1275 - Der Totenkopf-Sammler
hinten taumelte und Glück hatte, nicht über die eigenen Beine zu stolpern, kam schon einem Zufall gleich. Ein Betrunkener hätte sich kaum anders bewegen können.
Die Pistole hielt er noch wie im Krampf fest. Das Unterbewusstsein signalisierte ihm, dass es seine letzte Chance war, die er auf keinen Fall aus der Hand geben durfte.
Die roten Nebel wurden zu einem dunklen Grau. Harry brauchte nur wenige Sekunden, um zu erkennen, dass dieses Grau echt war und aus der Kleidung des untoten Killers bestand.
Der Zombie fiel gegen ihn.
Harry konnte nicht ausweichen. Er wunderte sich sowieso, dass er sich noch auf den Beinen befand, und als er den nächsten heftigen Stoß erhielt, schaffte er es nicht mehr, sich auf den Füßen zu halten.
Es sah schon marionettenhaft zackig aus, als er auf dem glatten Boden abrutschte. Er kippte nach links weg. Mit der linken Hand schaffte er es noch, den Fall abzubremsen, aber es war ihm nicht mehr möglich, auf die Beine zu gelangen.
Ein mächtiger Fuß trat ihn zu Boden!
Harry blieb liegen. Er war mit dem Kinn aufgeschlagen und wusste, dass über ihm der Tod auf zwei Beinen stand.
Genau das war auch Dagmar Hansen klar. Wenn sie jetzt nichts tat, war Harry verloren. Der Zombie würde kurzen Prozess mit seiner Beute machen.
Dagmar Hansen warf ihre Zurückhaltung und Furcht über Bord. Sie sprintete los. Dann schnellte sie sich ab. Plötzlich lag sie in der Luft.
Sie sah den Zombie vor sich, der sich gebückt hatte und ihr den krummen Rücken zeigte. Genau da hinein krachte der Tritt mit dem rechten Fuß.
Auch jetzt gab der Zombie keinen Laut von sich. Er konnte sich zwar über die Gesetze von Tod und Leben hinwegsetzen, aber nicht über die der Physik.
Der untote Körper erhielt einen gewaltigen Stoß, der ihn nach vorn katapultierte. Da gab es nichts, was ihn stoppte. Zumindest nicht in der nächsten Sekunde. Er fegte regelrecht von Harry Stahl fort, der am Boden lag.
Dagmar nahm nicht die Verfolgung auf. Sie wünschte sich nur, dass er weit genug weg war, damit sie Zeit bekam, sich um Harry zu kümmern, denn ihren ersten Plan hatte sie nicht vergessen. Rein in den Aufzug, dann weg.
Harry war schwer angeschlagen, aber er war nicht bewusstlos, und das allein zählte. So konnte er sie unterstützen, als sie ihre Hände in seine Achselhöhlen schob, um ihn in die Höhe zu ziehen.
»Los, Harry, wir schaffen es! Hilf mir! Wir sind ein Team! Wir schlagen uns durch!«
Stahl war noch immer benommen. Er kniete jetzt und schüttelte den Kopf, als wollte er die Benommenheit aus seinem Hirn fegen. Dagmar stand schräg hinter ihm und hielt ihn noch immer fest.
Sie zerrte Harry hoch!
Als sie das tat, schaute sie zugleich nach vorn, denn der verdammte Zombie war noch immer da. Er würde auf keinen Fall aufgeben.
Er war dabei, sich aufzurichten und stützte sich mit einer seiner bleichen Hände an der Wand ab.
»Harry, wir müssen weg, verdammt! Los, wir müssen den Lift erreichen!«
Sie zerrte ihn weiter. Der Weg bis zum Ziel kam ihr mehr als doppelt so lang vor. Aber sie war so beschäftigt, dass sie nicht an ihre eigene Angst dachte. Auch Harry machte so gut wie möglich mit, obwohl er ihr keine große Hilfe war.
Die Tür war da. Ein schimmerndes Viereck in einem matten Stahlton. Aber sie war auch geschlossen.
»Er kommt!«
Harrys Worte rissen sie aus ihren Gedanken. Sie riskierte den Blick über den Kopf ihres Freundes hinweg nach vorn.
Harry war zwar angeschlagen, aber nicht blind. Er hatte gesehen, wie sich dieses untote Wesen in die Höhe stemmte und die ersten Schritte ging. Der Zombie schüttelte den Kopf, auf dem noch immer der Hut saß, diesmal allerdings verrutscht.
Dagmar drückte auf den Sensor für das Öffnen der Fahrstuhltür.
Aber auch der Zombie ging weiter. Der Tod hatte zwei Beine bekommen, war dunkel gekleidet und wollte sich seine Opfer holen. Der Mund war zu einem bösen Grinsen verzogen, und seine Hände schlenkerten bei jedem Schritt wie Schaufeln hin und her.
Die Tür öffnete sich!
Es passierte normal schnell, aber Dagmar und Harry kam es trotzdem noch zu langsam vor, denn der Verfolger kam wie eine Maschine. Wer ihn anschaute, der musste befürchten, dass er nicht mal mit einer Salve aus einer Maschinenpistole zu stoppen war. Der war wie ein Panzer, den niemand aufhalten konnte, und jeder harte Schritt auf dem Betonboden hörte sich an, als wollte er ein Loch hineinhacken.
Dagmar drehte sich zur Seite. Da sie ihren Freund noch immer fest hielt,
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