128 - Die fliegenden Särge von San Franzisko
Haut, war bis
zur Ecke Eddy Street/Octavia Street gelaufen.
Inzwischen goß es in Strömen.
Weit und breit war kein Mensch mehr zu sehen.
Um so verständlicher war es für den
Taxichauffeur, daß der Passant sich in dem Moment vom dunklen Hauseingang
löste, als der Wagen in Sichtweite kam.
Der Mann war vom Regen überrascht worden und
hatte Schutz gesucht.
Der Taxichauffeur steuerte sofort rechts
heran, beugte sich über den Beifahrersitz und stieß die Tür auf, um den
Fahrgast schnell einsteigen zu lassen.
Der Fremde hatte den Kragen seines Jacketts
hochgeschlagen und hielt den Kopf gesenkt.
»Na, dann kommen Sie mal rein in die gute
Stube. Hier ist es trocken* Sie hat es ja schön erwischt. Ich...« Weiter kam
der Fahrer nicht mehr.
Er sah das blaue Gesicht mit den
blutunterlaufenen Augen, und sein Magen krampfte sich beim Anblick des Mannes
zusammen.
Das Gefühl einer großen, unbekannten Gefahr
breitete sich sofort in ihm aus.
Sein Gefühl trog ihn nicht.
Aber er kam weder zum Schreien, noch zu einer
Abwehr.
Der andere war schneller. Und das, was
geschah, erfolgte Schlag auf Schlag, daß dem überrumpelten Taxichauffeur nicht
bewußt wurde, wie alles eigentlich zustande kam.
Seine Jacke, in deren Innentasche er die
Pistole verbarg, um sich vor Überfällen zu schützen, öffnete sich wie unter dem
Griff einer unsichtbaren Hand.
Ruckartig rutschte die Waffe aus der Tasche
und flog dem unheimlichen Fahrgast auf dem Beifahrersitz wie durch Zauberei in
die Rechte, die er im gleichen Augenblick danach ausstreckte.
Genau passend preßte sie sich in seine
Handinnenfläche. Varox konnte sofort den Zeigefinger um den Abzugshahn legen.
Dann fielen in dem am Straßenrand stehenden
Taxi, auf das der Regen in Strömen herunterklatschte, zwei Schüsse.
Der Chauffeur spürte nicht mehr, wie der Tod
kam. Die Kugeln trafen ihn kurz hintereinander, bohrten sich genau oberhalb der
Nasenwurzel in seinen Kopf und töteten ihn augenblicklich.
Der Tote saß noch aufrecht, als der blaue
Dämon ihn zu sich herüberzog. Der Kraftaufwand war groß, doch dem Dämonischen
schien das nichts auszumachen.
Er zerrte den schweren Körper seitlich an
sich vorbei und über die Rückenlehne hinweg. Es knackte im Polster.
Der blaue Dämon kniete auf den Sitzen und
schob die Leiche auf die Rückbank. Er drückte den Toten tief und flach hinab,
so daß er von außen nicht zu sehen war.
Aus vorbeifahrenden Autos hatte kein Mensch
das Verbrechen beobachtet.
Varox nahm den Platz des Fahrers ein. In
seinem zerknautschten und völlig durchnäßten Anzug hockte er am Lenkrad. Nässe
und Unordentlichkeit machten ihm nichts aus. Er empfand sie nicht mal.
Geschöpfe seines Schlages litten - wenn überhaupt - unter anderen Symptomen.
Das Taxi machte einen Satz nach vorn, als der
Blaugesichtige seinen Fuß aufs Gaspedal drückte.
Das Yellow-Car glitt wenige Augenblicke
später im allgemeinen Verkehrsfluß mit. Auf den hügeligen Straßen ging es
stadtauswärts.
Varox’ Ziel war die Post Street.
*
»San Franzisko und so ein Sauwetter«, murrte
der Mann, der den 280 PS starken Truck steuerte. »Das kommt auch alle
Jubeljahre mal vor. Und hier wollt ihr also wirklich bleiben ?« Während der stoppelbärtige Trucker das sagte, wandte er den Kopf und warf einen
Blick auf seine beiden Mitfahrer. Es handelte sich um den
sechsundzwanzigjährigen Herbert Neumann und seine zweiundzwanzigjährige Frau.
Das Paar war seit zwei Monaten verheiratet und hatte die Flitterwochen mit
einem Flug nach New York eröffnet. Damit war das Ersparte schon fast
draufgegangen. Doch daran störten sich der blonde Frankfurter und die
schwarzgelockte Offenbacherin nicht. Das hatten sie schließlich einkalkuliert.
Es war ihnen nur wichtig erschienen, erst mal nach Amerika zu kommen. Den Rest
wollten sie als Abenteuerreise zurücklegen.
Insgesamt sechs Monate sollte sie dauern,
wobei das Paar kreuz und quer durchs Land ziehen wollte. Dabei nahmen die
beiden alle möglichen Gelegenheitsjobs wahr, um über die Runden zu kommen.
Als Tellerwäscher und Bedienung, als
Sargträger und Babysitter hatten sie schon gearbeitet.
So zogen sie von Stadt zu Stadt und blieben
da, wo es ihnen gerade gefiel, oder die Möglichkeit sich ergab. Sie
übernachteten in alten Schuppen, Ställen, in abbruchreifen Häusern oder auf
Farmen. Da waren sie nicht wählerisch. Auch Übernachten im Freien war
einkalkuliert, wenn sie mal nichts anderes fanden. Mit Schlafsäcken
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