1276 - Spielplatz der Hölle
haben wir nichts zu tun.«
»Auch nicht mit Köpfen?«
Kelo zeigte sich überrascht. Ob er es wirklich war oder es nur spielte, fand Harry nicht heraus. »He«, sagte er. »Jetzt kommen Sie allmählich auf den wahren Grund Ihres Besuches zu sprechen - oder?«
»Vielleicht.«
»Dann werden Sie doch deutlich.«
»Wie hält es Ihr Bruder mit Leichen?«
Anton Kelo sagte nichts. Er saß starr und hatte nur die Unterlippe vorgeschoben. »Ähm… das meinen Sie nicht im Ernst, das mit den Leichen. Was soll oder was hat mein Bruder damit zu tun? Wir verkaufen hier keine Leichen, sondern lebende Kreaturen. Es kann mal sein, dass ein Tier stirbt, dann aber wird es entsorgt, und zwar so schnell wie möglich. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.«
»Ich denke auch mehr an menschliche Leichen.«
Der Mann winkte ab. »Schwachsinn. Das ist der reinste Schwachsinn. Damit haben wir erst recht nichts zu tun.«
»Ihr Bruder schon.«
»Ah ja…?«
»Er hat sich mit einer Leiche beschäftigt. Er hat ihr sogar den Schädel geöffnet, um zu schauen, wie es im Kopf des Toten aussieht. Ein Verbrechen ist das, Herr Kelo. Nach unseren Gesetzen macht man sich strafbar. Und nun wissen Sie, warum ich hier auf Ihren Bruder warte. Ich möchte ihm gern einige Fragen stellen, was eben diese Leiche angeht.«
Anton hatte stumm zugehört. Auch jetzt sagte er nichts. Er hatte sich zudem gut in der Gewalt, und er zeigte mit keiner Reaktion an, ob er überrascht worden war oder nicht.
»Haben Sie Beweise?«, fragte er schließlich.
»Ich denke schon.«
»Dann möchte ich sie sehen.«
»Das ist nicht so leicht. Sie können sich darauf verlassen, dass ich derartige Anschuldigungen nicht so ohne weiteres ausspreche. Ihr Bruder hat einem Toten tatsächlich den Kopf aufgetrennt, und er würde es immer wieder tun, wenn Sie verstehen.«
»Ja und nein. Ich kann es nicht begreifen und glaube es auch nicht. Mein Bruder ist ein wunderbarer Mensch, der Tiere liebt, auch wenn er sie verkauft. Sie sollten sehen, wie freundlich und nett er mit ihnen umgeht. Er mag Tiere. Warum sollte er das tun, was Sie von ihm soeben behauptet haben?«
»Danach möchte ich ihn gern fragen.«
»Sie werden es können.«
Harry Stahl glaubte Anton Kelo nicht. Er konnte sich gut vorstellen, dass die beiden Brüder zusammenhielten und der eine den anderen eingeweiht hatte. Ob sich Boris tatsächlich noch in der Nacht unterwegs befand, das wollte er auch dahingestellt sein lassen. Womöglich hielt er sich hier im Anbau auf, nur eben irgendwo versteckt, um genau zur richtigen Zeit zu erscheinen.
War es doch ein Fehler, die Tierhandlung betreten zu haben? Harry wusste es nicht. Er schaute in die Augen des anderen Kelo, aber das Licht war zu schlecht, um etwas erkennen zu können. Die Pupillen sahen aus wie neutrale, dunkle Knöpfe.
Kelo setzte sich steifer hin, als er sah, was Harry aus der Tasche zog. Es war sein Handy. Stahl wollte sich eine gewisse Rückendeckung verschaffen und Dagmar anrufen.
»He, was soll das?«
»Ich werde mit meiner Dienststelle telefonieren.«
»Warum?«
»Ich sagte Ihnen doch, dass Ihr Bruder…«
»Sie telefonieren nicht!«
Genau auf diesen Befehl hatte Harry gewartet. Er war nicht mal überrascht, denn er hatte mit einer derartigen Reaktion gerechnet, und hielt den flachen Apparat auch nur in der linken Hand, um die andere frei zu haben.
Wie gut er daran getan hatte, sah er in der nächsten Sekunde, denn Kelo wollte eine Waffe ziehen.
Harry war schneller!
Plötzlich schaute Anton Kelo in die Mündung und spreizte mit einer raschen Bewegung seine Arme vom Körper ab.
»Ja, das ist gut!« flüsterte Harry.
Anton Kelo grinste. »He, was soll das?« fragte er und gab sich bewusst lässig. »Mich so zu erschrecken, Mann. Ich habe Ihnen nichts getan, und Sie bedrohen mich hier mit einer Kanone. Könnt ihr euch inzwischen alles erlauben?«
»Das sicherlich nicht. Aber wir wollen uns auch nicht vom Telefonieren abhalten lassen, Kelo. Das müssen Sie einsehen.«
»Ist doch Unsinn. Ich…«
»Sie können gleich reden, wenn ich telefoniert habe.« Harry schaffte das locker mit einer Hand.
Dagmars Handynummer war einprogrammiert. Er wollte ihr nur sagen, wo er sich befand und dass sich auch einige Kollegen bereithalten sollten.
»Sie machen einen Fehler!«
»Lassen Sie das meine Sorge sein.«
»Doch!«
Die Sicherheit in dieser Stimme gefiel Harry ganz und gar nicht. Er runzelte die Stirn, er schaute in das lächelnde Gesicht des Anton
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