1276 - Kodexfieber
geworden, daß die vier begonnen hatten, die produzierten Moleküle über die Atemwege auszuscheiden.
Irmina richtete sich auf. Fluchtartig verließ sie das Meta-Forming-Labor und suchte ihre Kabine auf.
„Vi, wie viel ist es, rein mengenmäßig?"
„Es ist wenig."
„Kann es herausgefiltert werden?"
„Das kostet viel Aufwand, ist aber technisch möglich. Es wird eine Zeit dauern!"
„Gut, dann fang sofort an!"
Sie warf einen flüchtigen Blick auf ihr Bett, dann rief sie erneut das Schiff. Sie gab die notwendigen Anordnungen. Sie isolierte die vier Patienten in der Station und führte anschließend ein kurzes Gespräch mit Stronker Keen, der sie mit Bully verband. Der Terraner machte gerade keinen glücklichen Eindruck, und als Irmina erfuhr, daß er wieder unter Entzugserscheinungen litt, da wäre sie am liebsten sofort auf die EXPLORER übergewechselt, um ihm zu helfen. Es ging jedoch nicht, und die Meldung, daß die ÄSKULAP unter Quarantäne stand, verbreitete sich wie ein Lauffeuer in dem Schiffsverband.
Ein Anruf von Doc Shilling kam.
„Die Strafe folgt auf dem Fuß, liebste Irmina", verkündete der Vironaut. „Mit meinem Perpetuum viribile könnte ich dir jetzt helfen. Du könntest den verseuchten Teil deines Schiffes einfach abstoßen."
„Mein Schiff bleibt so, wie es ist", sagte sie hart. „Abstoßend bist allein du. Merk dir das!"
Sie gab Vi Anweisung, die Verbindung zu unterbrechen und keinen Anruf Shillings mehr durchzustellen. Sie sank auf das Bett und schloß die Augen.
Die Moleküle, dachte sie. Ich habe sie in mir. Wirken sie bereits?
Sie wurde an Urdalan erinnert. Dort hatten die achtbeinigen, wie Zebras gestreiften und wie Lamas aussehenden Tiere die Kodexmoleküle ebenfalls verbreitet.
Hier in der ÄSKULAP war die Gefahr um einiges größer, denn übergangslos war der gesamte Verbund der Virenschiffe gefährdet. Es war nicht auszudenken, was geschehen konnte, wenn sie alle unter den Einfluß der Kodexmoleküle gerieten. Ihre Besatzungen würden es teilweise nicht überleben.
Wieder stand ihr das Bild des wütenden Kido vor Augen. Das Wesen, das sie auf so geheimnisvolle Weise aufgelesen hatte, war nicht mehr es selbst gewesen. Es hatte sich für einen Ewigen Krieger gehalten.
„Bist du sicher, daß Kido keine Kodexmoleküle mit aus dem Schiff hinausgenommen hat?"
„Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, Irmina. Kido hat das Meta-Forming-Labor lange vor dem Alarm verlassen. Zu diesem Zeitpunkt war die Luft sauber!"
„Hoffen wir es. Er hatte sich lange Zeit über Bytargeau gebeugt. Vielleicht hat er dabei..."
„Es kann nicht ausgeschlossen werden. Aber die Gefahr, daß sich die Moleküle bei ihm vermehren, ist nicht vorhanden. Dazu waren es einfach zu wenige."
Irmina hielt es nicht in ihrer Kabine. Sie ließ sich vom Antigrav hinauf in das Oberdeck tragen. Sie suchte eine der Kammern auf, in denen die virentechnische Einrichtung untergebracht war. Sie kümmerte sich persönlich um die Luftreinigung und schleppte auf einer Antigravscheibe eine zusätzliche Filteranlage herbei, die sie eigenhändig an die Lufterneuerungsanlage anschloß. Zwei Aggregate taten jetzt die Arbeit von einem.
Dadurch wurde der Prozeß der Filterung beschleunigt, aber die vier Hanse-Spezialisten atmeten inzwischen so große Mengen der Kodexmoleküle aus, daß die Luft im Mitteldeck förmlich davon geschwängert war. Das Deck war abgeschirmt, die abgesaugte Luft wurde nur durch die Filteranlage geleitet und dann gereinigt wieder in das Labor zurückgeführt.
„Maximale Belastungsdauer beträgt drei Stunden", meldete das Schiff. „Danach sind die Filteranlagen so verschmutzt, daß sie ausgetauscht werden müssen. Du mußt dir dazu einen Raumanzug anziehen, Irmina!"
Die Metabio-Gruppiererin schob den Gedanken an diese Arbeit weit von sich. Sie hoffte immer noch, aber ihre Hoffnung erfüllte sich nicht. Zwei Stunden vergingen, ohne daß die Kodexmoleküle Zerfallserscheinungen zeigten. Trotz der hermetischen Abriegelung des Meta-Forming-Labors gelangten geringe Mengen der Moleküle bis in den Antigravschacht. Irmina polte ihn nach unten und verließ das Oberdeck nicht mehr.
„Ich glaube, du hast recht", sagte sie zu dem Schiff, als sie sich nach zweieinhalb Stunden auf den Weg hinüber zu einem der Schränke machte, in dem die Schutzanzüge aus Virenmaterial hingen. „Es sind doch nicht dieselben Kodexmoleküle, wie ich sie bei Volcayr und Kido feststellen konnte. Auch nicht dieselben, die
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