. Aber Sie müssen sich schon damit abfinden, auf der Liste zu stehen.«
»Wie Sie auch, nicht?«
»Ja, wie wir.«
»Wie lange schon?«
»Sehr lange.«
Plötzlich konnte
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